Die juristische Presseschau vom 3. November 2017: Schwie­rige Situa­tion für Air Berlin-Beschäf­tigte / LG Berlin zu Schon­frist für Mieter / Haft­be­fehl gegen Puig­de­mont

03.11.2017

Justiz

BGH zu Terrorverdächtigen: Die FAZ (Reinhard Müller) nimmt die Festnahme von Yamen A., der einen Anschlag geplant haben soll, zum Anlass, sich mit dem Straftatbestand der Bildung einer terroristischen Vereinigung auseinanderzusetzen. Da es keine Anhaltspunkte für die Einbindung in eine Vereinigung gebe, habe der Ermittlungsrichter den Haftbefehl auf den Tatverdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gestützt. Entscheidend für die Strafbarkeit als Terrorist im Sinne des Strafrechts sei die Organisationsstruktur. Der Fall zeige, dass das "rechtliche Instrumentarium handhabbar" ist und das Recht "keineswegs jedes Mal auf den Kopf gestellt werden" muss, wenn sich die Bedrohungslage ändert.

LG Berlin zu Schonfrist für Mieter: Wenn Mieter nach ihrer Kündigung kurzfristig ihre Mietrückstände begleichen, dann wird nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin von Mitte Oktober nicht nur die fristlose Kündigung wirkungslos, sondern auch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung. Da das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung bereits beendet worden sei, gehe die ordentliche Kündigung ins Leere, urteilte das Gericht in Abweichung zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die taz (Christian Rath) erläutert das Urteil und merkt an, dass es auch politische Initiativen zur Ausweitung der Schonfristregelung gebe. Eine Änderung der Rechtslage oder der Rechtsprechung könne Anreize für die Sozialbehörden schaffen, zur Vermeidung von Obdachlosigkeit einzuspringen.

LG Duisburg – Loveparade-Verfahren: Das Landgericht Duisburg hat eine für das Loveparade-Verfahren vorgesehene Schöffin als befangen abgelehnt. Das bestätigte ein Gerichtssprecher gegenüber focus.de (Axel Spilcker). Die Schöffin ist als städtische Bedienstete der angeklagten Bauamtsleiterin unterstellt und hat auch mit anderen Angeklagten zusammengearbeitet.

LG Stade – Massenrausch: Der Psychotherapeut Stefan S. hat am ersten Tag seines Prozesses gestanden, den Teilnehmern des von ihm geleiten Seminars verbotene Substanzen verabreicht zu haben. Die 27 Teilnehmer mussten bei dem Vorfall mit Krämpfen und Halluzinationen in verschiedene Krankenhäuser gebracht werden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Therapeuten illegalen Besitz und Weitergabe von Betäubungsmitteln vor. Es berichten die SZ (Peter Burghardt) und spiegel.de (Jean-Pierre Ziegler).

LG Frankfurt – Englischsprachige Handelskammer: Am Landgericht Frankfurt wird eine Kammer für Handelssachen eingerichtet, vor der bei Einverständnis beider Parteien in englischer Sprache verhandelt werden kann. Das melden die FAZ (Marcus Jung) und lto.de. Mit der Einrichtung der Kammer soll der Gerichtsstandort Frankfurt gestärkt werden, auch im Hinblick auf den kommenden Brexit.

Frauen beim IS: Obwohl nach Verfassungsschutzangaben rund ein Fünftel der Dschihadisten, die seit 2013 aus Deutschland nach Syrien und in den Irak ausgereist sind, weiblich sind, wurden in den letzten Jahren nur zwei Rückkehrerinnen verurteilt. Die Welt (Florian Flade) beschäftigt sich mit möglichen Ursachen. So würden über Frauen kaum Informationen vom IS gesammelt und verbreitet, die in Strafverfahren verwendet werden könnten. Außerdem bestehe deren Alltag oft aus "Putzen, Kochen und Sex", was nach Ansicht der Strafverfolger nicht für eine konkrete Unterstützung der Terrororganisation ausreiche. Kritiker warnen dagegen vor einem "sexistischen Strafrechtsverständnis".

Überwachungsanordnungen: Die Anzahl der Anordnungen zur Inhaltsüberwachung von Internetkommunikation ist im Jahr 2016 um 43 Prozent gestiegen, während die Zahl der Telekommunikationsüberwachung weitgehend gleich geblieben ist. Das geht aus der jährlichen Statistik des Bundesjustizamtes hervor. Als häufigster Überwachungsgrund dient weiterhin der Verdacht auf Betäubungsmitteldelikte. netzpolitik.org (Anna Biselli) stellt die Zahlen vor, und kritisiert, dass die Statistik keine Auskunft über die Anzahl der betroffenen Personen gibt.

Asylgerichtsverfahren: Gudula Geuther (deutschlandfunk.de) kommentiert die Meldung von gestiegenen Asylgerichtsverfahren. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter Robert Seegmüller habe darauf hingewiesen, dass dafür auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verantwortlich sei. Gegen ablehnende Bescheide vorzugehen sei zudem das gute Recht eines jeden Menschen. Der Rechtsstaat müsse dann die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. November 2017: Schwierige Situation für Air Berlin-Beschäftigte / LG Berlin zu Schonfrist für Mieter / Haftbefehl gegen Puigdemont . In: Legal Tribune Online, 03.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25363/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen