Die juristische Presseschau vom 13. September 2016: Jutta Lim­bach ver­s­torben / Themen des DJT / Schau­spiel in Neu­bran­den­burg

13.09.2016

Am Samstag verstarb Jutta Limbach, frühere Präsidentin des BVerfG. Außerdem in der Presseschau: Themen des heute beginnenden Juristentags, Schauspiel bei Auschwitz-Verfahren und StA auf Abwegen.

Thema des Tages

Jutta Limbach: Wie erst am gestrigen Montag bekannt wurde, verstarb am vergangenen Samstag die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach im Alter von 82 Jahren. Die Berlinerin wurde 1971 auf eine Professur an der Freien Universität berufen und übernahm 1989 für die SPD das Amt der Justizsenatorin in der damals noch geteilten Stadt. 1994 wechselte sie in den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts und wurde kurz danach in Nachfolge Roman Herzogs Präsidentin des Gerichts. Nach Erreichen der Altersgrenze wirkte sie als Präsidentin des Goethe-Instituts sowie als Vorsitzende der nach ihr benannten Limbach-Kommission, die Rückgabeansprüche von Raubkunst prüft. Nachrufe auf die Verstorbene, in denen vor allem ihre Tätigkeit als Verfassungsrichterin gewürdigt wird, bringen SZ (Heribert Prantl, erweiterte Online-Version), lto.de (Pia Lorenz), Tsp (Jost Müller-Neuhof), taz (Christian Rath), FAZ (Reinhard Müller) und Hbl (Heike Anger).

Rechtspolitik

Heiko Maas/netzpolitik.org: netzpolitik.org (Markus Beckedahl) setzt sich gegen den Eindruck zur Wehr, in seiner Berichterstattung zur Verantwortlichkeit für die letztlich eingestellten Landesverratsermittlungen mit dem Bundesjustizministerium gekungelt zu haben. Die Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls des Rechtsausschuss habe üblicher journalistischer Vorgehensweise entsprochen. Die mediale Konzentration auf den bereits als "Lügenminister" titulierten Heiko Maas (SPD) lenke im Übrigen von Verantwortlichkeit anderer Stellen für die Ermittlungen sowie Kenntnis hiervon ab.

DJT – Öffentlichkeit im Strafverfahren: Die strafrechtliche Abteilung des am heutigen Dienstag in Essen beginnenden 71. Deutschen Juristentags (DJT) behandelt "Öffentlichkeit im Strafverfahren". Das hierzu von Rechtsprofessor Karsten Altenhain erarbeitete Gutachten referiert die taz (Christian Rath). Altenhain fordere einen besseren Schutz prominenter Beschuldigter gegen öffentliche Vorverurteilungen durch Berichterstattungen. So könnte die Namensangabe durch Staatsanwaltschaften vom Einverständnis Betroffener abhängig gemacht werden. "Teils heftige Thesen zum Verhältnis von Justiz und Öffentlichkeit" aus dem Gutachten von Ministerialrätin Ina Holznagel behandelt die FAZ (Reinhard Müller). So kranke die Ausbildung von Pressesprechern von Justiz und Polizei an einer zu starken Konzentration auf Öffentlichkeitsarbeit zu Lasten presserechtlicher und grundrechtlicher Belange. Sie laufe damit Gefahr, eine aktive Rolle in der medialen Inszenierung von Ermittlungs- und Strafverfahren einzunehmen. Der Journalistenkollege "und frühere Richter" Heribert Prantl betone dagegen die rechtsstaatliche Funktion von Öffentlichkeit als Teil des Fair-Trial-Prinzips. Auch der Kommentar von Christian Bommarius (BerlZ) stellt darauf ab, dass "Medienöffentlichkeit nicht per se ein Gegner sein muss", vielmehr das strafprozessuale Prinzip der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung absichern könne.

DJT - Entgeltliche Daten: Für vermeintlich kostenlose Internet-Angebote bezahlen Nutzer häufig mit persönlichen Daten. Ein für den DJT erstelltes Gutachten von Rechtsprofessor Florian Faust behandelt daher unter anderem mögliche Konsequenzen, wenn derartige Verträgen fortan als "entgeltlich" eingestuft würden. Die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet ebenso wie die FAZ (Hendrik Wieduwilt).

DJT – Arbeitsrecht: Die Beiträge der FAZ (Hendrik Wieduwilt) und das Hbl (Frank Specht) gehen auf das arbeitsrechtliche DJT-Gutachten von Rüdiger Krause, Direktor des Göttinger Instituts für Arbeitsrecht, ein. Nach diesem sollten leichte Lockerungen der gesetzlichen Ruhezeit zwar zulässig, das allgemeine Arbeitsstättenrecht aber auch auf mobile Heimarbeit anwendbar sein.

DJT – Elternschaft: Das familienrechtliche Gutachten von Rechtsprofessor Tobias Helms behandelt nun auch die FAZ (Alexander Haneke). Bei den abgegebenen Regelungsempfehlungen zur rechtlichen, biologischen und sozialen Elternschaft "schwingt die Grundfrage" der Möglichkeit von mehr als zwei rechtlichen Eltern mit. Sie sei 2003 vom Bundesverfassungsgericht verneint worden, was aber nicht eine erhöhte Verantwortlichkeit weiterer Personen ausschließe.

DJT – Personengesellschaft: Über eine Reform des Personengesellschaftsrechts diskutiert der DJT am morgigen Mittwoch. Rechtsprofessor Klaus J. Hopt stellt in einem Gastbeitrag für das Hbl die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform in Frage. Einzelreformen, etwa bei Freiberuflergesellschaften, die als Personenhandelsgesellschaften zulässig sein sollten, seien dagegen "überlegenswert".

Grenzen: Reinhard Müller (FAZ) stellt im Leitartikel seiner Zeitung fest, dass Deutschland Grenzen habe. Dies gelte auch für den sozialen Rechtsstaat, denn der Staat könne "nur im Rahmen seiner Fähigkeiten Leistungen gewähren", ebenso wie "die Menschenwürde, der oberste Wert unserer Verfassung, in seiner konkreten Ausgestaltung von den Kapazitäten des Staates" abhänge. In diesem Sinne gebe es "durchaus Obergrenzen, allerdings nur bewegliche", auch bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Um seine Souveränität zu wahren, müsse Deutschland im Wege einer Parlamentsentscheidung darüber finden können, "wen es ins Land lässt."

Leistungsschutzrecht/Telekomrechtsrahmen: Am morgigen Mittwoch will Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft, Pläne für ein EU-weit geltendes Leistungsschutzrecht vorstellen. Nach den bereits bekannten Inhalten solle hierdurch die Verhandlungsmacht von Verlegern, vor allem gegenüber Onlineplattformen gestärkt werden, schreibt die SZ (Thomas Kirchner). Die geplante Richtlinie zur Harmonisierung des Urheberrechts wird auch vom Hbl (Ruth Berschens) erwähnt. Im Zentrum dieses Berichts steht jedoch der gleichfalls für Mittwoch angekündigte neue EU-Telekomrechtsrahmen. Nach diesem sollen durch Investionsanreize und gelockerte Kartellbestimmungen der Netzausbau vor allem in ländlichen Gebieten gefördert werden.

Datenschutzanpassungsgesetz: Ein mittlerweile zurückgezogener Entwurf eines Datenschutzanpassungsgesetzes aus Bundesministerium des Inneren versuchte eine Bestimmung des gesetzgeberischen Änderungsbedarfs infolge der EU-Datenschutzgrundverordnung. Rechtsprofessor Thomas Hoeren (beck.blog.de) formuliert nun "einige Ideen aus der Perspektive des Elfenbeinturms zum weiteren Vorgehen".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. September 2016: Jutta Limbach verstorben / Themen des DJT / Schauspiel in Neubrandenburg . In: Legal Tribune Online, 13.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20549/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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