Die juristische Presseschau vom 12. Mai 2016: Ende der Stö­rer­haf­tung? / Ver­ur­tei­lungen Homose­xu­eller auf­heben? / VW-Vor­stand ent­lasten?

12.05.2016

Betreiber offener WLANs sollen künftig seltener für Dritte haften. Außerdem in der Presseschau: Maas will Verurteilungen nach § 175 StGB a.F. aufheben, der NSU-Prozess könnte sich dem Ende neigen und VW will seine Vorstände entlasten.

Thema des Tages

Störerhaftung: Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs im Jahr 2010 gilt in Deutschland bislang die "Störerhaftung", aufgrund derer Anschlussinhaber für Rechtsverstöße Dritter verantwortlich gemacht werden können, die das Netz etwa zu illegalen Downloads nutzen. Die Bundesregierung hat sich nun darauf geeinigt, diese pauschale Haftung von Betreibern offener WLANs im privaten und nebengewerblichen Bereich abzuschaffen. Entgegen früherer Pläne soll der Haftungsausschluss auch nicht von der Nutzung eines Passworts oder einer "Vorschaltseite" abhängig sein. Dies berichten spiegel.de (Fabian Reinbold) und die FAZ (Hendrik Wieduwilt).

Guido Bohsem (SZ) begrüßt die Vorteile für den Verbraucher und hofft auf ein Ende der Abmahnindustrie. netzpolitik.org (Ingo Dachwitz) warnt allerdings, es blieben möglicherweise weiterhin Rechtsunsicherheiten durch Abmahnungen. Reinhard Müller (FAZ) meint, das Grundrecht des (geistiges) Eigentums müsse auch weiterhin geschützt werden.

Die taz (Christian Rath) berichtet zudem von dem Verfahren vor dem Landgericht München I, in dem sich ein Ladenbesitzer und Betreiber eines offenen Kunden-WLANs gegen eine Abmahnung durch Sony wehrt. Das Gericht legte den Fall dem EuGH vor, dessen Gutachter im März zur klaren Ansicht kam, als "privilegierter Diensteanbieter" dürfe der Betreiber nicht haftbar gemacht werden. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Rechtspolitik

§ 175 StGB a.F.: Bundesjustizminister Maas hat angekündigt, die Verurteilungen von Männern aufzuheben, die aufgrund des bis 1994 geltenden § 175 Strafgesetzbuchs wegen sexueller Handlungen mit anderen Männern erfolgt sind, berichtet der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte zuvor in einem Rechtsgutachten festgestellt, der Staat müsse die Betroffenen rehabilitieren.

Leiharbeit/Werkverträge: Eine Übersicht über die wesentlichen Punkte der Neuregelungen zur Leiharbeit und zu Werkverträgen, auf die sich die Große Koalition geeinigt hat, geben nun die SZ (Thomas Öchsner) und die taz (Gareth Joswig).

Strafbarkeit des Drogenkonsums: Der ehemalige Bundesgerichtshof-Richter Wolfgang Nešković spricht sich in einem Gastbeitrag in der SZ gegen die Kriminalisierung von Cannabis-Konsum aus. Die Prohibitionspolitik habe versagt, und das "Strafrecht als Mittel der Gesundheitspolitik" sei "nicht nur ineffektiv und kontraproduktiv, sondern schlicht inhuman".

Integration: Privatdozent Ulrich Jan Schröder bezweifelt in einem Gastbeitrag in der FAZ, dass die Integration von Ausländern durch gesetzgeberische Maßnahmen gelingt. Die "Integration in die Gesellschaft" sei "nicht Integration in den Staat". Und wenn letzterer auf eine Umerziehung der Ausländer zu den Werten der deutschen Mehrheitsgesellschaft abzielen sollte, wäre dies "verfassungsrechtlich mehr als fragwürdig".

Gewährleistungsrecht: Mit einem Gesetzentwurf soll das Gewährleistungsrecht zugunsten weiterverarbeitender Handwerker geändert werden, damit die Kosten der Nacherfüllung künftig derjenige tragen soll, der das mangelhafte Material zu vertreten hat – also in der Regel die Hersteller. In einem Gastbeitrag im Hbl kritisiert der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks Holger Schwannecke den Vorstoß als unzureichend, weil die Produzenten ihre Haftung in den AGB ausschließen könnten.

Rundfunkgebühren: Im Streit um die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkgebühren kündigen mehrere Gegner, die im März mit ihrer Klage beim Bundesverwaltungsgericht gescheitert sind, eine Verfassungsbeschwerde an, meldet lto.de.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. Mai 2016: Ende der Störerhaftung? / Verurteilungen Homosexueller aufheben? / VW-Vorstand entlasten? . In: Legal Tribune Online, 12.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19327/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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