Karriere mit einem Staatsexamen

Welche Mög­lich­keiten haben Dip­lom­ju­risten?

von Dr. Franziska KringLesedauer: 5 Minuten

Volljuristen haben derzeit beste Karrierechancen, aber auch der Markt für Absolventen des Ersten Staatsexamens wird größer. Jobs gibt es unter anderem in Unternehmen, im Öffentlichen Dienst und im Ausland.

In Teil I unserer Reihe, welche Berufe man auch mit nur einem juristischen Staatsexamen ausüben kann, ging es um die Arbeit als Diplomjurist:in in der Anwaltskanzlei.

Doch auch außerhalb der Kanzleienwelt gibt es verschiedene Möglichkeiten für Abvolvent:innen des Ersten Staatsexamens, etwa in der Unternehmensberatung, in Unternehmen, im öffentlichen Dienst oder im Auswärtigen Amt. Los geht's!

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Diplomjuristen als Unternehmensberater

Ein Betätigungsfeld für Diplomjurist:innen ist die Unternehmensberatung. Bei den Big Four können sie vor allem in der Steuerberatung und in der internen Rechtsabteilung tätig werden.

"Eine juristische Ausbildung eignet sich sehr gut, um insbesondere die erworbenen analytischen Fähigkeiten einzubringen", sagt Anja Fellenberg, Head of Talent Acquisition bei Deloitte. Mögliche Tätigkeitsfelder bei Deloitte seien vor allem die Geschäftsbereiche Audit & Assurance, Financial Advisory sowie Tax & Legal.

Bei EY können Diplomjurist:innen in der Steuerberatung einsteigen, wenn sie schon erste Erfahrungen im Steuerrecht gesammelt haben, zum Beispiel durch den Schwerpunktbereich im Studium oder Praktika.

Bei KPMG können Jurist:innen mit einem Staatsexamen sowohl in der rechtlich eigenständigen Wirtschaftskanzlei KPMG Law als auch in den Bereichen Steuerberatung und Quality & Risk Management sowie in der internen Rechtsabteilung der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig werden.

Auch bei Deloitte Legal, EY Law und PwC Legal können Diplomjurist:innen unterstützende Aufgaben übernehmen. Bei EY Law können sie auch als Wirtschaftsjurist:innen eingestellt werden, also genauso wie Kandidat:innen mit einem LL.B. oder LL.M. Je nach Berufserfahrung steigen sie dann als Consultant oder höher ein.

Juristen in der Kommunikationsberatung

PR-Agenturen, insbesondere solche mit juristischem Fokus, haben ebenfalls Stellen für Diplomjurist:innen.

Die Litigation-PR-Agentur Consilium berät ihre Mandant:innen, also Dax-Konzerne, Unternehmen, Verbände und Behörden, in Sondersituationen und stellt dafür auch Diplomjurist:innen als Junior-Berater ein. "Schon mit Abschluss des ersten Staatsexamens haben Juristen Fähigkeiten erworben, die sie in der Kommunikationsberatung gewinnbringend einsetzen können. Dazu zählen logisches Denken, das Verständnis für komplexe Sachverhalte und ein gezielter sprachlicher Ausdruck", erklärt Geschäftsführer Martin Wohlrabe." Für Juristen, die Interesse an Kommunikation und Freude an Medien haben, kann die strategische Rechtskommunikation ein spannender Karriereweg sein", so Wohlrabe.

Auch Unternehmen suchen Diplomjuristen

Die Freude an Sprache und Medien kann man auch in anderen Jobs ausleben, zum Beispiel als Lektor:in in juristischen Verlagen oder als (Fach-)Journalist:innen. Viele Verlage suchen auch Jurist:innen als Produktmanager. Teilweise braucht man dafür beide Examina, oft reicht aber auch schon das Erste Staatsexamen.

Wer es klassischer mag, kann beispielsweise bei Versicherungen oder in den Rechtsabteilungen verschiedener Unternehmen arbeiten. Als Diplomjurist:in darf man zwar nicht vor Gericht auftreten, aber hat natürlich trotzdem das Fachwissen oder weiß zumindest, wie man sich dieses aneignet, um juristische Fragen zu beantworten. Absolvent:innen mit Kenntnissen im Legal-Tech-Bereich haben ebenfalls sehr gute Karrierechancen – nicht nur in Kanzleien. Als sogenannte Legal Engineers können sie in Unternehmen an der Schnittstelle zwischen IT- und Rechtsabteilung arbeiten und als "Übersetzer" fungieren.

Direkteinstieg in den öffentlichen Dienst

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Diplomjurist:innen gibt es außerdem im Öffentlichen Dienst. Die Bundesagentur für Arbeit etwa stellt sie als Quereinsteiger:innen ein, zum Beispiel als Fachkraft in der Rechtsbehelfsstelle, im Personalbereich oder in der Familienkasse. Jurist:innen werden aber auch in der Arbeitsvermittlung oder im Bereich der Leistungsgewährung eingesetzt.

Auch beim Zoll und bei der Bundeswehr ist der Direkteinstieg mit einem Staatsexamen möglich. Die Zollverwaltung schreibt gelegentlich solche Stellen extern aus, etwa in der Sachbearbeitung bei einem Hauptzollamt oder in einer Direktion der Generalzolldirektion. Die Einstellung erfolgt in der Regel vergleichbar mit der Laufbahn des gehobenen Dienstes. Bei der Bundeswehr kann man als Sachbearbeiter:in im Verwaltungsdienst in die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Dienstes einsteigen. Auch bei der Polizei gibt es verschiedene Sachbearbeiterstellen, unter anderem im Bereich des Allgemeinen Beamtenrechts.

Jobs für Diplomjurist:innen gibt es auch bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Die Einsatzmöglichkeiten in der DIHK betreffen eher Positionen, bei denen es nicht ausschließlich um die juristische Bewertung von rechtlichen Fragestellungen geht, sondern um Tätigkeiten im wirtschaftspolitischen Raum, der eine wichtige Rolle in der DIHK spielt", so DIHK-Pressesprecher Thomas Renner. Auch eine Tätigkeit in den einzelnen Industrie- und Handelskammern ist grundsätzlich möglich, diese schreiben ihre Stellen aber eigenständig aus.

Verschiedene Bundesministerien suchen ebenfalls regelmäßig Jurist:innen mit dem Ersten Staatsexamen als Sachbearbeiter:innen. Voraussetzung hierbei ist aber regelmäßig, dass man das Referendariat noch absolvieren möchte, aber noch auf einen Platz wartet.

Internationale Tätigkeiten

Wer gerne international arbeiten möchte, kann sich etwa für die einjährige Diplomatenausbildung beim Auswärtigen Amt bewerben. Auch hierfür reicht das Erste Staatsexamen aus. Wichtigere Auswahlkriterien sind sehr gute Sprachkenntnisse in Englisch und am besten auch Französisch, ein politisches Verständnis und zeitliche sowie vor allem örtliche Flexibilität. Im Regelfall wechseln Diplomat:innen alle drei bis vier Jahre ihren Posten.

Auch auf viele Jobs bei internationalen Organisationen oder der Europäischen Union (EU) kann man sich mit dem Ersten Staatsexamen bewerben. Mehr Wert wird auch hier auf Sprachkenntnisse und praktische Erfahrungen gelegt, zum Beispiel durch Auslandspraktika. Es gibt auch Einsteigerprogramme speziell für junge Absolvent:innen, zum Beispiel das “Young Professionals Programme” bei den Vereinten Nationen. Bei der EU kann man etwa in Brüssel, in anderen EU-Staaten oder in einer der Auslandsvertretungen auf der ganzen Welt arbeiten.

Viele NGOs bieten ebenfalls Jobs für Diplomjurist:innen an. Teilweise braucht man dafür beide Staatsexamina, aber wichtiger sind praktische Vorerfahrungen.

Wie sieht es mit dem Gehalt aus?

Gehaltstechnisch muss man im Vergleich zu den Einstiegsgehältern in Großkanzleien natürlich Abstriche machen.

Diplomaten etwa steigen als Beamte des Höheren Auswärtigen Dienstes mit der Besoldungsgruppe A13 ein, im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst ist man anfangs in Besoldungsgruppe A9 eingruppiert. Mit steigender Berufserfahrung und Verantwortung kann man dann höhere Besoldungsgruppen erreichen.

Die eigenen Interessen und Stärken kennen

Wer eine gänzlich andere Richtung einschlagen möchte, kann natürlich auch noch einen Bachelor in einem anderen Studiengang machen. Häufig kann man sich dabei einige Fächer aus dem Jurastudium einrechnen lassen. Beliebt sind außerdem Masterstudiengänge, etwa im wirtschaftlichen oder steuerrechtlichen Bereich.

Wichtig ist, dass man sich bewusst macht, wo die eigenen Interessen und Stärken liegen und sich dann gezielt weiterbildet und an seinen Schwächen arbeitet. Vielleicht muss man sich auch ein bisschen ausprobieren, bis man den Traumjob findet – aber das zahlt sich oft aus.

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