Gesetzespläne aus dem BMJV

Examen am Laptop und Refe­ren­da­riat in Teil­zeit?

von Markus SehlLesedauer: 4 Minuten

Zeitgemäß, schnell lesbar, ohne Geschlechterdiskriminierung: Ein neuer Vorstoß aus dem BMJV will das Examen am Laptop möglich machen – aber zu wann? Eine Pflicht der Länder soll es erstmal nur fürs Referendariat in Teilzeit geben.

Vielleicht ist der neue Vorstoß nur deshalb zunächst eher unbemerkt geblieben, weil er ein wenig versteckt daherkommt. Nämlich als ein unauffälliger Unterpunkt im Referentenentwurf aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) mit dem Titel "Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften".

Zwei dieser "weiteren Vorschriften" haben es aber für die juristische Ausbildung in sich. So sollen Referendare in Zukunft ihre Ausbildung in Teilzeit absolvieren können und Examenskandidaten ihre schriftlichen Prüfungen elektronisch anfertigen.

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Dieses Mal soll es klappen

Völlig neu sind die Pläne für das Teilzeitreferendariat nicht. Bereits 2017 hatten Bund und Länder an einem Gesetzentwurf gearbeitet. Schließlich kam es aber nicht mehr zu einer Entscheidung bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2017. Das Vorhaben war damit quasi gelöscht, um wiederbelebt zu werden, braucht es einen neuen Anlauf. Das besagt der Grundsatz der Diskontinuität.

Der neue Referentenentwurf aus dem BMJV verweist auch darauf, dass Berufsrichter nach § 48 Deutschen Richtergesetz (DRiG) schon heute einen Rechtsanspruch auf Teilzeit haben, wenn sie Eltern minderjähriger Kinder sind oder Angehörige pflegen. Für die Referendare in der Ausbildung gilt das allerdings bisher nicht. Der Entwurf nimmt auch auf eine bundesweite Umfrage unter Referendaren mit Kindern aus dem Herbst 2016 Bezug, die ein bei der Justizministerkonferenz angesiedelter Fachausschuss durchgeführt hatte. Ihr Ergebnis: Knapp zwei Drittel der Antwortenden hätten gern ein Teilzeitreferendariat in Anspruch genommen. Die Nachfrage scheint also vorhanden.

Während für angehende Lehrer bereits eine Teilzeitausbildung möglich ist, verhindert das für die Juristen die Vorschrift des § 5b Abs. 1 DRiG. Dort wird festgeschrieben, dass der Vorbereitungsdienst zwei Jahre dauert. Punkt. "Dieses Hindernis soll nunmehr beseitigt werden.", heißt es in dem BMJV-Entwurf. Dafür soll ein neuer Absatz eingefügt werden, der die Länder verpflichtet, das Referendariat für die Juristen auch in Teilzeit durchzuführen.

Länder müssen das Teilzeitmodell einführen

In Zukunft sollen die Teilzeitler einen 80-Prozent-Dienst absolvieren können, die Gesamtausbildungszeit würde sich dann auf zweieinhalb Jahre verlängern. "Das Teilzeitreferendariat ist inhaltlich kein 'reduzierter' Vorbereitungsdienst, sondern nur ein in Teilen anders organisierter Dienst", heißt es in der Entwurfsbegründung. Die nähere Ausgestaltung bleibt Sache der Länder. Das BMJV rechnet mit rund 730 Anträgen im Jahr, das entspreche 10 Prozent der durchschnittlichen Neueinstellungen ins Referendariat.

Im Gegensatz zu dem bereits 2017 bearbeiteten Vorschlag sieht der neue Entwurf aus dem BMJV statt einer Öffnungsklausel eine Verpflichtung vor. Die Länder haben also nicht mehr nur die Möglichkeit, das Teilzeitmodell einzuführen – sie müssten es dann.

Bald Laptop statt Gesetzeskoffer im Examen?

Das BMJV will außerdem per Gesetzesänderung im DRiG den Ländern die Möglichkeit einräumen, die Examensklausuren elektronisch durchzuführen. Dazu soll der letzte Absatz im § 5d DRiG geändert werden, der sieht bisher nur vor: "Das Nähere regelt das Landesrecht". Wie das E-Examen aber organisatorisch und finanziell genau umgesetzt werden soll, scheint auch von der Bundesebene aus noch nicht recht absehbar. Deshalb sollen die Länder auch durch die Neuregelung nicht verpflichtet, sondern das Examen am Laptop soll im Wege einer sogenannten Öffnungsklausel bloß möglich werden.

Um aber doch noch etwas Druck in die Umsetzung zu bringen, sieht der Entwurf vor, dass nach drei Jahren eine Evaluation durchzuführen ist und die Erfahrungen an das BMJV zu berichten sind. Dann will das Ministerium über weitere Schritte entscheiden.

Schon jetzt stellt die Begründung zum Entwurf fest, die elektronische Klausurbearbeitung entspreche "der heutigen Arbeitswelt deutlich mehr als die Abfassung handschriftlicher Texte". Daneben erhofft man sich im BMJV, mit der Neuregelung durch ein sauberes Schriftbild auch die Korrektoren zu entlasten. Außerdem soll vermieden werden, dass Korrektoren aus dem Schriftbild Rückschlüsse auf das Geschlecht der Bearbeiter ziehen können.

Das BMJV denkt mit dem Entwurf an eine Reform im großen Stil. Perspektivisch soll der gesamte Prüfungsprozess elektronisch ablaufen, von der am Laptop geschriebenen Klausur über den Versand an Korrektoren, die dortige Korrektur über den Weiterversand an das Prüfungsamt bis zur Akteneinsicht für die Prüflinge. Auch die Hilfsmittel wie Gesetzestexte oder Kommentare elektronisch zur Verfügung zu stellen, komme in Betracht. 

Der lange Weg bis zu E-Examen und Teilzeitreferendariat

Bis zum 21. August 2020 läuft noch die Stellungnahmefrist für die Verbände. Danach kann im nächsten Schritt aus dem Referentenentwurf ein Kabinettsentschluss der Bundesregierung werden. Wie gut der Entwurf aus dem BMJV mit den Ländern, die schließlich für die Umsetzung der Pläne aus dem Bundesministerium sorgen müssen, bereits abgestimmt ist, wird sich spätestens dann zeigen.

Jurastudenten und angehende Referendare werden sich für das Teilzeitreferendariat aber noch ein wenig gedulden müssen, auch wenn im Gesetzgebungsvorhaben alles einigermaßen glatt läuft. Der Entwurf sieht vor, den Ländern einen Vorlauf für die Neuorganisation von zumindest eineinhalb Jahren einzuräumen. Wann das Examen am Laptop für Jurastudierende Realität wird, hängt vom Engagement der einzelnen Länder bei der Umsetzung ab. Müssen tun sie erstmal nichts. Vielleicht lässt sich aber aus einem E-Examensangebot ein Standortvorteil bei der Suche nach Nachwuchsjuristen schmieden.

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