Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. Mai 2017: Behör­den­ver­sagen im Fall Amri? / NetzDG auf der Kippe / Teil­er­folg für Ass­ange

22.05.2017

Justiz

BSG zu Rentenversicherungspflicht für Anwälte: Rechtsanwälten, die als Angestellte bei Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften für die Mandanten ihres Arbeitgebers tätig sind, können sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen, wenn die Rechtsberatung im Wesentlichen weisungsfrei erfolgt. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Rechtsanwalt Martin W. Huff erläutert auf lto.de das Urteil und weist darauf hin, dass Anwälte, die diese Kriterien erfüllen, sich auch rückwirkend für den Zeitraum vor der Einführung der neuen Regeln zum Syndikusrechtsanwalt befreien lassen können.

BGH zu Uber Black: Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Unzulässigkeit von "Uber Black" nach dem deutschen Personenbeförderungsrecht mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist. Geklagt hatte ein Berliner Taxiunternehmen, das in dem Einsatz der App durch das niederländische Unternehmen eine unzulässige Geschäftspraktik sah. Rechtsprofessor Urs Kramer stellt auf lto.de den Vorlagebeschluss vor und äußert Zweifel daran, dass die Einschränkung der Berufsfreiheit tatsächlich durch den Schutz des Taxigewerbes gerechtfertigt werden könne.

BGH zur Herausgabe von Urteilen: Gerichte müssen anonymisierte Urteile und Beschlüsse an Dritte herausgeben. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Ein besonderes rechtliches Interesse wie bei der Akteneinsicht sei nicht erforderlich. Die Herausgabe dürfe nur verweigert werden, wenn "unabweisbare höhere Interessen" berührt seien. Im konkreten Fall hatten Anwälte die Abschrift eines Hinweisbeschlusses verlangt, der in einem Verfahren wegen fehlerhafter Anlageberatung einer Bank ergangen war. Das Urteil stellen lto.de (Pia Lorenz) und karief.com (Kai Riefenstahl) vor.

LG München I zu Tod durch Kreissäge: Das Landgericht München I hat eine 32-Jährige wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es sah es als erwiesen an, dass die Studentin ihren damaligen Freund für ein Sexspiel gefesselt und anschließend mit einer Kreissäge getötet hat. Das Vorliegen von Mordmerkmalen verneinte das Gericht. Da nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Frau schon beim Fesseln einen Tötungsvorsatz hatte, sei sie nicht heimtückisch vorgegangen. Auch habe sie weder grausam noch aus niedrigen Beweggründen gehandelt. Von der Urteilsverkündung berichten die Samstags-SZ (Susi Wimmer) und die WamS (Gisela Friedrichsen).

BVerfG – "Rote Karte für die AfD": Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Mittwoch über die Klage der AfD gegen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die anlässlich einer AfD-Demonstration in einer Presseerklärung erklärt hatte: "Die Rote Karte sollte der AfD und nicht der Bundeskanzlerin gezeigt werden." Im Interview mit dem Spiegel (Dietmar Hipp) erklärt der Rechtsanwalt und Verfassungsrechtsexperte Christofer Lenz, dass Wanka der AfD weniger Angriffsfläche geboten hätte, wenn sie als Parteipolitikerin aufgetreten wäre. Aber auch der Bundesregierung müsse es möglich sein, sich angemessen gegen Kritik zu wehren. Insoweit sei es auch vertretbar, dass die Ministerin Angriffe auf die Kanzlerin abwehre.

OLG Saarbrücken – Hasskommentar auf Facebook: Die Samstags-taz (Christoph Schmidt-Lunau) berichtet in eigener Sache über die Gerichtsverhandlung zu einem Rechtsstreit zwischen der "taz" und einem Mann, über dessen Facebook-Account einer Erziehungswissenschaftlerin gedroht wurde. Der Mann bestreitet, für den Post verantwortlich zu sein und verlangt von der "taz" die Löschung der Berichterstattung darüber.

BVerwG zu Suizidmedikamenten: Der Rechtsanwalt und Journalist Oliver Tolmein befasst sich im Feuilleton der Samstags-FAZ mit den nun veröffentlichten Gründen des Bundesverwaltungsgerichtsurteils zur Medikamentenabgabe an Suizidenten von März dieses Jahres. Er kritisiert, dass der Senat eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Begründung einer Schutzpflicht für die Selbstbestimmung heranzieht, die in einer anders gelagerten Situation ergangen sei. Zudem würde den Gerichten und Behörden zu wenig an die Hand gegeben, um in Einzelfällen zu guten Entscheidungen zu finden.

BVerwG – "Indigenes Volk Germaniten": Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Mitteilung klargestellt, dass es ein "Indigenes Volk Germaniten" nicht anerkannt und diesem auch keine Staatlichkeit oder andere Sonderrechte zugesprochen habe. Die Gruppierung hatte zuvor ein an sie adressiertes Schreiben des Gerichts als Beweis für seine Existenz benutzt. lto.de (Pia Lorenz) berichtet.

Strafverteidiger Adam Ahmed: Im Interview mit der FAS (Timo Steppat) äußert sich der Strafverteidiger Adam Ahmed zu seinem Verteidigungsstrategien, der Rolle der Medien in Strafverfahren und zur Praxis der Sicherungsverwahrung. Der Rechtsanwalt war in vielen spektakulären Verfahren tätig, darunter im Prozess gegen den Mörder des Münchner Mode-Anbieters Rudolph Moshammer.

Verfahrensdauer an Gerichten: Der Journalist und Autor Joachim Wagner beschäftigt sich in der Montags-Welt mit der Frage, warum trotz teilweise rückläufiger Verfahrenseingänge Gerichtsverfahren an zahlreichen Gerichten immer länger dauern. Als Gründe führt er ein vom "Beamtengeist" geprägtes Arbeitsethos sowie häufige Richterwechsel an, begünstigt durch mehr Frauen an den Gerichten. Das Gesetz gegen überlange Gerichtsverfahren habe keine Wirkung entfaltet, weil es nicht von Personalausbau begleitet worden sei und von den Bundesgerichten restriktiv ausgelegt werde.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. Mai 2017: Behördenversagen im Fall Amri? / NetzDG auf der Kippe / Teilerfolg für Assange . In: Legal Tribune Online, 22.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22995/ (abgerufen am: 01.05.2024 )

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