Nach Zulassung als Anwältin

Die "unwür­dige" Asses­sorin muss ihre Pro­zess­kosten selbst tragen

von Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten
Weil sie im Referendariat ihren Ausbilder beleidigt hatte, durfte eine Assessorin zunächst nicht Anwältin werden. Mittlerweile ist sie Berufsträgerin. Doch die Gerichtskosten muss sie sich mit der RAK Köln teilen, entschied nun der AGH.

Vom Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen (AGH NRW) über den Anwaltssenat am Bundesgerichtshof (BGH) und dessen benachbarte Kollegen am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wieder zurück zum AGH am Oberlandesgericht (OLG) Hamm: Es war ein langer Weg, den eine ehemalige Referendarin beschritt, um doch Anwältin werden zu können. Die Frau hatte zuvor ihren Ausbilder beleidigt und war dafür rechtskräftig verurteilt worden. Als sie schließlich das zweite Examen abgelegt hatte und von der zuständigen Rechtsanwaltskammer (RAK) Köln als Anwältin vereidigt werden wollte, verweigerte diese ihr die Zulassung. Das Argument der Kammer: Angesichts der Intensität der Beleidigungen sei die Assessorin unwürdig, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben (§ 7 Nr. Bundesrechtsanwaltsordnung, BRAO). Dieser Ansicht war auch der AGH NRW, der die Entscheidung der RAK Köln bestätigte. Anschließend verwarf der BGH die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde. Das BVerfG aber verwies die Sache zurück an den AGH mit der Begründung, dass es an einer Prognose fehle, inwiefern die Assessorin im Falle einer Zulassung auf eine Art und Weise auftreten würde, die das Vertrauen in die Rechtsanwaltschaft und eine funktionierende Rechtspflege beeinträchtigen könnten. Bevor der AGH daraufhin erneut entscheiden konnte, bot die RAK Köln der klagenden Assessorin allerdings die Vereidigung an, worauf diese einging. Nach der Verhandlung am 31. August dieses Jahres wurde die Sache damit für erledigt erklärt.

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Aufhebung der Kosten gegeneinander, bisher kein Rechtsmittel

Der Streit ums Geld blieb indes: Wer muss die Verfahrenskosten tragen? Am vergangenen Freitag entschied darüber nun der AGH NRW - und zwar so: Die Kosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens sind gemäß § 91a Zivilprozessordnung (ZPO) gegeneinander aufgehoben worden. Eine Begründung liegt noch nicht vor. Die Parteien tragen also ihre jeweiligen Anwaltskosten und teilen sich diejenigen für das Gericht. "Der Streitwert ist bis zur Erledigung der Hauptsache auf 50.000 Euro, danach auf bis zu 5.000 Euro festgesetzt worden", teilte ein Pressesprecher auf LTO-Anfrage mit. Eine Rückfrage bei der Geschäftsstelle des OLG habe ergeben, dass jedenfalls dort kein Rechtsmittel gegen diese Kostenentscheidung eingegangen ist. Und weiter: "Im Grundsatz dürfte die Entscheidung auch unanfechtbar sein, wobei aber allgemein Anhörungsrüge und Verfassungsbeschwerde möglich erscheinen."

Streit um fehlende, vom BVerfG geforderte Prognose

Verfassungsbeschwerde gegen die Kostenentscheidung - genau darüber denkt die mittlerweile tätige Anwältin nach. Im Gespräch mit LTO kritisierte sie, dass die Aufteilung der Kosten gegeneinander ein falsches Signal an alle Assessoren sende, die wegen ähnlicher Vergehen nicht zur Anwaltschaft zugelassen werden und gerichtlich dagegen vorgehen wollen. "Nach meiner Auffassung liegt darin, dass sich ein Rechtssuchender an den Kosten seiner eigenen Grundrechtsverletzung beteiligen muss, eine weitere Grundrechtsverletzung. Die Folge der Kostenaufteilung wäre, dass sich künftig niemand mehr traut, wegen einer versagten Anwaltszulassung vor Gericht zu ziehen. Eine solche Beeinträchtigung des Rechtsschutzes kann von der Rechtsordnung nicht gewollt sein." Martin Huff, Geschäftsführer der RAK Köln, sieht das anders: "Die RAK hat eine Zulassungsentscheidung getroffen, die in zwei Instanzen gehalten hat. Und auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss deutlich gemacht, dass man die Umstände des Einzelfalls und die anschließende Uneinsichtigkeit der Frau durchaus so würdigen kann, wie es die RAK und der AGH getan haben." Man habe der damaligen Assessorin während des Verfahrens stets das Angebot gemacht, sie nach der Tilgung des Eintrags der strafgerichtlichen Verurteilung im Bundeszentralregister zu vereidigen, sofern keine neuerlichen Vorfälle dagegen gesprochen hätten, so Huff. Das sei bei leichten Vergehen nicht nur gängige Linie der RAK, sondern entspräche auch der ständigen Rechtsprechung des AGH in Hamm. 

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