Staatsexamen
VG Hamburg zu nicht bestandenem Zweitversuch im Examen

Prüfer im Ruhe­stand ver­hin­dern end­gül­tiges Nicht­be­stehen

von Joschka Buchholz2025 M08 12, Lesedauer: 3 Minuten

Eigentlich hat ein Hamburger Referendar das 2. Staatsexamen endgültig nicht bestanden. Doch das Verwaltungsgericht gibt ihm Hoffnung und eine letzte Chance.

Die Bestellung als Examensprüfer endet grundsätzlich mit dem Eintritt in den Ruhestand. Weil drei pensionierte Richter an der Bewertung eines Referendars beteiligt waren, besteht für ihn nun eine Resthoffnung, doch noch zur mündlichen Prüfung zugelassen zu werden – nachdem er auch im Zweitversuch eigentlich durchgefallen war. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg entschieden (Urt. v. 18.02.2025, Az. 2 K 3576/21).

Wieder einmal ein einigermaßen dramatischer Examensfall, dieses Mal im 2. Examen in Hamburg. Ein Prüfling wehrt sich gegen das endgültige Nichtbestehen. Im Zweitversuch erreichte er 2019 lediglich einen Punkteschnitt von 3,5 – er blieb also 0,25 Punkte unter der Schmerzgrenze, bei deren Erreichen eine Ladung zur mündlichen Prüfung erfolgt. Lediglich zwei der acht Klausuren waren dabei mit jeweils 5 Punkten überhaupt "bestanden" – vier hätten es sein müssen, davon eine aus dem Zivilrecht. Auch im Widerspruchsverfahren erfolgte nur eine insoweit unwesentliche Korrektur nach oben.

Die Klausuren wurden schon im Dezember 2019 geschrieben, doch der Fall ist immer noch offen. Der Mann wehrt sich gegen die Bewertung und rügt insbesondere, dass einzelne Korrektoren seiner Klausuren sich bereits seit mehreren Jahren im Ruhestand befinden. Beispielhaft: Der Zweitkorrektor für seine Klausur "ZR I", ein Amtsgerichtsdirektor (a.D.), war 2015 für fünf Jahre als Examensprüfer bestellt worden, ging aber zwischenzeitlich in den Ruhestand.

Der Mann meint, mit der Pensionierung sei die Prüferbestellung erloschen und es fehle an einer von der Beklagten ausgesprochenen Verlängerung der Prüferbestellung anlässlich der Pensionierung. Richter würden ab diesem Zeitpunkt ihre Neutralität verlieren und seien nicht mehr mit juristischen Fragen vertraut, so die weitergehende Argumentation des Prüflings.

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Formloses Schreiben genügt nicht für Weiterbestellung der Prüfer 

Jedenfalls im Ergebnis bekam er in diesem Punkt nun Recht: Drei der Prüfervoten hätten nicht in die Bewertung einfließen dürfen, entschied das VG Hamburg. Es sind folglich neue (Zweit-)Voten zu erstellen. Davon ausgehend erfolgt dann eine neue Notenberechnung – es besteht also noch eine Restchance, dass der Mann doch noch zur mündlichen Prüfung zugelassen wird.

Denn drei der Prüfer hätten gemäß §§ 2, 11 der Übereinkunft der Länder Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg und Schleswig-Holstein über ein Gemeinsames Prüfungsamt und die Prüfungsordnung für die zweite Staatsprüfung für Juristen (LÜ) nicht mehr als solche tätig sein dürfen. Insoweit nimmt das Gericht eine überaus ausführliche Auslegung vor. Im Ergebnis erfolgt die Bestellung als Prüfer aus Sicht des Gerichts jedenfalls nur für die "aktive" Zeit und endet folglich mit der Pensionierung. Ob darüber hinaus die Prüfer weitergehend hätten bestellt werden können, war hier nicht erheblich, soweit es jedenfalls keine rechtmäßige "konkludente Weiterbestellung" gebe – erforderlich sei ein entsprechender Verwaltungsakt mit Einzelfallentscheidung. Ein formloses Schreiben genügt dafür nicht.

Hinsichtlich dieses Aspekts sah das VG gleichwohl die Notwendigkeit einer obergerichtlichen Klärung und ließ insoweit die Berufung zu.

Sechs Jahre seit den Klausuren

Indes endete der Erfolg des Mannes vor dem VG hier auch schon, in den übrigen Punkten wurde die Klage abgewiesen. Unter anderem rügte der Mann noch: Einer der (Erst-)Korrektoren, ein Rechtsanwalt, sei fachlich nicht hinreichend qualifiziert bzw. mit dem Prüfgegenstand der Klausur (Erbrecht) nicht besonders vertraut gewesen.

Hierzu ist § 11 Abs. 2 S. 2 LÜ maßgeblich: Der Prüfer muss mit dem Gebiet, das die Aufgabe nach ihrem Schwerpunkt betrifft, besonders vertraut sein. Dies ist nach Überzeugung des VG Hamburg dahingehend auszulegen, dass damit das jeweilige Rechtsgebiet gemeint ist (Bürgerliches Recht, Strafrecht, öffentliches Recht). Mit anderen Worten: Wer als Anwalt im Zivilrecht tätig ist, darf eine Zivilrechtsklausur mit erbrechtlichem Schwerpunkt prüfen, auch wenn Erbrecht in seinem Berufsalltag praktisch keine Rolle spielt.

Ebenfalls rügte er, dass Prüfer teils mehrere seiner Klausuren bewertet haben und insoweit befangen seien. Es bestehe die Möglichkeit, dass die mit mangelhaft bewerteten Leistungen im anderen Fach zu seinen Lasten gewürdigt würden. "Für die geltend gemachte Voreingenommenheit (…) fehlt vorliegend jeder objektive Anhaltspunkt", so das Gericht dazu einigermaßen deutlich.

Auch alle inhaltlichen Bewertungsrügen des Prüflings gingen – nach wiederum sehr ausführlicher Prüfung seitens der 2. Kammer – allesamt ins Leere.

Bald sind also sechs Jahre seit den Examensklausuren vergangen. Ob der Mann noch Volljurist wird, bleibt fraglich.

jb/LTO-Redaktion

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