UNHCR – Anwalt der Heimatlosen: Sama­riter 4.0

von Till Mattes

27.05.2017

2/2 Klagen gegen subsidiären Schutz-Status

In der Folge haben subsidiär Geschützte verschiedentlich Klage erhoben, teil erfolgreich, teils nicht. Drei Oberverwaltungsgerichte (OVGs) haben allerdings gegen die Kläger entschieden. Im Februar entschied das OVG Münster gegen einen Syrer, der auf Anerkennung als Flüchtling geklagt hatte (14 A 2708/10.A), wie auch in ähnlichen Fällen Ende 2016 die OVG-Senate in Schleswig und Koblenz. In Münster jedoch scheint das OVG eine besonders harte Rechtsauffassung zu vertreten. Hier verwei-gerten die Richter selbst einem Syrer, der sich nach eigener Aussage dem Wehrdienst entzogen hatte, den Flüchtlingsstatus. Sie sahen es nicht als gegeben an, dass eine Wehrdienstflucht politische Verfolgung in Syrien nach sich ziehe.

Das VG Münster hat allerdings in einer Entscheidung im März, also nach der OVG Entscheidung vom Februar, die gegenteilige Rechtsauffassung vertreten. Danach müssen syrische Flüchtlinge nach einer Rückkehr mit staatlicher Verfolgung rechnen (Urt. v. 08.03.2017, Az. 14 A 2316/16 A).

Das UNHCR und der Fall Franco A.

Das UNHCR kooperiert eng mit denen, die hierzulande für die Flüchtlinge politisch verantwortlich sind, also etwa mit der Regierung, den Ministerien und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Dabei ist das UNHCR ein selbstbewusster und teils kritischer Partner, wie sich an der Reaktion auf den Skandal um den Oberleutnant Franco A. zeigt. Er hatte sich als asylsuchender Syrer registrieren lassen, um in dieser Maske wahrscheinlich Anschläge zu verüben.

"Ich denke, dass Fälle wie der des als Flüchtling getarnten Oberleutnants Qualitätsmängel deutlich machen und zeigen, dass man das Bemühen um Qualität intensivieren muss", sagt Lumpp. "Dass es notwendig ist, in die Qualität der Asylverfahren zu investieren, ist allen Seiten bewusst." Dies steht auch im Eckpunktepapier zur Bundestagswahl, das der UNHCR kürzlich vorgestellt hat.

Qualität im Asylverfahren sollte verbessert werden

Die Qualität habe darunter gelitten, dass eine hohe Zahl von Anträgen in möglichst kurzer Zeit abgearbeitet werden musste, so Lumpp. Medienberichten zufolge hat dadurch die Zahl der Einsprüche gegen abschlägige Bescheide des BAMF deutlich zugenommen. Die Schreibtische des BAMF sind nun zwar leerer. Dafür stöhnen aber jetzt die Gerichte unter der erhöhten Last durch diese verschobenen Asylverfahren.

"Daher raten wir in Qualität und Effizienz gleichzeitig zu investieren, da es sonst weiterhin zu dieser Verschiebung kommt", sagt die deutsche UNHCR-Repräsentantin. "Wir stehen diesbezüglich im Dialog mit dem BAMF und der Bundesregierung. Ein umfassendes Qualitätsmanagement für jeden Schritt des Verfahrensweges und mit Beteiligung aller relevanten Organisationseinheiten ist nötig. Dazu sollte auch in Schulungen des Personals investiert werden."

Deutschlands Engagement insgesamt wird vom UNHCR ausdrücklich gelobt. Gerade auch in der EU-Flüchtlingskrise. Laut Lumpp ist dieser Begriff jedoch falsch: "Es gab in der EU keine Flüchtlingskrise, sondern eine Krise der Verantwortungsteilung." In einer Staatengemeinschaft wie der EU hätten eine Million Schutzsuchende eigentlich keine Krise auslösen müssen, sagt sie und entlässt die EU-Mitglieder nicht aus der Verantwortung für Flüchtlinge. Diese "sollte nicht auf Drittstaaten geschoben werden. Leitgedanke sollte immer sein, ein Mehr an Schutz zu schaffen." 

Zitiervorschlag

Till Mattes, UNHCR – Anwalt der Heimatlosen: Samariter 4.0 . In: Legal Tribune Online, 27.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23035/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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