Neun wichtige Rechtsfragen zur EM: Nicht nur für Ruhm und Ehre

von Tanja Podolski

17.06.2016

2/3: Freies Ermessen für den Trainer

LTO: Folgt denn aus der Abstellung eine Weisungsbefugnis für den DFB und den Trainer Joachim Löw?

Seitz: Im Ergebnis ja. Bleibt man beim Vergleich zur Arbeitnehmerüberlassung, dann überträgt der jeweilige Verein als Arbeitgeber zumindest teilweise sein arbeitsrechtliches Weisungsrecht im Rahmen der Abstellung an den DFB. Jogi Löw kann dann als "leitender Angestellter" den Spielern Weisungen erteilen.

LTO: Wie weit reicht denn die Weisungsbefugnis von Verein und Trainer?

Seitz: In sportlicher Hinsicht sehr weit. Das LAG Rheinland-Pfalz (Urt. v. 17.02.1016, Az. 4 Sa 202/15) hat bestätigt, dass im Berufsfußball der Trainer zum Beispiel über den Einsatz eines Spielers im Rahmen seines Direktionsrechts nicht nur nach billigem Ermessen, sondern nach freiem Ermessen entscheiden darf. Er darf also frei über die Aufstellung der Mannschaft entscheiden. Er lässt sich dabei von Einschätzungen zur aktuellen Leistungsfähigkeit seiner Spieler, taktischen Erwägungen und Intuition leiten. Zudem weist das Gericht zu Recht darauf hin, dass seine Entscheidung auch durch Dritte wie Spielerpersönlichkeiten in der Mannschaft, Vorstand, Manager, Fans und Medien und damit zwangsläufig auch von der Berücksichtigung anderer als nur sportlicher Gründe beeinflusst wird.

Weniger weitreichend sind die Weisungsrechte hingegen bei Fragen außerhalb des Sports. Hier gilt wie bei jedem anderen Arbeitnehmer: Die Weisung muss nach §§ 106 Gewerbeordnung (GewO), 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) billigem Ermessen entsprechen. Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs spielt die Drittwirkung der Grundrechte eine entscheidende Rolle. Dabei können vor allem das allgemeine Persönlichkeitsrecht, aber z.B. auch die Religions- und Gewissensfreiheit oder die Meinungsfreiheit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers Grenzen setzen.

Kollidieren die Grundrechte des Arbeitnehmers mit dem Recht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer im Rahmen der gleichfalls grundrechtlich geschützten unternehmerischen eine von der vertraglichen Vereinbarung gedeckte Tätigkeit zuzuweisen, sind die gegensätzlichen Rechtspositionen grundrechtskonform auszugleichen. Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ist aber bei der Abwägung der Umstand zu berücksichtigen, dass die Vertragspartner mit dem Abschluss des Vertrags in eine gewisse Begrenzung grundrechtlicher Freiheiten eingewilligt haben.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, Neun wichtige Rechtsfragen zur EM: Nicht nur für Ruhm und Ehre . In: Legal Tribune Online, 17.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19707/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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