Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Februar 2017: Jour­na­listen abge­hört / Gesetz gegen Kin­der­ehen / Haft­be­fehl gegen mut­maß­li­chen Todes­fahrer

27.02.2017

Justiz

BGH zu Bausparverträgen: Die FAS (Corinna Budras) befasst sich mit den Hintergründen und Folgen des Grundsatzurteils des Bundesgerichtshofes zur Kündbarkeit von Bausparverträgen durch die Bausparkassen, das in der vergangenen Woche erging. Es kommt auch der Rechtsprofessor Tobias Tröger zu Wort. Seiner Meinung nach dürfe in bestehende Vertragsbeziehungen nur eingegriffen werden, wenn "eine ganze Branche in Schieflage gerät und dies Auswirkungen auf die Stabilität des Finanzsystems hat", wovon vorliegend aber noch keine Rede sein könne. In seiner Kolumne erklärt Hermann-Josef Tenhagen (spiegel.de), aus welchen Gründen das Urteil irritierend sei und gibt Tipps für Bausparer dazu, ihre Rendite zu retten.

BVerwG zu PKK-nahem Flüchtling: Der Lehrbeauftragte Carsten Hörich erläutert auf lto.de den Unterschied zwischen Ausweisung und Abschiebung. Bezug nimmt er dabei auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein anerkannter Flüchtling, der allerdings Unterstützer einer terroristischen Vereinigung ist, zwar ausgewiesen, aber nicht abgeschoben werden könne.

OLG München zu künstlicher Befruchtung: In einem kurzen Interview mit dem Spiegel (Dietmar Hipp) erklärt Dagmar Waltjens, Familienrechtlerin und Mitglied des Ethikrats, warum das Oberlandesgericht richtig urteilte, als es einer Witwe die Herausgabe des Spermas ihres verstorbenen Mannes durch eine Befruchtungsklinik verweigerte. In diesem Fall hatte der Mann eine Herausgabe nach seinem Tod vertraglich ausgeschlossen. Sei ein solcher Ausschluss nicht erfolgt, müsse das Sperma aber herausgegeben werden, das durch das Embryonenschutzgesetz geregelte Verbot sei verfassungswidrig.

LG Bielefeld zu Urheberrechtsschutz: Sprüche, die auf Twitter verbreitet werden, unterliegen nicht dem Urheberrechtsschutz, entschied das Landgericht Bielefeld in einer Erfolgsprognose für einen Prozesskostenhilfe-Antrag, wie lto.de meldet. Bei dem Antragsteller handelte es sich um einen Twitter-Nutzer, der behauptete, Verfasser des Spruchs: "Wann genau ist aus 'Sex, Drugs & Rock n Roll' eigentlich 'Laktoseintoleranz, Veganismus und Helene Fischer' geworden?" zu sein und der einer Postkarten-Vermarkterin vorwirft, aus diesem Spruch ohne seine Erlaubnis Profit geschlagen zu haben.

LG Coburg zu Abtretung der Kreditsicherung: Hat ein Versicherungsnehmer seine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer zur Kreditsicherung verwendet, so kann er sich nicht Jahre später auf sein Widerrufsrecht berufen, wie das Landgericht Coburg entschied. Ein solches Verhalten sei widersprüchlich und stelle somit eine unzulässige Rechtsausübung dar. Dies ergibt sich aus einer Meldung von lto.de.

LG Frankfurt zu versuchtem "Tyrannenmord": Die FAS (Raquel Erdtmann) berichtet über ein Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main, in dem eine Frau wegen des versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung an ihrem Partner, der sie über einen längeren Zeitraum hinweg misshandelte, zu sechs Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

AG München zum Mietrecht: Mieter sind grundsätzlich nicht berechtigt, auf ihren Balkonen oder Loggien Bäume zu pflanzen, wie das Amtsgericht München in einem am Freitag veröffentlichten Urteil entschied. Eine derartige Nutzung bewege sich nicht im Rahmen des nach der Verkehrsanschauung üblichen vertragsmäßigen Gebrauchs. Dies melden spiegel.de und lto.de.

VG Meiningen zur Flüchtlingsanerkennung: Syrische Asylbewerber können sich für ein volles Aufenthaltsrecht in Deutschland nicht mehr allein auf ihre Herkunft berufen, entschied das Verwaltungsgericht Meiningen laut einer Meldung von lto.de. Das Risiko, bei einer Rückkehr von syrischen "Sicherheitskräften" wegen vermeintlicher "oppositioneller Gesinnung" und der vorangegangenen illegalen Ausreise gefoltert oder misshandelt zu werden, sei nicht mehr groß genug. Es schloss sich damit den vorangegangenen Entscheidungen mehrerer Oberverwaltungsgerichte an.

BAG – Kündigungsschutz für Servicekraft: Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in einem Verfahren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Privathaushalt mit mehr als 15 Angestellten unter das Kündigungsschutzgesetz fällt und die Kündigung einer dort angestellten Servicekraft daher einer sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz bedurft hätte. Zu einer Entscheidung kam es nicht, weil die Parteien zu einem Vergleich kamen. Auf lto.de zeichnet Rechtsprofessor Michael Fuhlrott den Gang dieser Kündigungsschutzklage durch die Vorinstanzen nach, welche die grundlose Kündigung für rechtmäßig hielten.

BGH – Wechselmodell: Nach der Trennung teilen sich die Eltern idealerweise zu gleichen Teilen die Betreuung der Kinder auf. Am heutigen Montag entscheidet der Bundesgerichtshof über die Einklagbarkeit dieses sogenannten Wechselmodells auch gegen den Willen der Mutter des Kindes. Es berichtet die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch).

LG Stuttgart – Schleckerprozess: Vor dem Landgericht Stuttgart beginnt am 6. März der Prozess gegen den früheren Drogerie-Unternehmer Anton Schlecker und Angehörige seiner Familie, wegen unter anderem vorsätzlichem Bankrott, Beihilfe hierzu, Insolvenzverschleppung und Veruntreuung von Firmenvermögen. Es berichtet ausführlich die Samstags-SZ (Stefan Mayr/Klaus Ott).

LG Berlin – illegales Autorennen In dem Prozess um zwei Männer, die sich auf dem Kurfürstendamm in Berlin ein illegales Autorennen lieferten, bei dem ein Rentner zu Tode kam, wird für den heutigen Montag das Urteil erwartet. Die WamS (Christine Kensche) berichtet ausführlich über das nunmehr fünf Monate dauernde Verfahren. Die Richter könnten Rechtsgeschichte schreiben, so rbb-online.de (Ulf Morling), sollte es zu einer Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Mordes kommen.

StA Saarbrücken – Hakenkreuz-Orden: Das von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den AfD-Politiker Rolf Müller wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist laut einer Meldung von lto.de eingestellt worden. Müller habe zwar Orden mit Hakenkreuzen und Geldscheine aus der NS-Zeit in seinem Antiquitätengeschäft verkauft. Eine Strafbarkeit sei aber nicht ersichtlich, da er diese nur an einen kleinen Personenkreis verkauft und auch nicht in der Öffentlichkeit verwendet habe.

StA Heidelberg – "Amokfahrt": Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat gegen einen 35-jährigen Deutschen Haftbefehl wegen Mord, versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und versuchten Totschlags erlassen. Er soll mit einem Auto in eine Gruppe von Passanten gerast sein, wobei ein Mann getötet und zwei weitere Fußgänger verletzt wurden, meldet spiegel.de. Wie die Montags-SZ (Josef Kelnberger) berichtet, lieferte sich die Polizei einen Schlagabtausch über Twitter mit Islamfeinden und Verschwörungstheoretikern, die hinter der Tat einen muslimischen Flüchtling vermuteten.

Unternehmensjuristen: In einem allgemeinen Bericht über Unternehmensjuristen im Ressort "Beruf & Chance" geht die Samstags-FAZ (Marcus Jung) auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den sogenannten Syndikusanwälten und das 2016 in Kraft getretene "Syndikusgesetz" ein.

Peter Müller zur Verfassungsgerichtsbarkeit: Verfassungsrichter Peter Müller spricht in einem Interview mit verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) über den gegenwärtigen "Erosionsprozess", der mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie festzustellen sei. Der Druck auf die Verfassungsgerichtsbarkeit in vielen Ländern nehme zu, während die Akzeptanz für internationale Gerichte sinke. Als Ursachen hierfür nennt er einen Antagonismus, der zwischen Rechtsstaat und Demokratie aufgebaut werde, und eine "Tendenz zur Rechtsvergessenheit." In Deutschland lasse sich eine Infragestellung der Institution des Bundesverfassungsgerichts allerdings nicht erkennen, so Müller.

Familienrechtsanwältin: Die FAS (Friederike Kenneweg) poträtiert die Rechtsanwältin Sandra Runge. Die auf Familienrecht spezialisierte Anwältin schreibt seit einigen Jahren den Blog "smart-mama.de", in dem sie ihre rechtlichen Fachkenntnisse zu Schwangerschaft, Geburt und Familie teilt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Februar 2017: Journalisten abgehört / Gesetz gegen Kinderehen / Haftbefehl gegen mutmaßlichen Todesfahrer . In: Legal Tribune Online, 27.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22216/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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