Die juristische Presseschau vom 14. September 2017: "Licht aus"-Aktion rechts­widrig / EuGH zu Gen­mais / Kata­la­ni­sches Unab­hän­gig­keits­re­fe­rendum

14.09.2017

Justiz

EuGH zu Genmais: EU-Staaten dürfen den Anbau gentechnisch veränderter Lebens- oder Futtermittel nicht eigenmächtig verbieten, wenn diese europaweit zugelassen sind. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden, wie u.a. taz (Christian Rath) und lto.de (Carsten Bittner) berichten. Dem Fall zugrunde lag ein italienisches Anbauverbot von MON-810-Mais, das Italien aufgrund gesundheitlicher Bedenken erlassen hatte. Das Gericht hielt dies für unzulässig, da MON 810 vor seiner EU-weiten Zulassung ausreichend wissenschaftlich getestet worden sei. Daher könne sich Italien auch nicht auf das "Vorsorgegebot" berufen, da dieses nur bei wissenschaftlichen Unsicherheiten greife. Das Anbauverbot selbst hob das Gericht indes nicht auf, da dies nur durch die EU-Kommission möglich sei. Auch in Deutschland besteht seit 2009 ein Anbauverbot für MON 810.

Rechtsprofessor Jose Martinez kritisiert das Urteil auf community.beck.de. Der EuGH hätte den Fall nicht schulmäßig im Sinne seiner traditionellen Harmonisierungsrechtsprechung entscheiden, sondern auf die besondere Ausnahmesituation des Falles reagieren sollen.

BGH zu Fluggastrechten: Fluggäste können Ansprüche wegen Verspätungen bei der Fluggesellschaft geltend machen, bei der sie den Flug gebucht haben, auch wenn diese den Flug nicht selbst durchgeführt hat. Dies entschied der Bundesgerichtshof, wie u.a. lto.de (Phillip Fabricius) berichtet. Hintergrund des Falles ist die Praxis von Fluggesellschaft, untereinander Flugzeuge zu vermieten. Als "ausführendes Luftfahrtunternehmen" im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung sei dessen ungeachtet nur dasjenige anzusehen, das dem Fluggast bei der Buchung erkennbar als Vertragspartner gegenübertrete.

OLG München – NSU: Das Oberlandesgericht München hat Haftbefehl gegen den Mitangeklagten André E. erlassen. Dies berichtet u.a. spiegel.de (Julia Jüttner). Nachdem die Bundesanwaltschaft ein hohes Strafmaß von zwölf Jahren Freiheitsstrafe gefordert habe, müsse von einer Fluchtgefahr ausgegangen werden. Die taz (Konrad Litschko) befasst sich aus diesem Anlass mit der Rolle und dem Prozessverhalten von André E. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft habe er als einziger der Mitangeklagten in vollem Umfang Kenntnis der Taten des NSU gehabt. Er habe sich von diesen nie distanziert, als einziger der Angeklagten habe er bis heute nicht ausgesagt.  

OVG Berlin-Brandenburg zu Leichen-Ausstellung: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat das von dem Anatom Gunther von Hagens konzipierte "Menschen Museum" am Alexanderplatz in Berlin gebilligt, in dem dieser plastinierte Leichen ausstellt. Dies melden u.a. taz und Tsp (Christoph Stollowsky). Die Exponate unterfielen nicht dem Bestattungsrecht, da die Präsentation auch wissenschaftlichen Zwecken diene. Voraussetzung für den Weiterbetrieb des Museums sei jedoch, dass zu jedem Exponat eine Einwilligung des Körperspenders präsentiert werden könne.  

BFH zu Brezelverkauf auf Oktoberfest: Brezelverkäufer auf dem Oktoberfest bieten keine "restaurantähnliche Leistung" an, weshalb für sie der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent anzuwenden ist. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden, wie lto.de meldet. Die Brezelverkäufer nutzten die Festzelte als "fremde Verzehrvorrichtungen". Dies zeige sich etwa daran, dass Gäste in den Zelten wohl nie bloß Brezeln konsumierten, überdies hätten die Brezelverkäufer kein eigenes Recht, Besuchern Plätze zuzuweisen.

EuGH – Flüchtlingsverteilung: Rechtsprofessor Martin Nettesheim kritisiert in der FAZ das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Flüchtlingsverteilung innerhalb der Europäischen Union. Die Maßnahmen zur Umverteilung berührten Kernfragen der staatlichen Souveränität und hätten daher einstimmig beschlossen werden müssen. Maßnahmen der Solidarität könnten nicht gegen den erklärten Widerstand der betroffenen Staaten umgesetzt werden, da es sich bei einer derartigen "Solidarität" in Wirklichkeit um Zwang handele. 

LG Freiburg – Fall Maria L.: Am dritten Verhandlungstag im Prozess um die Tötung der Studentin Maria L. vor dem Landgericht Freiburg haben mehrere Zeugen über das Verhalten des Angeklagten Hussein K. am Abend der Tat ausgesagt. Hierüber berichtet u.a. spiegel.de. Der Angeklagte habe in verschiedenen Bars und in der Straßenbahn mehrere Frauen belästigt, sei dabei jedoch entgegen seiner Aussage im Prozess nicht betrunken gewesen.

*Korrektur: Eine frühere Version sprach von einem "Strafbefehl", den das Oberlandesgericht München gegen André E. erlassen habe. Gemeint war natürlich "Haftbefehl". Danke an den Leser für den Hinweis!

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. September 2017: "Licht aus"-Aktion rechtswidrig / EuGH zu Genmais / Katalanisches Unabhängigkeitsreferendum . In: Legal Tribune Online, 14.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24517/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen