Die juristische Presseschau vom 14. August 2015: Un­wür­di­ger Re­fe­ren­dar – Kost­spie­li­ger Fußball – Legale Pro­sti­tu­ti­on

14.08.2015

Das OVG NRW lässt einen vorbestraften Rechtsradikalen nicht zum Referendariat zu. Außerdem in der Presseschau: Rechnung für Polizeieinsatz, Plädoyer für die Legalisierung der Prostitution und ein falscher Moment für Redseligkeit.

Thema des Tages

OVG Münster zu Referendar: Einem mehrfach vorbestraften, rechtsradikalen Juristen hat das Oberverwaltungsgericht Münster die Zulassung zum Referendariat verweigert. Der Mann, Mitglied im Bundesvorstand der Partei "Die Rechte" erfülle gemäß dem Beschluss vom Mittwoch nicht die von § 30 Abs. 4 Nr. 1 Juristenausbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (JAG NRW) vorausgesetzte Würde, so der Bericht von lto.de. An dieser fehle es, wenn ein Bewerber selbst gegen das Recht verstoßen habe. Die Anzahl und Qualität der über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren angesammelten Verurteilungen lasse befürchten, dass der Bewerber nicht dem Berufsbild eines Volljuristen entsprechen werde. Dessen wesentlicher Inhalt sei die Verwirklichung des Rechts. Der Beschwerdeführer habe sich auch nicht auf die durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Freiheit der Ausbildungsstätte berufen können. Denn im Interesse einer geordneten Rechtspflege könne der Zugang zum juristischen Vorbereitungsdienst von persönlichen Voraussetzungen des Bewerbers abhängig gemacht werden.

Dass dabei keine der Vorstrafen des Bewerbers die vom JAG NRW genannte Regelgrenze von einem Jahr Gefängnis überschritt, das Gericht vielmehr in einer Gesamtschau von der mangelnden Würdigkeit des Mannes ausgeht, ohne dessen politische Ausrichtung zu erwähnen, hält Udo Vetter (lawblog.de) für "wenig sympathisch". Dem Bewerber sei nun der Weg in eine berufliche Zukunft versperrt. Dem Autor sind dagegen Volljuristen bekannt, die angesichts jugendlicher Vorstrafen "durchaus Glück" gehabt hätten.

Rechtsradikaler Mitarbeiter: Rechtsanwalt Ulf Weigelt erklärt auf zeit.de, unter welchen Voraussetzungen einem Mitarbeiter gekündigt werden kann, der wegen rechtsradikaler Äußerungen auffällt. Diese könnten eine personenbezogene Kündigung rechtfertigen, gleichzeitig müsse aber auch eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses durch die Äußerungen vorliegen. Im öffentlichen Dienst dagegen sei entscheidend, welche hoheitlichen Aufgaben der Betreffende erfülle.

Rechtspolitik

Einsatzkosten für Fußballspiele: Die Freie Hansestadt Bremen verschickt in der kommenden Woche den ersten Gebührenbescheid für Einsatzkosten der Polizei bei einem Bundesligaspiel. Adressat ist die Deutsche Fußballliga. Die taz (Christian Rath) befragt den bremischen Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) zu den Beweggründen, der gesetzlichen Grundlage und den Erfolgsaussichten einer möglichen gerichtlichen Auseinandersetzung zur Rechtmäßigkeit der Maßnahme.

Prostitution: In einem Kommentar begrüßt Sophie Elmenthaler (zeit.de) den Vorstoß von Amnesty International, sich künftig weltweit für die Legalisierung freiwilliger Prostitution einzusetzen. Kritiker stritten regelmäßig die Existenz freiwilliger Sexarbeit ab, übersähen aber, dass in einem kapitalistischen System Menschen ständig dazu gezwungen würden, "ihre Zeit und Gesundheit dem Geldverdienen zu unterwerfen".

Die SZ (Arne Perras) porträtiert Sail Shetty, den indischen Generalsekretär von Amnesty International.

Selektorenliste: In einem Kommentar ruft Martin Klingst (zeit.de) die Bundesregierung dazu auf, zumindest den Obleuten der Geheimdienstschüsse einen Einblick in die umstrittene Selektorenliste mit den Suchbegriffen der NSA zu gestatten. Unabhängig vom jetzigen Streit über eine mögliche Zustimmung aus den USA sollte sich die Regierung in der Angelegenheit nicht erst vom Bundesverfassungsgericht zwingen lassen und stattdessen den Parlamentariern die Erfüllung ihrer Kontrollaufgabe ermöglichen.

Flüchtlingsunterbringung: In einem Kommentar spricht sich Jan Hauser (FAZ) gegen den Vorschlag des Oberbürgermeisters von Salzgitter, Frank Klingebiel (CDU), nach dem Flüchtlinge auch in zu zu beschlagnahmenden leerstehenden Wohnhäusern gegen "Kostenerstattung" untergebracht werden könnten, aus. Auch eine befristete Enteignung wiege schwer. Das durch die Maßnahme zu erwartende "böse Blut" gefährde die Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben.

Streikbrecher: Nach Recherchen des Handelsblatts (Massimo Bognanni) praktizieren zwei "namhafte" Zeitarbeitsfirmen "Streikbruch als Geschäftsmodell", obwohl der Interessenverband der Branche dies in seinem Tarifvertrag ausdrücklich untersagt. Das Bundesarbeitsministerium arbeite derzeit an der Umsetzung eines Beschlusses aus dem Koalitionsvertrag und wolle noch in diesem Jahr einen Entwurf vorlegen, der Streikbruch durch besondere vertragliche Gestaltungen der Leiharbeitsfirmen unmöglich machen soll.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. August 2015: Unwürdiger Referendar – Kostspieliger Fußball – Legale Prostitution . In: Legal Tribune Online, 14.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16605/ (abgerufen am: 09.05.2024 )

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