BVerfG stärkt Rechtsschutz von Medienhäusern: Absage an gericht­liche Abspra­chen

von Martin W. Huff

25.07.2017

2/2: Deutliche Kritik aus Karlsruhe

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden und die damit verbundenen Anträge auf Erlass einer einstweiligen  Anordnung als unzulässig abgewiesen. So habe das Landgericht mittlerweile in beiden Verfahren mündlich verhandelt und durch Urteil entschieden. Damit sei das Rechtsschutzinteresse entfallen. Auch sei dadurch die mögliche Grundrechtsverletzung durch das nicht gewährte rechtliche Gehör geheilt.

Neu ist allerdings, dass das BVerfG grundsätzlich die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde in Bezug auf die Verletzung der Rechte auf prozessuale Waffengleichheit und ein faires Verfahren sieht, obwohl der Instanzenzug noch nicht ausgeschöpft ist. Wenn ihm vom Landgericht bewusst und ohne sachlichen Grund das rechtliche Gehör verwehrt wird, während es zugleich dem Antragsteller verdeckt telefonische Hinweise erteilt, kann der Verlag dies sofort im Wege der Verfassungsbeschwerde rügen. Durch die Ausschöpfung des Instanzenzuges könnte die geltend gemachte Grundrechtsverletzung nicht mehr beseitigt werden.

In dem konkreten Fall war die Verfassungsbeschwerde allerdings verfristet, weil sie einen Monat nach Erlass der einstweiligen Verfügung hätten eingereicht werden müssen.

Gerichte müssen Absprachen dokumentieren

Die Karlsruher Richter kritisieren in ihren Beschlüssen deutlich eine durchaus verbreitete Praxis in einstweiligen Verfügungsverfahren. Zum einen wird zwischen den Zeilen die lange Verfahrensdauer moniert: Eigentlich sollte eine Entscheidung über einen Verfügungsantrag  innerhalb weniger Tage ergehen, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, ansonsten aber innerhalb von maximal ein bis zwei Wochen.

Die lange Verfahrensdauer bis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung scheint dem BVerfG durchaus ein Dorn im Auge zu sein, zumindest sind dann Zweifel an der Dringlichkeit als Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung angebracht.

Sehr deutlich wird aber, dass die Gerichte verpflichtet sind, Absprachen und Diskussionen mit dem Antragsteller nachweisbar für den Antragsgegner zu dokumentieren und ihm unter Umständen ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme vor Erlass einer einstweiligen Verfügung zu geben.

Insgesamt erweitert dieser Beschluss die Rechtsschutzmöglichkeiten gerade der Medien, aber auch von Unternehmen in einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung, und verpflichtet gerade die Landgerichte erster Instanz zur Einhaltung der entsprechenden Verfahrensgrundsätze. Insoweit ist die Entscheidung der Karlsruher Richter ausdrücklich zu begrüßen.

Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Legerlotz Laschet Rechtsanwälte in Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln.

Zitiervorschlag

Martin W. Huff, BVerfG stärkt Rechtsschutz von Medienhäusern: Absage an gerichtliche Absprachen . In: Legal Tribune Online, 25.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23613/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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