Die juristische Presseschau vom 29. Januar 2013: Zukunft der Sicherheitsarchitektur – BGH zu Enthauptungsvideos – Island haftet nicht

29.01.2013

Weitere Themen – Recht in der Welt

EFTA-Gerichtshof zu isländischer Staatshaftung: Der Gerichtshof der europäischen Freihandelsassoziation Efta mit Sitz in Luxemburg hat am Montag eine Haftung Islands für die durch die Insolvenz einer Privatbank im Jahr 2008 entstandenen Verluste britischer und niederländischer Anleger verneint. Zwar habe sich das isländische Bankeneinlagengarantiesystem als unzureichend erwiesen, eine hilfsweise Staatshaftung komme jedoch wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung in der EU-Bankendirektive nicht in Betracht. Über den Rechtsstreit berichtet die taz (Reinhard Wolff).

Chile – Colonia Dignidad: Der oberste Gerichtshof Chiles hat letztinstanzlich mehrere deutsche  Mitglieder der berüchtigten Sektensiedlung Colonia Dignidad wegen der Beteiligung an Misshandlungen und sexuellen Missbrauchs anderer Kolonie-Mitglieder zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, meldet lto.de. Unter den Verurteilten befinde sich auch der frühere Arzt der Siedlung, der 2011 nach Deutschland geflüchtet sei und nicht ausgeliefert werde.

China – Umerziehungslager: Den Fall eines Provinzfunktionärs nimmt die FAZ (Petra Kolonko) zum Anlass, die Praxis der "Umerziehung durch Arbeit" in chinesischen Straflagern darzustellen. Seit kurzer Zeit würden sich Hinweise auf eine Reform der aus der Mao-Zeit stammenden Strafform verdichten, chinesische Kritiker blieben gleichwohl skeptisch.

Indien – Reform des Sexualstrafrechts: Ein Komitee unter Leitung des ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofes in Indien hat Vorschläge zu einer Reform des Sexualstrafrechts vorgelegt, berichtet die FAZ (Michael Radunski). Über den aktuellen Vergewaltigungsfall hinaus befassten sich die Vorschläge auch mit weiteren Formen sexuelle Gewalt, etwa durch Stalking; die Todesstrafe für Vergewaltiger werde indes explizit abgelehnt.

Mali - Militärintervention: Der Rechtswissenschaftler Oliver Daum analysiert auf lto.de die völkerrechtlichen Aspekte des Einsatzes französischer Soldaten in Mali. Zwar gebe es kein legitimierendes Mandat des UN-Sicherheitsrates, weil Frankreich aber auf Einladung der malischen Regierung gegen ausländische Eindringlinge kämpfe, sei der Einsatz durch das Völkerrecht gedeckt.

Sonstiges

Überprüfung von Gesellschaftsverträgen: In einem längeren Gastbeitrag im Finanzteil der FAZ empfehlen die Rechtsanwälte Frank Hannes und Christian von Oertzen eine regelmäßige Überprüfung wichtiger Verträge auch in Familiengesellschaften. Als Gründe hierfür zählten  tatsächliche Veränderungen, etwa im Gesellschafterbestand oder die Änderung des Gesellschaftszwecks. Zudem könnten Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen, wie sie etwa durch die Erbschaftsteuerreform entstanden seien, Anlass zu einer Anpassung von Gesellschaftsverträgen bieten.

Steuerlicher Abzug von Umzugskosten: Marko Wieczorek, Chefredakteur von Der Betrieb, erläutert in einem Gastbeitrag im Handelsblatt Einzelheiten zum Abzug von Umzugskosten. Diese könnten nach dem Bundesumzugsgesetz steuerlich geltend gemacht werden, wenn der Wohnungswechsel beruflich veranlasst sei.

Bundesbank gegen Todesstrafe: Die Bundesbank lädt chinesische und vietnamesische Notenbanker von Seminaren zur Erkennung von Geldfälschungen aus, berichtet die SZ (Markus Zydra) in ihrem Geld-Teil. Zur Begründung wurde die in den Herkunftsländern geltende Todesstrafe für Geldfälscher angeführt. In Bangladesh würde man wegen einer bereits erfolgten Ausladung bereits an einer Gesetzesänderung arbeiten.

Schlechte Prognose für Resozialisierung: Die SZ (Viktoria Grossmann) berichtet in einem längerem Artikel über Projekte zur Resozialisierung von Strafgefangenen. Gerade bei jugendlichen Tätern zeigten diese häufig positive Wirkungen, viele Projekte stünden aber vor einer ungewissen Zukunft und teilweise vor dem Aus, weil sich Bund, Länder und Kommunen nicht über Zuständigkeiten und Finanzierungen einigen könnten.

Nachlese zum Verkehrsgerichtstag: lto.de (Pia Lorenz) interviewt den Präsidenten des Verkehrsgerichtstages, Generalbundesanwalt a.D. Kay Nehm. Er hält die Vorschläge des Verkehrsgerichtstages als gelungenen Beitrag zu einer weiter zu führenden Diskussion über die von Verkehrsminister Ramsauer angestoßene Reform und empfiehlt vor allem Gelassenheit im Straßenverkehr.

Das Letzte zum Schluss

Terminschwierigkeiten bei Gericht: Dass die Bestrafung der Tat auf dem Fuße folgen soll, gilt als erstrebenswertes Ziel einer funktionierenden Strafrechtspflege. Oftmals stehen diesem Anspruch aber anderweitige terminliche Verpflichtungen der Beteiligten entgegen. Die FAZ (Frankfurt-Teil) berichtet über folgenden Fall mit ernstem Hintergrund. Vor dem Jugendgericht Frankfurt habe am Montag gegen vier Angeklagte wegen einer U-Bahn-Schlägerei, die vor anderthalb Jahren stattfand, verhandelt werden sollen. Der vorgesehene eine Verhandlungstag habe nicht ausgefüllt werden können, weil die Staatsanwältin nur halbtags arbeitete. Weil sich die Beteiligten auch nicht auf einen Termin innerhalb der nächsten drei Wochen haben einigen können, müsse der Prozess nun am 25. März erneut eröffnet werden. Für einen der Angeklagten hat das Konsequenzen: Wegen einer anderen Sache in Untersuchungshaft sitzend, sei ihm Freigang bei Abschluss dieses Verfahrens in Aussicht gestellt worden.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. Januar 2013: Zukunft der Sicherheitsarchitektur – BGH zu Enthauptungsvideos – Island haftet nicht . In: Legal Tribune Online, 29.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8054/ (abgerufen am: 01.05.2024 )

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