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Drei alternative Jobs mit Jura
Richterin, Staatsanwältin, Rechtsanwalt – das Jurastudium ist in Deutschland vor allem auf klassische juristische Berufe ausgerichtet. Dabei gibt es noch viele andere Jobs, für die ein abgeschlossenes Jurastudium ebenfalls sehr hilfreich ist. Je nach Tätigkeit reicht auch das erste Staatsexamen aus. In unserem Übersichtsartikel findet Ihr einen Überblick über verschiedene Jobmöglichkeiten für Diplomjuristen.
Heute stellen wir Euch drei Juristinnen und Juristen vor, die einen anderen, eher unkonventionellen Weg gegangen sind: einen Kommunikationsleiter, eine Legal Designerin und einen Drehbuchautor.
Irgendwas mit Kommunikation
Bernhard Kelz arbeitet als Leiter Kommunikation in einer Menschenrechtsorganisation. Nach dem zweiten Staatsexamen hat er zunächst zwei Jahre lang in einer kleinen Kanzlei im IT- und Medienrecht gearbeitet. "Leider kam es in den Verfahren häufig zu Vergleichen, ohne dass groß juristische Argumente ausgetauscht wurden", erinnert sich der Jurist. "Ich wollte lieber stärker an der Sache arbeiten und Probleme lösen, statt sie wegzuschieben."
Zu den Mandanten der Kanzlei zählten auch einige Kommunikationsagenturen, die Kelz nach Referenzen für Bewerbungen in der Unternehmensberatungsbranche fragte. Stattdessen erhielt er jedoch ein Stellenangebot: "Eine der Agenturen betreute Kunden aus stark regulierten Branchen, die skeptisch gegenüber Marketing und Social Media waren. Meine Aufgabe bestand darin, mich mit den Rechtsabteilungen über marketingrelevante Fachgebiete wie Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht auszutauschen, um Möglichkeiten im Spannungsfeld zwischen den Wünschen im Marketing und den juristischen Rahmenbedingungen zu finden."
Nach zwölf Jahren in diversen Agenturen ist Bernhard Kelz vor kurzem als Leiter der Kommunikation zur Organisation HateAid gewechselt, die sich für Menschenrechte im digitalen Raum einsetzt und sich auf gesellschaftlicher wie auf politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen engagiert. Gemeinsam mit seinem Team leistet er Aufklärungsarbeit zu Phänomenen digitaler Gewalt und berichtet über die Verfahren der Organisation. "Während meiner Zeit in den Agenturen und in diversen Weiterbildungen habe ich gelernt, wie man komplexe Themen leicht verständlich aufbereitet und kommuniziert, ohne sie verzerrend zu simplifizieren", erklärt Kelz. Das helfe ihm auch in seinem jetzigen Job. Sein Wissen als Jurist erleichtert die Abstimmung mit dem Team Policy & Advocacy, etwa wenn es um Grundsatzprozesse geht oder um Stellungnahmen zu Koalitionsverträgen und Gesetzesentwürfen.
Tipps für Jurastudierende
Sein Tipp für Studierende, die sich ebenfalls für einen Kommunikationsberuf interessieren: Nicht nur klassische Praktika oder Wahlstationen in Kanzleien oder bei Gericht absolvieren. "Sucht Euch Rechtsabteilungen mit einem hohen Anteil an Kommunikationsarbeit und lernt dort, wie man juristische Themen auch mit einfach verständlichen Worten beschreiben kann."
Legal Design: Rechtliche Themen für mehr Menschen zugänglich machen
Franziska Jensen war schon immer ein kreativer Mensch. "Durch mein Engagement bei der Refugee Law Clinic habe ich gemerkt, dass Rechtsthemen für viele nicht verständlich sind, vor allem, wenn auch noch Sprachbarrieren hinzukommen", berichtet die Jura-Absolventin der Uni Hamburg. Ihr Wunsch: rechtliche Prozesse und Informationen für mehr Menschen zugänglich zu machen. "In Seminaren, die ich an der Uni gegeben habe, bin ich mit der Idee bedürfnisgerechter Lösungsgestaltung in Kontakt gekommen, was mich zum Design Thinking gebracht hat."
Nach dem ersten Staatsexamen hat Franziska Jensen das Zertifikatsstudium an der School of Design Thinking des Hasso-Plattner-Instituts absolviert und zudem eine User-Interface-Design-Ausbildung gemacht. Sie hat sich intensiv mit dem Thema Legal Design beschäftigt, sich selbständig gemacht, Kollaborationen gestartet und Netzwerke geknüpft, um zu schauen, in welchem Umfeld sie ihre Fähigkeiten sinnvoll einsetzen könnte.
Seit eineinhalb Jahren ist sie nun bei der DigitalService GmbH des Bundes als Legal Designerin tätig. Im Team mit Entwicklern, Designerinnen und anderen Transformationsexperten entwickelt sie gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ein digitales Eingabesystem zur Erprobung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens. Darüber sollen Bürgerinnen und Bürger Klick für Klick selbstständig und ohne anwaltliche Hilfe Zahlungsklagen an teilnehmenden Gerichten einreichen können. "Meine Aufgabe im Team ist es, rechtliche und vor allem zivilprozessuale Anforderungen zu erklären und in bürgernahe Sprache zu übersetzen – möglichst ohne lange Sätze und Nominalstil, wie er oft im juristischen Umfeld verwendet wird", erklärt Jensen.
Für ihre Arbeit schaut sie sich viele Kommentare, Klagen und Urteile an und überlegt zusammen mit ihrem Team, wie sie die juristischen Informationen für juristische Laien verständlicher machen können. Dafür halten sie Kriterien, zum Beispiel das Sprachlevel, in einem Styleguide fest. "Ich muss immer verschiedene Perspektiven zusammenbringen: die von Jurist:innen und die von Bürger:innen ohne rechtliches Grundwissen. Schließlich müssen die Informationen bei aller Verständlichkeit weiterhin juristisch korrekt sein."
Tipps für Jurastudierende
Ihr Tipp für Jurastudierende, die in einem ähnlich transdisziplinären Bereich arbeiten wollen: Fortbildungen und Community-Events besuchen. Zum Thema Legal Design wird international auch vieles online angeboten.
Vom Anwalt zum Drehbuchautor
Nach dem zweiten Staatsexamen hat Andreas Föhr zunächst vier Jahre lang ganz klassisch als Jurist gearbeitet, unter anderem in einer Landesmedienanstalt und als Anwalt in einer Kanzlei. "Irgendwann in den 1990er-Jahren kam ein alter Freund auf mich zu, mit dem ich schon zu Schulzeiten kleine Sketche für Schulaufführungen geschrieben hatte. Er fragte, ob ich mit ihm Drehbücher für eine Sketch-Show im Fernsehen schreiben wollte", erinnert sich Föhr. Da ihm das Schreiben schon immer Spaß gemacht hatte, sattelte er um – zunächst nur abends und am Wochenende, später hauptberuflich. Zusammen mit seinem Kollegen verfasste er Drehbücher für eine Sitcom und für Serien, darunter "Im Namen des Gesetzes".
Darüber hinaus fing er an, Krimis zu schreiben. "Hier ist es natürlich wichtig, dass die juristischen Szenen richtig dargestellt werden", betont der Autor. "Da Strafrecht nicht zu meinen Schwerpunkten im Studium gezählt hat, frage ich hin und wieder eine Staatsanwältin oder eine Richterin, ob die Szenen, die ich beschreibe, auch korrekt sind." Darüber hinaus schaut Föhr bei Bedarf auch ins Gesetz und beschäftigt sich für bestimmte Sachverhalte in seinen Büchern mit den Neuerungen auf dem entsprechenden Rechtsgebiet. Beim Schreiben von Drehbüchern und Romanen käme es ihm zugute, dass es schon im Jurastudium darum ging, sich klar auszudrücken und gewandt mit Worten umzugehen, sagt der Autor. "Manchmal spiele ich in meinen Romanen mit dem Juristendeutsch als Stilmittel."
Tipps für Jurastudierende
Ob er die Arbeit als Drehbuch- oder Romanautor angehenden Juristinnen und Juristen empfehlen würde? "Es ist heute sicherlich weitaus schwerer als vor 30 Jahren, in der Branche Fuß zu fassen. Aber wer für diese Aufgabe brennt und gute Ideen hat, kann es probieren." Vielleicht zunächst erst einmal nebenberuflich, um zu schauen, wie es sich weiterentwickelt.
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