Greta Thunberg will "Fridays for Future" schützen lassen: "Meine" Bewe­gung, "meine" Stif­tung, "meine" Marke

Gastbeitrag von David Ziegelmayer

31.01.2020

Auf Instagram rechtfertigt die Umweltaktivistin ihre Markenanmeldung für "Fridays for Future" mit vielen Possessivpronomen. Dahinter könnte eine markenrechtlich durchdachte Strategie stehen, erklärt David Ziegelmayer.

Markenrechtler haben es dieser Tage nicht leicht, macht sich doch gerade die Auffassung breit, eine Markenanmeldung sei eine zutiefst unanständige Sache. Schuld daran ist wieder einmal Greta Thunberg: Seitdem die Anmeldung der Unionsmarke "Fridays for Future" durch die "Stiftelsen The Greta Thunberg and Beata Ernman Foundation" aus Stockholm beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) bekannt wurde, fühlen sich zumindest die Greta-Kritiker wieder einmal bestätigt: "Aha, es geht ihr doch nur um die Kohle", lautet einer der eher gemäßigten Kommentare zur Markenanmeldung der Stiftung in den sozialen Netzwerken.

Doch geht es wirklich ums Geld oder könnte es noch andere, insbesondere juristische Gründe für diesen Schritt geben?

Auf Instagram postete die 17-Jährige jedenfalls kürzlich eine Erklärung, mit der sie diesem Eindruck offenbar entgegentreten will. Dort schreibt sie: Ihr eigener Name und der "ihrer" Klima-Bewegung würden ständig und ohne Zustimmung für kommerzielle Zwecke genutzt. "[…] Deshalb habe ich beantragt, meinen Namen, Fridays For Future, Skolstrejk för klimatet usw. als Marken registrieren zu lassen. […] Ich versichere Euch, dass ich und die anderen Mitstreiter überhaupt kein Interesse an Marken haben. Aber leider muss das getan werden. Fridays For Future ist eine weltweite Bewegung, die von mir gegründet wurde. Sie gehört jedem, der dabei mitmacht, vor allem allen jungen Leuten. Sie darf nicht für individuelle oder kommerzielle Zwecke genutzt werden."

Doch geht das überhaupt, also den Namen einer solchen Bewegung als Marke zu schützen, zumal man sie gar nicht "kommerziell" nutzen will? Während viele Beobachter schon Antworten haben, grübelt der Markenrechtler noch. Juristisch einfach ist das Ganze nämlich nicht, sieht man sich die Ausgangslage an.

Es ist nämlich nicht der erste Versuch, den Slogan anzumelden: Bereits Anfang des vergangenen Jahres wurde hierzulande eine Anmeldung der Wortmarke (nicht von Greta oder ihrer Stiftung) "Fridays for Future", insbesondere für Bekleidung und Druckereierzeugnisse, vorgenommen – und vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) wieder zurückgewiesen. Gegenüber der FAZ ließ das Amt verlauten, dass es sich um eine "beschreibende Sachangabe" handele, die "nicht als Marke verstanden" werde. Juristisch ist dies ein Fall eines "absoluten Schutzhindernisses" aufgrund der "fehlenden Unterscheidungskraft". Akte geschlossen.

Schon an der Unterscheidungskraft könnte die Eintragung scheitern

Nun versucht es Greta, genau genommen die Stiftung ihrer Familie, unter einigem öffentlichen Aufschreien auf Europäischer Ebene. Die Erste ist sie aber auch hier nicht: Schon im November 2019 meldete eine gewisse Janine O’Keefe die Wortmarke an, die an sich mit der Thunberg-Anmeldung kollidiert, allerdings offenbar mit dem Segen der Familie Thunberg angemeldet wurde.

Auf europäischer Ebene kommt die Unionsmarkenverordnug (UMV) zur Anwendung, die in Art. 7 ebenfalls "absolute Eintragungshindernisse" kennt, nämlich dann, wenn Marken "keine Unterscheidungskraft" haben oder aus Zeichen bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch üblich geworden sind. Demnach könnte es die Greta-Marke mit der Anmeldenummer 018171380 bereits schwer haben. Das könnte auch der Grund dafür sein, weshalb namhafte Markenrechtler bereits an der Veröffentlichung der Anmeldung Kritik geübt haben. So meldete sich etwa der Düsseldorfer Rechtsanwalt Oliver Löffel zu Wort und stellte schon die erforderliche Unterscheidungskraft nach Art. 7 UMV in Frage, da "Fridays for Future" nur als Name "für die Bewegung" als solche verstanden werde.

Genau das könnte der Grund sein, weshalb Greta Thunberg nun öffentlichkeitswirksam "Besitzansprüche" anmeldet und mit Possessivpronomen nicht geizt. Denn mit ihrem Post lässt sie keinen Zweifel daran, mit wem sie die angemeldete Wortfolge "Fridays for Future", die sie in Form eines Hashtags offenbar tatsächlich als Erste verwendete, verknüpft wissen will: Nämlich ausschließlich mit ihrer Person, die sie in dem Post gleich auch an die Stiftung bindet, die von ihrer Familie ins Leben gerufen worden sei.

Sollte also "Fridays for Future" im Verständis des Verkehrs nicht bloß allgemein mit der Bewegung, sondern mit dem Namen Greta Thunberg assoziiert werden (wofür sie nun eindeutig kämpft), könnte das die Unterscheidungskraft im Sinne eins Herkunftshinweises auf Greta bzw. ihre Stiftung durchaus stärken.

Hinzu kommt, dass nach Art. 7 Abs. 3 UMV die absoluten Eintragungshindernisse einer Marke überwunden werden können, wenn die Marke für die von ihr umfassten Waren oder Dienstleistungen infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat. Einfacher ausgedrückt: Wenn das ursprünglich generische Zeichen "Fridays for Future" gerade aufgrund der Benutzung durch Greta Thunberg und "ihre" Bewegung seine Bedeutung erlangt hat.

Ein Selbstläufer wird die Anmeldung in jedem Falle nicht

Zum Selbstläufer vor dem Markenamt oder den Gerichten würde die Anmeldung dann allerdings noch immer nicht werden, zumal die Marke unter anderem auch für "Versicherungsdientsleistungen" angemeldet wurde. Ein Herkunftshinweis erscheint hier doch sehr fraglich.

Am Sitz des EUIPO in Alicante dürfte man sich vor Veröffentlichung der Anmeldung jedenfalls durchaus Gedanken dazu gemacht haben, wie im Falle einer Eintragung oder erwartbaren Widersprüchen eine Überwindung des Schutzhindernisses gerechtfertigt werden könnte. Anderenfalls hätte die Behörde die Markenanmeldung schon gar nicht veröffentlichen dürfen.

Die besonderen Formulierungen in Greta Thunbergs Posting bei Instagram erscheinen vor diesem Hintergrund gut durchdacht - würde der Markenrechtler nicht noch an der Formulierung hängen bleiben, dass man "überhaupt kein Interesse" an Marken habe. Dieser Satz könnte der Stiftung eines Tages vorgehalten werden, wenn sie die Marken nicht ernsthaft nutzen sollte. Dass das passiert, daran darf man aber zweifeln, denn die Stiftung wird die Marke, sollte sie bestehen bleiben, zur Grundlage ihrer Arbeit machen.

Wichtig: Gewinnerzielungsabsicht braucht es gerade nicht

Anders als der Instagram-Post interpretiert wird, hat Greta Thunberg im Übrigen nicht erklärt, dass die Stiftung mit der Marke (etwa zur Nutzung in den angemeldeten Klassen für Werbung, Fundraising etc.) "kein Geld" verdienen wolle. Sie sprach wohl wissend und gut beraten von "non profit". Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung, die zwar eine ernsthafte Nutzung der Marke (hier durch die Stiftung) und eben nicht nur eine reine Sperrmarke gegen Trittbrettfahrer spätestens fünf Jahre nach deren Eintragung verlangt. Indes kann etwa auch ein karitativer Verein, der keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, bestrebt sein, für seine Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und zu sichern, also eine Marke rechtserhaltend zu benutzen.

Das ergibt sich aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Es sei davon auszugehen, "dass eine Marke ernsthaft benutzt wird, wenn ein ideeller Verein sie in der Öffentlichkeit auf Ankündigungen von Veranstaltungen, auf Geschäftspapieren und auf Werbematerial verwendet und sie von seinen Mitgliedern beim Sammeln und Verteilen von Spenden in der Form verwendet wird, dass die Mitglieder entsprechende Ansteckzeichen tragen" (EuGH, Urt. v. 09.12.2008, Az. C-442/07, "Feldmarschall Radetzky").

Ist das ganze Vorhaben also böse oder unanständig? Nein. Wenn Greta, "ihre" Familie und "ihre" Stiftung nicht zusehen wollen, wie andere den Begriff "Fridays for Future" kommerziell ausschlachten, kann sie gar nicht anders, als diesen schon sehr späten Versuch der Anmeldung zu wagen. In diesen Kontext passt die Instagram-Kampagne, mit der die Herkunft des Slogans zementiert und über Greta an die Stiftung gebunden werden soll. Klappt es mit der Anmeldung nicht, ist der einzige Trost, dass auch diejenigen, die einzig kommerzielle Interessen im Sinn haben, kein Monopol erwerben können.

Die Greta-kritischen Initiatoren der "Fridays for Hubraum" sind übrigens hier schon weiter: Beim Deutschen Patent- und Markenamt liegen seit September 2019 allein 13 Anmeldungen vor.

Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei LEXANTIS. Er ist als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert auf das Marken- und Wettbewerbsrecht für Unternehmen.

Kanzlei des Autors

Zitiervorschlag

Greta Thunberg will "Fridays for Future" schützen lassen: "Meine" Bewegung, "meine" Stiftung, "meine" Marke . In: Legal Tribune Online, 31.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40051/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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