Die juristische Presseschau vom 7. Juni 2016: Bremen igno­riert Schul­den­b­remse / SLS zu Anti-Terror-Paket / Ent­wurf für BND-Reform

07.06.2016

Bremen verstößt gegen die Schuldenbremse, nun drohen Sanktionen. Außerdem in der Presseschau: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zum Anti-Terror-Paket der Regierung, Reker-Attentäter trennt sich von Anwalt und Pläne zur BND-Reform.

Thema des Tages

Schuldenbremse/Bremen: Die im Zuge der Föderalismusreform 2009 eingeführte sogenannte Schuldenbremse steht vor ihrer ersten großen Bewährungsprobe. Nach Bericht des Hbl (Donata Riedel) hat der Prüfausschuss des Stabilitätsrats, einem Gremium der Finanzminister der Länder und des Bundes, im aktuellen Haushaltsplan der Freien Hansestadt Bremen eine mehr als doppelt so hoch wie erlaubte Nettokreditaufnahme festgestellt. Sollten sich die Minister in einer Sitzung am morgigen Mittwoch dem Votum des Ausschusses anschließen, drohen Bremen "zusätzliche Maßnahmen". Diese könnten die Kürzung oder Streichung von Konsolidierungshilfen bedeuten. Bremen selbst hatte bereits Anfang Mai einen Verstoß gegen die Schuldenbremse angekündigt und dies mit außergewöhnlichen Belastungen durch die Versorgung von Flüchtlingen begründet.

In einem separaten Kommentar betont Donata Riedel (Hbl), dass die nun in Frage stehenden Hilfen keine Kredite seien. Wer derartige "Gaben annimmt, darf nicht einfach ohne Rücksprache verkünden, dass er seinen Teil der Vereinbarung, das Sparen, nun ... nicht mehr zu erfüllen gedenkt." Diese "Chuzpe der Bremer" verdiene eine "harte Reaktion".

Rechtspolitik

Anti-Terror-Paket: In einem Gastkommentar für das Hbl kritisiert die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den Entwurf eines neuen Anti-Terror-Pakets, der in dieser Woche vom Bundestag beraten wird. Obwohl etliche nach den Anschlägen vom 11. September erlassene Regelungen vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt wurden, setze "die Bundesregierung erneut auf Gesetze". Hierbei sollten in rechtsstaatlich fragwürdiger Weise verdeckte Ermittler auch zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden dürfen. "Am kritischsten" seien jedoch die im Entwurf vorgesehenen Regelungen zum internationalen Informationsaustausch. Dessen Voraussetzung, die Beachtung "grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien", werde von den Kooperationspartnern unterschiedlich gehandhabt. Deutschland brauche "eine Renovierung der Sicherheitsarchitektur", zu der etwa eine Regierungskommission 2013 "umfangreiche Vorschläge" gemacht habe, die jedoch "ignoriert werden".

Sexualstrafrecht: Die auf dem Deutschen Anwaltstag in Berlin kontrovers geführte Debatte über Sinn und Notwendigkeit einer Verschärfung des Sexualstrafrechts zeichnet lto.de (Pia Lorenz) nach. Besondere Beachtung finden hierbei die von Bundesrichter Thomas Fischer und der Bundestagsabgeordneten Renate Künast (Grüne) vertretenen Positionen.

Whistleblowing: Eine ab Juli geltende Neufassung des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz bietet Whistleblowern in zahlreichen Geschäftsbereichen Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung. Mitarbeiter von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zählen nach einer Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags jedoch nicht zu den durch die Regelung Privilegierten, schreibt die SZ (Markus Zydra). Somit könnten auch weiterhin Enthüller wie die mutmaßliche Lux-Leaks-Quelle angeklagt werden.

BND-Reform: netzpolitik.org (Andre Meister) veröffentlicht den der Plattform zugespielten "Entwurf eines Gesetzes zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes". Der Entwurf baue auf dem existierenden BND-Gesetz auf und erweitere es.

AfD: Die taz (Sabine am Orde) befragt Rechtsprofessor Joachim Wieland zur möglichen Verfassungswidrigkeit bestimmter Punkte des jüngst beschlossenen Grundsatzprogramms der AfD.

Teilhabegesetz: In einem Gastbeitrag für das Feuilleton der FAZ fasst Rechtsanwalt Oliver Tolmein die vor allem von Betroffenenverbänden formulierte Kritik an dem von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vorgestellten Entwurf eines Bundesteilhabegesetzes zusammen. Ein zentraler Punkt betreffe die im Entwurf vorgesehene Einkommens- und Vermögensanrechnung von Behinderten, die auch Sozialleistungen beziehen. Daneben bestehe ein grundsätzlicher Dissens darüber, "was Inklusion und Teilhabe sein und wie sie wirken sollen." Nach dem Kommentar von Barbara Dribbusch (taz) muss es bei der Lösung dieser Fragen "Zugeständnisse geben, von allen Seiten". Entscheidend und sozialstaatlich geboten sei eine "Ermöglichungspolitik für Menschen mit schweren Einschränkungen".

Immobilienkredite: Seit Ende März gilt auch in Deutschland die EU-Wohnmobilienkreditrichtlinie. Nach Darstellung der FAZ (Judith Lembke/Michael Psotta) im Finanzen-Teil des Blattes erschweren die neuen Bestimmungen und die durch sie erhöhte Wahrscheinlichkeit für Banken, wegen Falschberatung in Regress genommen zu werden, den Hauskauf für zahlreiche Verbraucher. Der Europaabgeordnete Sven Giegold (Grüne) plant derweil nach Bericht des Hbl (Ruth Berschens) eine Beschwerde bei der EU-Kommission wegen "nicht korrekter" Umsetzung der Richtlinie. So sei im deutschen Recht die verpflichtende Offenlegung der Berechnungsgrundlagen sogenannter Vorfälligkeitsentschädigungen unterblieben.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. Juni 2016: Bremen ignoriert Schuldenbremse / SLS zu Anti-Terror-Paket / Entwurf für BND-Reform . In: Legal Tribune Online, 07.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19503/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

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