Die juristische Presseschau vom 14. Januar 2014: Ritter Sport gewinnt – No zu "No-Spy" – Prokon angezeigt

14.01.2014

Das LG München I hat Ritter Sport Recht gegeben und den Schokoladentest der Stiftung Warentest deutlich gerügt. Außerdem in der Presseschau: doch kein "No-Spy"-Abkommen, EU-Leitfaden für Sozialleistungen, Selbstanzeigen-Reform, Prokon angezeigt, Scheinselbständigkeit beim Bundestag, US Supreme Court verhandelt Senatsblockade und ein Parkplatzstreit vor Gericht.

Thema des Tages

LG München I zu Ritter Sport: Das Landgericht München I hat die vom Schokoladenhersteller Ritter Sport gegen die Stiftung Warentest erwirkte einstweilige Verfügung in einem Eilverfahren zunächst bestätigt. Die Stiftung darf demnach nicht mehr behaupten, eine bestimmte Schokoladensorte enthalte entgegen den Angaben auf der Verpackung kein "natürliches", sondern ein "künstliches" Vanille-Aroma, berichten SZ (Daniela Kuhr) und taz (Svenja Bergt). Wie die FAZ (Henning Peitsmeier/Susanne Preuß/Thiemo Heeg) hervorhebt, habe der Richter die Stiftung dafür gerügt, dass sie in ihrem Testbericht die Gründe für ihre dem Testurteil zugrundeliegenden Erwägungen nicht offengelegt habe. Darin liege, so der Rechtsprofessor Roland Schimmel auf lto.de, gar eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung zur Warentests. Ungewissheiten im Tatsächlichen wie in der Rechtsauslegung müssten demnach benannt werden.

Der Krisenforscher Frank Roselieb rät der Stiftung im Interview mit der taz (Wolfgang Mulke), auf eine Berufung zu verzichten und die Testkriterien zu verbessern. Daniela Kuhr (SZ) meint, in dem nur auf den ersten Blick "lächerlich" wirkenden Streit gehe es neben der Frage, mit welchen Angaben geworben werden dürfte, auch um die Glaubwürdigkeit der Stiftung Warentest – weswegen diese auch bereits Berufung eingelegt habe. Svenja Bergt (taz) identifiziert als zugrundeliegendes Problem die Gesetzeslage, die es der Lebensmittelindustrie ermögliche "zu tricksen".

Rechtspolitik

Kein "No-Spy"-Abkommen: Wie die SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo) auf Seite Eins berichtet, droht das geplante "No-Spy"-Abkommen zwischen den USA und Deutschland zu scheitern. Nach Auskunft deutscher Regierungsmitglieder verweigerten die USA sogar die Zusage, auf das Abhören von Regierungsbeamten zu verzichten. Die Verbitterung in deutschen Verhandlungskreisen darüber sei groß. Offiziell dauerten die Verhandlungen aber noch an.

Heribert Prantl (SZ) findet die Haltung der USA "entlarvend". Sie zeige, dass die Nato-Verteidigungsgemeinschaft offenbar nicht die Verteidigung rechtsstaatlicher Grundsätze zum Ziel habe, die Terror-Abwehr nur als Vorwand für Spionage diene und sich die USA für "über dem Gesetz stehend" hielten.

Vorratsdatenspeicherung: Innen- und Justizministerium haben einem Bericht der FAZ (Günter Bannas) zufolge nach wie vor keine Einigung hinsichtlich des Vorgehens zur Vorratsdatenspeicherung erzielt; nun solle das Thema auf der Klausurtagung des Bundeskabinetts in der kommenden Woche besprochen werden.

Reinhard Müller (FAZ) kritisiert das "traditionelle Geplänkel" zwischen Innen- und Justizressort zur Vorratsdatenspeicherung, das nur "bestimmte Fangruppen" be-, aber "nicht der Sache" diene. Es sei "armselig, kaninchenhaft auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu warten". Vielmehr müsse der Gesetzgeber jetzt tätig werden und das wichtige "Instrument zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität" durch eine "geeignete und angemessene Regelung" umsetzen.

EU-Leitfaden für Sozialleistungen: EU-Sozialkommissar Lázló Andor hat am Montag den neuen Leitfaden der Kommission zur Arbeit im EU-Ausland vorgestellt, mit dem die Behörde auf die Diskussion über den Zugang zu Sozialleistungen und die Auswirkungen der Freizügigkeit reagieren wollte. Der Leitfaden fasse dabei allerdings bloß die geltende Rechtslage zusammen, berichtet die SZ (Daniel Brössler). Auch die FAZ (Nikolas Busse) und die taz (Eric Bonse/Barbara Dribbusch) berichten.

Roland Preuss (SZ) kritisiert, dass der angekündigten "Leitfaden gegen Sozialmissbrauch" allenfalls "Leitfransen" vorgebe. Die entscheidenden Fragen müssten "die europäischen Richter" beantworten. Günther Nonnenmacher (FAZ) rechnet erst nach den Europawahlen wieder mit "mehr Rationalität" in der Debatte. Ruth Berschens (Handelsblatt) findet die Diskussion "zum schämen". Das EU-Recht lasse es längst zu, das bloße Abkassieren von Sozialleistungen zu verhindern – nach einer individuellen Anspruchsprüfung. Barbara Dribbusch (taz) hält die praktischen Auswirkungen selbst eines die deutsche Gesetzeslage in Frage stellenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs für äußerst begrenzt und Hysterie deswegen für unangebracht.

Selbstanzeige im Steuerrecht: Die Regierungskoalition will die Regeln für die Selbstanzeige im Steuerrecht verschärfen. Das Handelsblatt (Donata Riedel) berichtet über eine der Zeitung vorliegende Empfehlung der Steuerabteilungsleiter von Bund und Ländern, wonach künftig unter anderem die Steuererklärungen der letzten zehn Jahre vollständig korrigiert werden müssen, um Straffreiheit zu erlangen. Im Interview mit dem Handelsblatt (Axel Schrinner) bestätigt der Rechtsanwalt Herbert Olgemöller das nach wie vor große Interesse von Mandanten an Selbstanzeigen.

Unterdessen plädiert der Rechtsanwalt Karsten Randt im "Finanzmarkt und Geldanlage"-Teil der FAZ dafür, steuerrechtliche Selbstanzeigen nicht weiter zu komplizieren, sondern vielmehr Anreize zur einfachen Korrektur von Falschangaben zu setzen. Nicht bei jedem Fehler in einer Steuererklärung handele es sich um bewusst verschwiegenes Auslandsvermögen. Klaus Volk (Handelsblatt) sieht den Staat dagegen in der "Moralfalle" – einerseits wolle er das Steuergeld kassieren, andererseits schaffe er Wege, die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige auszuhebeln.

Verbraucherschutz: Das Handelsblatt (Silke Kersting) stellt die Erwartungen der Verbraucherschützer an den neuen Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) zusammen. Prioritär sei "die Ausgestaltung der digitalen Welt, die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und die Einführung der Marktwächter", wird Holger Krawinkel, Leiter Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband, zitiert.

EU-Kompetenzgerichtshof: Auf lto.de wendet sich der Rechtsprofessor Joachim Wieland gegen die CSU-Forderung nach der Einrichtung eines EU-Kompetenzgerichtshofs. Viel wichtiger sei die politische Kontrolle der EU-Institutionen durch Opposition, Medien und Bevölkerung.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. Januar 2014: Ritter Sport gewinnt – No zu "No-Spy" – Prokon angezeigt . In: Legal Tribune Online, 14.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10649/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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