Sollte man kennen: Neun wich­tige BVerwG-Ent­schei­dungen 2023

von Hasso Suliak

29.12.2023

Elternteil ab 60 Prozent der Betreuung "alleinerziehend"

In einem mit Spannung erwarteten Grundsatzurteil hat das BVerwG eine quantitative Grenze festgelegt, ab der ein Elternteil als alleinerziehend gilt. Die Frage ist für die Entscheidung maßgeblich, ob jemandem Unterhaltskostenvorschuss vom Staat zusteht.

Teilen sich die getrenntlebenden Eltern die Betreuung des gemeinsamen Kindes auf und verlangt ein Elternteil Unterhaltsvorschuss, so gilt dieser nunmehr als alleinerziehend, wenn er mehr als 60 Prozent der Betreuung übernimmt (Urt. v. 12.12.2023, Az. 5 C 9.22 u. BVerwG 5 C 10.22).

Geklagt hatte eine Mutter von Zwillingstöchtern. Sie beantragte beim zuständigen Jugendamt in Höxter die Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen für beide Kinder. Anspruch auf den Vorschuss haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten. Für Kinder bis fünf Jahre gibt es maximal 187 Euro, für Kinder bis 17 Jahre bis zu 338 Euro. Auf das Einkommen des alleinerziehenden Elternteils kommt es dabei nicht an.

Obwohl der Kindesvater seiner Verpflichtung zur Zahlung von Barunterhalt nicht nachkam, hatten zuvor sowohl das Verwaltungs- als auch das Oberverwaltungsgericht die Voraussetzungen des Unterhaltsvorschusses verneint, weil die Kinder nicht ausschließlich bei der Mutter lebten. Tatsächlich beteiligte sich der Vater nicht unerheblich an der Kinderbetreuung. Während der Schulzeiten belief sich der zeitliche Anteil an der Betreuung auf 36 Prozent. Damit kam der Kindesvater einer familienrechtlichen Vereinbarung nach. Dies werteten die Vorinstanzen noch als wesentliche Entlastung der Klägerin. Der 5. Senat in Leipzig hob diese Entscheidung nun auf.

Zitiervorschlag

Sollte man kennen: Neun wichtige BVerwG-Entscheidungen 2023 . In: Legal Tribune Online, 29.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53500/ (abgerufen am: 09.05.2024 )

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