Kein Zugang zu tödlichen Medikamenten
Wer selbstbestimmt sterben will, dem muss das auch faktisch möglich sein, entschied 2020 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Dennoch erkannte das BVerwG im November keinen Anspruch Betroffener auf Erlaubnis zum Erwerb von Suizidmedikamenten an (Urt. v. 07.11.2023, Az. 3 C 8.22 u.a.).
Geklagt hatten zwei Schwerkranke: Harald M. leidet an Multipler Sklerose, Hans-Jürgen B. an einer schweren Herzerkrankung. Beide wollen selbstbestimmt im Kreise ihrer Familie aus dem Leben scheiden. Das wird so nicht möglich sein. Denn das BVerwG gewährte beiden keinen Anspruch auf den Zugang zu dem tödlichen Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital (Na-P). Das Betäubungsmittelrecht erlaube den Erwerb solcher Mittel nur zu therapeutischen Zwecken, nicht aber zur Selbsttötung. Das BVerwG verwarf die Revisionen der Männer.
Das Gericht erkannte zwar einen Eingriff der Regelungen in das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben. Denn das Recht gewährleiste die Freiheit des Einzelnen, über das Ob, Wann und Wie der eigenen Lebensbeendigung zu entscheiden. Das hatte das BVerfG im Februar 2020 weitgehend so entschieden, als es das strafrechtliche Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärte. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG schränke diese Freiheit ein, weil sich die Betroffenen jedenfalls nicht mit Na-P das Leben nehmen können.
Aber diesen Eingriff hält das BVerwG für gerechtfertigt. Der mit § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG verfolgte Zweck, Miss- und Fehlgebrauch von tödlich wirkenden Betäubungsmitteln zu verhindern, stehe nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Grundrechtseingriffs. Das begründete die Vorsitzende Richterin insbesondere mit den Alternativen, die den Betroffenen zur Verfügung stünden.
"Für Menschen, die selbstbestimmt entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen, gibt es andere zumutbare Möglichkeiten zur Verwirklichung ihres Sterbewunsches", sagte sie. Gemeint ist damit vor allem, sich die Suizidmedikamente ärztlich verschreiben zu lassen. In einem Kommentar begrüßte Dr. Christian Rath die Entscheidung.
Sollte man kennen: Neun wichtige BVerwG-Entscheidungen 2023 . In: Legal Tribune Online, 29.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53500/ (abgerufen am: 08.05.2024 )
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