Neue Bundesregierung soll sich um die Juristenausbildung kümmern
An der Juristenausbildung gibt es viel Kritik. Seit über 150 Jahren hat sich an ihrer Grundstruktur wenig geändert, obwohl sich vieles verändert hat. Eine unattraktive Ausbildung trifft den Rechtsmarkt gleich doppelt hart, denn sie vergrault den wegen des demografischen Wandels ohnehin schon schrumpfenden Nachwuchs noch weiter.
Deshalb haben sich verschiedene juristische Verbände – unter ihnen die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), die Neue Richtervereinigung (NRV), der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF), der Deutsche Anwaltsverein (DAV) und der Deutsche Juristinnenbund e.V. (DJB) – einer Initiative der Universität Hamburg (Initiator: Quint Aly) angeschlossen, die die Bundesregierung dazu auffordert, die juristische Ausbildung zukunftsfähig zu machen. In einer gemeinsamen Stellungnahme an die künftige Bundesregierung legen sie ihren Fokus auf drei Bereiche der Juristenausbildung, um die sich die Bundesregierung aus ihrer Sicht kümmern muss.
Zugang zum Recht in Gefahr
Die Verbände machen darauf aufmerksam, dass wegen des demografischen Wandels immer mehr Berufsträger ausscheiden, während immer weniger Nachwuchs nachkommt, was sowohl in der Anwaltschaft als auch in der Justiz zu erheblichen Nachwuchsproblemen führe. Die abnehmende Attraktivität der juristischen Ausbildung verlocke insbesondere Studienanfänger dazu, sich lieber für einen der zahlreichen juristischen Bachelor-Master-Studiengänge zu entscheiden, anstatt den Weg einer volljuristischen Ausbildung einzuschlagen. Viele derjenigen, die es dennoch tun, brechen die Ausbildung wieder ab. Im Ergebnis leide die Gesamtbevölkerung an dem Juristenmangel, da der Zugang zum Recht erschwert würde.
Zudem hinke die Juristenausbildung der Digitalisierung nach. Der zunehmende Einsatz von Legal-Tech-Anwendungen, Künstlicher Intelligenz (KI) und intelligenten Datenbanken verändere die Arbeitsweise in der Anwaltschaft und Justiz grundlegend. Daher sei ein fundiertes Verständnis für die digitale Transformation essenziell, was die Juristenausbildung aber kaum berücksichtige. Die digitale Entwicklung mache jedoch eine umfassende Modernisierung der juristischen Ausbildung unerlässlich, um Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Die Verbände fordern die kommende Bundesregierung daher auf, "entsprechende Maßnahmen" in den gesamten Verlauf der juristischen Ausbildung zu integrieren.
Juristenausbildung zur Chefsache machen
Neben diesen Entwicklungen komme hinzu, dass es in den juristischen Staatsprüfungen und insbesondere in der juristischen Ausbildung zu Diskriminierungseffekten komme. Die Verbände kritisieren, dass verschiedene Gruppen gar nicht erst in der Justiz und Anwaltschaft repräsentiert würden, was bei einer zunehmend diversen Gesellschaft nicht nachvollziehbar sei. Die Unterrepräsentation von diversen Gruppen in der Justiz und Anwaltschaft trage dazu bei, dass das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat leide. Die Aufforderung der Verbände ist daher eindeutig: Die juristische Ausbildung müsse Ungleichheiten und Diskriminierung thematisieren sowie Exklusionsmechanismen erkennen und abbauen.
Die Verbände fordern die künftige Bundesregierung deshalb dazu auf, sich der juristischen Ausbildung als wichtiges Thema anzunehmen. Sie soll zusammen mit den Ländern und Verbänden wirksame Lösungen entwickeln. Eine enge Abstimmung mit den Interessenvertretungen sei entscheidend, man stehe für eine Zusammenarbeit bereit.
In ihren Wahlprogrammen für die anstehende Bundestagswahl thematisieren nur zwei Parteien die Juristenausbildung, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Beide betonen, dass sie die Qualität und die Attraktivität der juristischen Ausbildung mit zeitgemäßen Reformen stärken wollen.
eh/LTO-Redaktion
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