BVerfG stärkt Rechtsschutz von Medienhäusern: Absage an gericht­liche Abspra­chen

von Martin W. Huff

25.07.2017

Werden Medienhäusern vor Gericht wesentliche Verfahrensrechte verwehrt, so können sie ohne Umwege Verfassungsbeschwerde erheben, sagt das BVerfG. Martin W. Huff bewertet den Beschluss.

Bei manchen Gerichten ist es gängige Praxis, sich bei Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor der Entscheidung mit dem Antragsteller – ohne Beteiligung des Antragsgegners – auszutauschen. Dabei drängen sie z. B. auf bestimmte Klarstellungen oder Ergänzungen. Nicht immer werden diese Gespräche für den Gegner nachvollziehbar dokumentiert. Es ergeht dann eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung und die andere Partei weiß oftmals nichts über die Vorgeschichte.

Diese Praxis hat jetzt das Nachrichtenmagazin Spiegel in insgesamt zwei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufgegriffen und dabei Vorwürfe gegen die Pressekammer des Landgerichts (LG) Hamburg erhoben. Das BVerfG wies die Anträge des Verlags ab, stärkte in seinen Ausführungen aber auch die Rechtsschutzmöglichkeiten für betroffene Medien (Beschl. v. 25.7.2017, Az. 1 BvQ 16/17 u.a.).

Spiegel rügt verdeckte Hinweise an Antragsteller

Aufgrund von Berichterstattungen des Spiegels Ende 2016/2017 forderten verschiedene von der Berichterstattung betroffene Bürger und Verbände bei der Pressekammer des LG im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der Verbreitung bestimmter Passagen der beanstandeten Artikel.

Die einstweiligen Verfügungen ergingen dreieinhalb bzw. fünf Wochen nach Antragstellung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung und ohne dass dem Nachrichtenmagazin die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre.

Der Spiegel behauptet, dass den Antragstellern zuvor Hinweise von Seiten der Kammer des Landgerichts erteilt worden seien, von denen man aber nicht unterrichtet worden sei. Dadurch sah sich das Magazin in wichtigen Verfahrensrechten verletzt.

Gegen die Ablehnung der Anträge auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus den einzelnen Verfügungen legte der Spiegel-Verlag Verfassungsbeschwerde ein. Er argumentierte, dass durch die lange Verfahrensdauer bis zum Erlass der einstweiligen Verfügungen und die Nichtinformation über die Gespräche die prozessuale Waffengleichheit, der Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs und die Grundsätze des fairen Verfahrens verletzt worden seien.

Zitiervorschlag

Martin W. Huff, BVerfG stärkt Rechtsschutz von Medienhäusern: Absage an gerichtliche Absprachen . In: Legal Tribune Online, 25.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23613/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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