Die juristische Presseschau vom 28. Mai 2013: 20 Jahre Abtreibungsurteil – Fördergesetz für Migranten – schlechtes Juristendeutsch

28.05.2013

Heute vor 20 Jahren verkündete das Bundesverfassungsgericht sein zweites Abtreibungsurteil. Außerdem in der Presseschau: ein Gesetzesvorschlag zur Migrantenförderung, Ermittlungen wegen Untreue im Verteidigungsministerium, die Probleme von Jurastudierenden mit der deutschen Sprache und weshalb die Diebe von zwölf Leichen nun wegen Autodiebstahls verurteilt wurden.

20 Jahre Abtreibungsurteil: Zum zwanzigsten Jahrestag des Abtreibungsurteils des Bundesverfassungsgerichts führt die SZ (Ulrike Heidenreich, Wolfgang Janisch) ein Interview mit dem Rechtsprofessor und ehemaligen Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, der damals dem Zweiten Senat angehörte. Der Senat hatte entschieden, Abtreibungen seien aufgrund der Menschenwürde des ungeborenen Kindes nach wie vor "rechtswidrig", nach Beratung aber "straffrei". Laut Böckenförde habe das Urteil von 1993 den Schwerpunkt weg von der zumeist wirkungslosen Repression auf die Beratung und Orientierung am Lebensschutz verlagert. Dieses Konzept hänge gerade auch von Vorkehrungen zugunsten von Familien ab. Entsprechende Themen wie familienfreundliche Arbeitszeiten kämen jetzt in Bewegung, wenn auch nicht primär unter Lebensschutzgesichtspunkten, sondern wegen des demografischen Faktors.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Migranten-Fördergesetz: Um zu erreichen, dass türkische Zuwanderer und Migranten aus anderen Ländern künftig mehr Stellen im öffentlichen Dienst besetzen, hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, einen Gesetzesvorschlag zur Förderung von Migranten angekündigt. Nach einem Bericht der FAZ (Peter Carstens) sagte Kolat, es gehe nicht um eine starre Zuwandererquote, sondern um selbstbestimmte Ziele. Es müsse zudem überlegt werden, den Beamtenstatus auch für Bewerber ohne deutsche Staatsbürgerschaft leichter erreichbar zu machen.

Reinhard Müller (FAZ) hält den Vorschlag, mit dem das Beamtenrecht weiter aufgeweicht werde, für falsch: "Warum sollte man von einem ohnehin schon lange hier lebenden "Menschen mit Migrationshintergrund" nicht verlangen, dass er Deutscher wird, wenn er denn in den Staatsdienst will?"

Fracking: Nach Meldung von lto.de hat die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen einen Vorschlag vorgelegt, um das sogenannte Fracking, also die Gewinnung von unkonventionellem Erdgas mit Hilfe giftiger Chemikalien, zu verbieten. Hierzu solle zur das Bundesberggesetz geändert werden.

Trennbankengesetz: Rechtsanwalt Tim Oliver Brandi stellt auf dem Handelsblatt-Rechtsboard den kürzlich vom Bundestag verabschiedeten Entwurf eines Trennbankengesetzes vor. Unter anderem verbietet das Gesetz Einlagenkreditinstituten, deren Handelsaktivitäten bestimmte Schwellenwerte überschreiten, verschiedene spekulative Geschäftstätigkeiten bzw. erlaubt sie nur dann, wenn die betreffenden Geschäftsbereiche vom Einlagengeschäft getrennt und auf selbstständige Finanzhandelsinstitute übertragen werden. Als wichtigste Änderung gegenüber dem Regierungsentwurf sollen das Verbot spekulativer Geschäfte und die entsprechenden Ausnahmeregelungen erst ab dem 1. Juli 2015 gelten.

Rechtsstaatlichkeit in China: Zum Fall des deutschen Kunstspediteurs Nils Jennrich, der sich monatelang in China in Untersuchungshaft befand, führt das Handelsblatt (Frank Sieren) ein Interview mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Nachdem lange unsicher war, welche Vorwürfe gegen Jennrich überhaupt erhoben wurden, habe sie diesen Missstand in China deutlich angesprochen. Im Rahmen des deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialogs werbe man bei der chinesischen Seite zudem stets für mehr Unabhängigkeit der Justiz, für eine selbstständige Anwaltschaft und für die Rechte von Betroffenen in Verfahren.

Medizinprodukterecht: Im Zuge der Prozesse um mangelhafte Silikon-Brustimplantate hat nach der EU-Kommission auch die Berichterstatterin im EU-Parlament, Dagmar Roth-Behrendt, Reformvorschläge für das Medizinprodukterecht vorgelegt. Diese Vorschläge seien dazu geeignet, einem bewährten Zulassungssystem endgültig den Todesstoß zu versetzen, meint Rechtsprofessor Ulrich M. Gassner auf lto.de. Die Anlehnung des Regelungsvorschlags an das EU-Zulassungsverfahren für Arzneimittel negiere die elementaren Unterschiede zwischen beiden Produktwelten.

Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern: Rechtsprofessor Klaus J. Hopt befasst sich im Handelsblatt mit der Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, über die der Deutsche Juristentag 2014 diskutieren wird. Die gerichtlich eingeklagten Schadensersatzsummen seien mittlerweile astronomisch hoch; bei Banken habe der Bundestag jüngst die Anforderungen für Geschäftsleitung und Aufsichtsorgan im Kreditwesengesetz drastisch verschärft. Wünschenswert seien vor diesem Hintergrund Reformen mit Augenmaß.

Filmen beim Polizeieinsatz: Hessen stattet im Rahmen eines Pilotprojekts Polizisten mit einer so genannten "Bodycam" aus. Damit ist es den Beamten zukünftig in bestimmten Fällen gestattet, Personenüberprüfungen mitzufilmen. Auf diese Weise sollen Gewalttäter abgeschreckt, Beamte geschützt und die Beweissicherung für Gerichtsverfahren verbessert werden. focus.de berichtet.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. Mai 2013: 20 Jahre Abtreibungsurteil – Fördergesetz für Migranten – schlechtes Juristendeutsch . In: Legal Tribune Online, 28.05.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8809/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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