Kritische Urteile des US-Bundesgerichts: Ein­la­dung, über den Sup­reme Court zu schimpfen

von Martin Rath

20.11.2016

(c) gemeinfrei

Frauen? Die Verfassung kennt ja mal gar kein Geschlecht!

Virginia Minor (1824–1894) begehrte am 15. Oktober 1872, ins Wählerregister eines Landkreises von Missouri eingetragen zu werden. Ihr Argument: Der vier Jahre zuvor ratifizierte 14. Zusatzartikel enthalte mit dem Satz "Keiner der Einzelstaaten darf Ge-setze erlassen oder durchführen, die die Vorrechte oder Freiheiten von Bürgern der Vereinigten Staaten beschränken", eine Norm, die es Missouri verbiete, Frauen vom Wahlrecht auszuschließen.

Der U.S. Supreme Court folgte einstimmig dem Beschlussvorschlag des Vorsitzenden Richters Morrison R. Waite (1819–1888): Die Verfassung selbst äußere sich nicht zum Geschlecht des Wählers, weder Verfassung noch Common Law sei ein "Vorrecht" von Frauen bekannt, an Wahlen teilzunehmen. Damit war ein wichtiger Schritt getan, den im Vergleich zu modernen Verfassungen bereits sehr unzureichenden Gleichheitssatz auch noch an einen historischen Stand zu binden: Wo kein hergebrachtes Privileg, da ist auch kein Diskriminierungsverbot.

Das Frauenwahlrecht sollte zwar 1920 explizit eingeführt werden, Geschlechterdiskriminierung nach dem 14. Zusatzartikel für verboten halten mochte der SCOTUS aber erst 1971.

Minor v. Happersett, 88 U.S. 162 (1875)

Zitiervorschlag

Martin Rath, Kritische Urteile des US-Bundesgerichts: Einladung, über den Supreme Court zu schimpfen . In: Legal Tribune Online, 20.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21200/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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