Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. Oktober 2017: Visa gegen Flücht­linge / BVerwG zu Kita-Kosten / Inter­view mit IStGH-Prä­si­dentin

30.10.2017

Justiz

BVerwG zu Kita-Kosten: Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass Kosten für einen selbstbeschafften Kita-Platz nicht ersetzt werden, wenn sie auch im Falle des Nachweises durch die Jugendhilfe durch die Eltern hätten getragen werden müssen. lto.de (Maximilian Amos) und die Samstags-FAZ (Albert Schäffer) berichten über die Entscheidung. Ein Elternpaar hatte, nachdem es den Betreuungsbedarf für ein zweijähriges Kind angemeldet hatte, die ihm angebotenen Plätze bei Tagespflegepersonen abgelehnt und sich selbständig einen Betreuungsplatz gesucht. Die entsprechende Kita bot eine umfangreiche frühkindliche Förderung an und kostete 1.380 Euro monatlich. Das Gericht hat jetzt in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Eltern zwar den Betreuungsplatz selbst hätten beschaffen dürfen, daraus aber noch kein (auch teilweiser) Kostenübernahmeanspruch entstünde. Denn der Jugendhilfeträger hätte den in Frage stehenden Betreuungsplatz auch von sich aus anbieten können und auch in diesem Fall hätten die Eltern die Kosten hierfür grundsätzlich selbst tragen müssen. Die Stadt sei nur dann zur Übernahme der Kosten für einen selbst beschafften Betreuungsplatz verpflichtet, wenn es den Eltern nicht zuzumuten sei, die Kosten selbst zu tragen, befanden die Richter. Dies hätte aber in einem gesonderten Verfahren festgestellt werden müssen.

BVerwG zu Tornado-Überflügen: Wegen des Tornado-Flugs über ein Protestcamp im Vorfeld des G-8-Gipfels 2007 in Heiligendamm hat das Bundesverwaltungsgericht, wie nun auch lto.de berichtet, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern zurückverwiesen. Der Überflug stelle einen faktischen Eingriff in das Grundrecht der Kläger auf Versammlungsfreiheit dar, meinten die Leipziger Richter. Ob dieser Eingriff gerechtfertigt war, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprach, konnte das Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend entscheiden und hat deshalb zurückverwiesen.

BGH zu Flüchtlingsunterkunft und WEG-Recht: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft keine Wohnnutzung im Sinne des Wohnungseigentumsrechts darstellt. lto.de und die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) stellen die Entscheidung vor. In einem in Gauting bei München gelegenen Gebäude sollte nach der früheren Nutzung als Altersheim der entsprechende Teil als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. Dagegen wandte sich der Eigentümer einer Arztpraxis im Gebäude und verwies auf die Teilungserklärung, die eine Wohnnutzung untersagte. Die Karlsruher Richter meinten aber, dass es sich bei einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in der Regel nicht um Wohnungen, sondern um eine heimähnliche Unterbringung handele, weil die Nutzung durch eine von der Einrichtung vorgegebene Organisation und durch Überwachung und Kontrolle geprägt werde.

BGH zu GEMA-Anteil für Musikverlage: Der Bundesgerichtshof hat laut lto.de eine Nichtzulassungsbeschwerde der GEMA gegen ein Urteil des Kammergerichts zurückgewiesen, in dem im November 2016 die bisherige pauschale Beteiligung von Verlegern bei der GEMA für unzulässig erklärt wurde. Die GEMA müsse im Einzelfall prüfen, ob eine solche Beteiligung zwischen Urheber und Verleger vereinbart worden sei, hieß es in der damaligen Entscheidung, die jetzt durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig geworden ist.

LG Duisburg – Love-Parade-Prozess: Das Landgericht Duisburg hat den Saal vorgestellt, in dem am 8. Dezember 2017 das Love-Parade-Verfahren beginnen soll. Für die zehn Angeklagten, derzeit 60 Nebenkläger, zahlreiche Anwälte und Hunderte Zuschauer wurde ein Messesaal im Congress Center Düsseldorf gemietet. spiegel.de hat sich den Raum angeschaut.

VerfGH Baden-Württemberg zu Abgeordnetenrechten: Wie die Samstags-FAZ (Rüdiger Soldt) mitteilt, hat der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg dem AfD-Landtagsabgeordneten Heinrich Fiechtner Recht gegeben, der sich gegen ein ihm von der eigenen Fraktion erteiltes Redeverbot und den Ausschluss aus zwei Ausschüssen wandte. Der Abgeordnete sei nicht angehört worden, außerdem wies das Gericht auf den hohen Rang des freien Mandats hin und machte deutlich, dass ein "Redeverbot" der Gleichrangigkeit der Abgeordneten widerspreche. Fiechtner hatte sich abweichend von der Fraktionsmehrheit für die Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge ausgesprochen.

VG München zu Luftverschmutzungswerten: Die Samstags-FAZ (Henrike Roßbach) berichtet über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München, mit der dem Antrag der Deutschen Umwelthilfe e.V. entsprochen und ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro gegen die Stadt München verhängt wurde. 2012 hatte das Verwaltungsgericht der Stadt aufgegeben, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid so bald wie möglich eingehalten werden. Da diese Verpflichtung nicht erfüllt wurde, muss die Stadt jetzt zahlen.

OLG Köln – Schmerzensgeld Kohl: Der Spiegel (Melanie Amann) weist darauf hin, dass die Witwe und Alleinerbin von Helmut Kohl im noch anhängigen Schmerzensgeldprozess gegen die beiden Biografen von Helmut Kohl wohl keinen Anspruch wird geltend machen können. Geldentschädigungsansprüche für Verletzungen von Persönlichkeitsrechten seien nicht vererblich, es sei denn, es liege bereits ein rechtskräftiges Urteil vor, wird Juraprofessorin Jutta Stender-Vorwachs zitiert.

AG Herzberg zum Angriff auf Polizeibeamten: Nachdem der erste Termin wegen Nichterscheinens der Angeklagten geplatzt war, hat jetzt der Prozess gegen eine junge Frau und ihre Mutter, die sich als sogenannte "Reichsbürger" fühlen, wegen Angriffs auf einen Polizeibeamten stattgefunden. Die Tochter wurde zu einer Haftstrafe von 18 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt, der Mutter konnten die angeklagten Straftaten nicht nachgewiesen werden. Bei dem Angriff ist der Polizist mit einer säurehaltigen Flüssigkeit verletzt worden. Die Samstags-taz (Andreas Speit) berichtet über den Fall.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. Oktober 2017: Visa gegen Flüchtlinge / BVerwG zu Kita-Kosten / Interview mit IStGH-Präsidentin . In: Legal Tribune Online, 30.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25299/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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