Die juristische Presseschau vom 21. März 2014: Schavan bleibt titellos – Spekulationsausflug der BVG beendet – Welfenschatz nicht geraubt

21.03.2014

Bundesbildungsministerin a.D., aber nicht mehr Frau Dr. Das VG Düsseldorf bestätigt den Entzug des Doktortitels Annette Schavans. Außerdem in der Presseschau: Ströbele zu Mietpreisbremse, die StA erklärt den Fall Hoeneß, keine Millionen-Nachzahlung der BVG, Limbach-Kommission zu Welfenschatz und kein Verständnis für ein dringendes Bedürfnis.

Thema des Tages

Annette Schavan: Der vor einem Jahr erfolgte Entzug des Doktortitels der früheren Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) ist nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf rechtmäßig. Die designierte Botschafterin im Vatikan ist, weil es sich um eine Direktpromotion handelte, damit ohne Hochschulabschluss.

Nach den Berichten von SZ (Roland Preuß), FAZ (Reiner Burger, Zusammenfassung) und Welt (Manuel Bewarder) sah das Gericht es als erwiesen an, dass Schavan bei ihrer 1980 an der Philosophischen Fakultät der Düsseldorfer Universität eingereichten Arbeit "Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" vorgetäuscht habe, dass es sich um eine in jeder Hinsicht eigenständige Leistung gehandelt habe. Rechtsprofessor Bodo Pieroth als Vertreter Schavans habe erfolglos unter Hinweis auf eine unveröffentlichte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts argumentiert, dass Vertrauensschutz und Rechtssicherheit eine Verjährung auch in solchen Fällen anzeigten, in denen diese nicht gesetzlich normiert sei. Auch sei nach Pieroth aus Verfassungsgründen eine weniger scharfe Sanktion geboten. Hierfür habe sich nach Ansicht des Gerichts jedoch kein Anhaltspunkt gefunden.

In einem vor der Urteilsverkündung verfassten Beitrag fasst Hermann Horstkotte für lto.de Verfahren und Problematik zusammen.

Nach Robert Preuß (SZ) seien von der Klägerin "die üblichen Ausreden in Plagiatsfällen" verwendet worden. Dass sich das Gericht einer Aufweichung wissenschaftlicher Standards verweigert habe, sei als Sieg der Wissenschaft zu werten. Marion Schmidt (zeit.de) hält das Urteil dagegen für eine Legitimierung der "Willkür der Unis im Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten." Für Torsten Krauel (Welt) schließlich hinterlässt das Urteil einen "üblen Nachgeschmack." Die "akademische Höchststrafe" für eine 34 Jahre zurückliegende Tat hätte das Gericht durch eine Rüge umgehen können.

Rechtspolitik

Sukzessiv-Adoption: Die Regierungskoalition hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sogenannte Sukzessiv-Adoptionen auch in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften ermöglicht. Der Entwurf dient der Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr, schreibt die SZ (Constanze von Bullion). Dieses "liegt nicht daran, dass in Karlsruhe jetzt alle schwul sind, sondern an der Substanzlosigkeit der Gegenargumente", kommentiert Constanze von Bullion (SZ). Weil es "Geheimnis" bleibe, warum einem Adoptivkind Schaden drohe, wenn es zu einem unterhaltspflichtigen Erwachsenen einen zweiten dazubekäme, dürfte auch ein Urteil zur Voll-Adoption von Homosexuellen ähnlich ausfallen.

Schiedsgerichte: Schiedsgerichte als Bestandteil des in Verhandlungen befindlichen Freihandelsabkommens zwischen der USA und der EU kritisiert Silvia Liebrich (SZ). Seien sie ursprünglich dazu entwickelt worden, Firmen vor willkürlichen und entschädigungslosen Enteignungen zu schützen, so dienten sie nun in den meisten Fällen dazu, unternehmerisches Risiko auf die Allgemeinheit abzuwälzen und böten "eine Spielwiese für kreative Anwälte, die die Justizindustrie längst erobert hat."

Mietpreisbremse: In einem Interview mit der taz (Andreas Wyputta) äußert der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) Kritik an dem von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zu einer Mietpreisbremse. Problematisch sei nach Ströbele vor allem die Befristung der Maßnahme auf fünf Jahre und dass die Bezugnahme auf den Mietspiegel in die Erhöhungen der letzten Jahre einfließen würden.

Bankenunion: Die Einigung zur europäischen Bankenunion, der gemeinsamen Aufsicht systemrelevanter Banken durch die Europäische Zentralbank, begrüßt Florian Eder (Welt) als mögliche "Blaupause für weitere Integrationsschritte." Durch das "dichte Netz gegenseitiger Kontrollen" von Staaten und Institutionen schreibe die gefundene Lösung "ihren Mitgliedern weder von vornherein noch auf ewig die Rolle von Gebern und Nehmern zu."

Jedermann-Konto: Vertreter des Europäischen Parlaments und des EU-Ministerrats haben sich auf die Einführung eines europaweiten "Kontos für jedermann" verständigt, schreibt die FAZ (Hendrick Kafsack). Als Voraussetzung für die Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben sollten Kunden künftig unabhängig von Einkommen und Vermögen die gängigen Konto-Funktionen zu einem möglichst niedrigen Preis nutzen können. In Deutschland bestehe derzeit nur eine Selbstverpflichtung der Banken, derartige Konten anzubieten.

Equal Pay Day: Auf den heutigen Freitag hat das Frauennetzwerk Business and Professional Women Germany den in der Bundesrepublik geltenden Equal Pay Day, das heißt den Tag, bis zu dem Frauen über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müssen, um rechnerisch auf das Durchschnittsgehalt eines Mannes zu kommen, berechnet. In ihrem Bericht zitiert die SZ (Sibylle Haas) Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) mit der Absicht, ein Rückkehrrecht auf Vollzeitstellen einzuführen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. März 2014: Schavan bleibt titellos – Spekulationsausflug der BVG beendet – Welfenschatz nicht geraubt . In: Legal Tribune Online, 21.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11404/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen