Die juristische Presseschau vom 14. September 2016: Streit­bei­le­gung mit Renesse / Lesen am Steuer / Frei­han­dels­ab­kommen vor EuGH

14.09.2016

Die Klage gegen den Sozialrichter Jan-Robert von Renesse wurde zurückgezogen. Außerdem in der Presseschau: Dobrinth will Lesen am Steuer ermöglichen und der EuGH hat sich mit Freihandelsabkommen beschäftigt.

Thema des Tages

Richterdienstgericht Düsseldorf – von Renesse: Nach einer Verständigung mit dem Sozialrichter Jan-Robert von Renesse hat das NRW-Justizministerium seine Klage zurückgezogen. Renesse hatte sich für die Anerkennung der Rentenansprüche von Arbeitern aus NS-Ghettos eingesetzt und dabei seine Kollegen vom Landessozialgericht kritisiert. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) verklagte den Richter daraufhin wegen Rufschädigung der Justiz auf eine Geldbuße von 5.000 Euro. Dies stieß auf massive Kritik, insbesondere von Holocaust-Überlebenden. Nach der Verständigung, über deren Inhalt Stillschweigen vereinbart wurde, hat das Richterdienstgericht Düsseldorf das Verfahren eingestellt. Die Welt (Kristian Frigelj) und lto.de berichten.

In einem Kommentar bezeichnet Richard Herzinger (Welt) es als beunruhigend, "dass sich deutsche Justizvertreter und ein Justizminister nach jahrzehntelanger 'Aufarbeitung' des Holocaust bei einem solch sensiblen Thema derart hartherzig auf Paragrafen versteifen konnten."

Rechtspolitik

Rehabilitierung Homosexueller: Bundesjustizminister Heiko Maas hat bei der Auftaktveranstaltung des 71. Deutschen Juristentags angekündigt im Oktober einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung Homosexueller vorzulegen. Die auf Grundlage der bis 1994 bestehenden Rechtslage Verurteilten seien "einzig und allein wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt und bestraft" worden und müssten "bis heute mit diesem Strafmakel leben", zitiert die FAZ (Hendrik Wieduwilt) den SPD-Politiker. Auch lto.de und zeit.de berichten.

In einem Kommentar bezeichnet Susanne Höll (SZ) die Rehabilitierung als überfällig. Indem Maas sie jetzt angehe, rette er auch die Ehre der Politik. Jan Feddersen (taz) findet die Initiative löblich, jedoch werde "eine gesellschaftliche Debatte vermieden, die sich an alle richtet, die die Strafkultur gegen männliche Homosexuelle gut fanden und sie aufrechterhalten haben".

Heiko Maas/netzpolitik.org: Das Justizministerium hat nun zugegeben, das vertrauliche Protokoll der Sitzung des Bundestags-Rechtsausschusses zur Netzpolitik-Affäre an die Presse gegeben zu haben. Man sei fälschlich davon ausgegangen, dass das Protokoll öffentlich sei. Über die Vorgeschichte sowie die parteiübergreifende Kritik an Maas schreiben die SZ (Robert Roßmann), der Tsp (Jost Müller-Neuhof) und lto.de (Pia Lorenz).

Automatisiertem Autofahren: Verkehrsminister Alexander Dobrindt will nach einer Meldung der FAZ (Manfred Schäfers) die Nutzung von hoch- oder vollautomatisierten Fahrzeugen ermöglichen. Ein Gesetzentwurf, der zur Abstimmung an die anderen Ministerien verschickt wurde, sieht vor, dass das Straßenverkehrsgesetz geändert wird. Danach soll beispielsweise das Lesen im Auto erlaubt sein, wenn der Fahrer "wahrnehmungsbereit" ist und jederzeit die Fahrzeugführung übernehmen kann. Kommt es trotzdem zu einem Unfall, sollen sich Geschädigte an die Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters wenden können, die sich beim Hersteller schadlos halten kann.

Immobilienkredite: Die Union dringt auf weniger scharfe Regeln für die Vergabe von Immobilienkrediten. Mit der im März erfolgten Umsetzung der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie wurden die Auflagen für die Kreditvergabe verschärft. Kreditinstitute klagen inzwischen über zurückgehende Vertragsabschlüsse, was die Union dazu veranlasst hat, Bundesjustizminister Heiko Maas aufzufordern, das Gesetz auf seine Praxistauglichkeit zu überprüfen. Das Justizministerium erklärte, zunächst die uneindeutigen Rückmeldungen sowie die mit Kreditwirtschaft und Verbraucherzentralen geführten Gespräche auswerten zu wollen, so die FAZ (Manfred Schäfers).

Compliance-Richtlinien: Die Rechtsanwälte Konstantin von Busekist und Anne-Kathrin Gillic befassen sich in der FAZ mit Compliance-Richtlinien für Manager. Diesen droht eine Strafverfolgung, wenn sie nicht oder nicht genug in Compliance investiert haben. Anders als in anderen Ländern, in denen Auslegungsrichtlinien oder sogar das Gesetz selbst die Anforderungen Compliance-Maßnahmen festlegen, sei der erforderliche Inhalt von Compliance-Management-Systemen in Deutschland unklar. Politische Initiativen seien bisher im Sand verlaufen.

Präsident des Europäischen Rechnungshofes: Der deutsche Jurist Klaus-Heiner Lehne (CDU) wird neuer Präsident des Europäischen Rechnungshofes. Er löst den Portugiesen Vítor Caldeira ab. Lehne ist seit 2014 am Rechnungshof. Vorher war er seit 1994 Abgeordneter im Europäischen Parlament, schreibt die FAZ (Hendrik Kafsack).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. September 2016: Streitbeilegung mit Renesse / Lesen am Steuer / Freihandelsabkommen vor EuGH . In: Legal Tribune Online, 14.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20572/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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