Neun wichtige Rechtsfragen zur EM: Nicht nur für Ruhm und Ehre

von Tanja Podolski

17.06.2016

3/3: Der Sex und die Leistung der Spieler

LTO: Gibt es denn übliche Weisungen, die eigentlich unzulässig sind?

Seitz: In der Tat sind in der Praxis Weisungen verbreitet, die Freiheiten und Persönlichkeitsrechte der Spieler sehr stark einschränken. Vor jedem großen Turnier stellt der Boulevard zum Beispiel wieder die scheinbar ewig aktuelle Frage, ob und wie Sex vor dem Spiel die Leistung beeinflusst. Dieses Jahr wurde berichtet, dass der kroatische Trainer seinen Spielern verboten habe, vor den Spielen Sex zu haben und dass die Ehefrauen und Freundinnen, die man ja unter dem Begriff "Spielerfrauen" zusammenfasst, die Hotelanlage wohl nicht betreten dürfen. Eine solche Weisung wäre natürlich im Lichte der Grundrechte, hier insbesondere dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, klar rechtswidrig, sie entspricht nicht billigem Ermessen i.S.v. §§ 106 GewO, 315 BGB.

Spannend ist sicherlich auch die Frage, inwiefern die Religionsfreiheit im Fußball berücksichtigt werden muss, zum Beispiel bei der Gestaltung des Ernährungsprogramms zur Zeit des Ramadans. Oder denken sie im Frauensport zum Beispiel an Bekleidungsvorschriften. All diese Probleme sind aber mit den üblichen arbeitsrechtlichen Instrumenten zu lösen.

LTO: Wie sieht es während der EM für die nicht nominierten Spieler aus? Haben die in der Bundesliga-freien Zeit Urlaub? Oder besteht dann gar kein Arbeitsvertrag? Haben sie eine Nebentätigkeitserlaubnis?

Seitz: Der Arbeitsvertrag dieser Spieler mit ihrem Verein läuft ganz normal weiter. Ob die Spieler Urlaub haben, bestimmt sich nach den üblichen Vorschriften, für Fußballprofis als Arbeitnehmer also nach dem Bundesurlaubsgesetz. In Profiverträgen ist üblicherweise geregelt, dass der Urlaub während der pflichtspielfreien Zeit zu nehmen ist.

Verletzungsrisiko und Schadensersatz der Vereine

LTO: Bei der Weltmeisterschaft 2010 hat der Bayern-München-Spieler Arjen Robben für die Niederlande gespielt, obwohl er gesundheitlich angeschlagen war. Nach der WM ist er die gesamte Hinrunde 2010/11 wegen dieses Muskelrisses bei Bayern ausgefallen. Die Münchner haben dem holländischen Verband vorgeworfen, dass man Robben trotz des Wissens um die Verletzung bei der WM eingesetzt habe, und eine Entschädigung gefordert.

Gab es einen ähnlichen Fall schon einmal beim DFB? Und hätte eine solche Entschädigungsforderung, zum Beispiel von Manchester United bei einer Verletzung des anfälligen deutschen Kapitäns Bastian Schweinsteiger, Aussicht auf Erfolg?

Seitz: Ein konkreter Rechtsstreit ist mir nicht bekannt. Eine Schadensersatzforderung dürfte aber regelmäßig nicht begründet sein. Es fehlt meist die bei einer vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftung erforderliche Pflichtverletzung bzw. die Rechtsgutsverletzung im Rahmen der deliktischen Haftung. Verletzungen gehören im Fußball nun einmal dazu, für sie kann regelmäßig nicht der DFB verantwortlich gemacht werden. Ausnahmen können natürlich bei einem nicht ordnungsgemäßen Training, bei einem Einsatz entgegen einer ärztlichen Empfehlung oder ähnlichen Versäumnissen gegeben sein.

Dr. Stefan Seitz ist Namenspartner bei Seitz Rechtsanwälte in Köln. Die Wirtschaftskanzlei hat einen Schwerpunkt in der arbeitsrechtlichen Beratung. Darüber hinaus beraten die Anwälte namhafte Sportgrößen, wie u.a. die Nationalspieler Toni Kroos, Marco Reus, Benedikt Höwedes und Mario Götze und arbeiten mit Agenturen wie SportsTotal zusammen.

Die Fragen stellte Tanja Podolski.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, Neun wichtige Rechtsfragen zur EM: Nicht nur für Ruhm und Ehre . In: Legal Tribune Online, 17.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19707/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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