Die juristische Presseschau vom 6. Januar 2016: Köln und Rechts­staat / Pflicht- und Siche­rungs­ver­tei­di­gung / Vor­sicht bei Zettel-Tes­ta­ment

06.01.2016

Nach den Ereignissen in Köln ruft Merkel laut nach dem Rechtsstaat, Prantl guckt ins StGB. Außerdem: Vorratsdaten für Verfassungsschutz, Pflicht- und Sicherungsverteidiger, privilegierte Steuerberater und ein Justizopfer macht Karriere bei Netflix.



Thema des Tages

Übergriffe in Köln: Auch Tage nach den Übergriffen auf Frauen in Köln und andernorts nimmt die Befassung der Politik mit dem Thema noch einmal zu. So fordere Bundeskanzlerin Merkel eine "harte Antwort des Rechtsstaates" und schnelle Ermittlungen ohne Ansehen der Herkunft, wie u.a. spiegel.de meldet. Auch Bundesinnenminister de Maizière und Bundesjustizminister Maas verurteilten die Taten, Maas forderte auch einen besseren Schutz in den Städten, so berichtet etwa zeit.de. Wie die Welt (Claudia Kade/Manuel Bewarder) berichtet, die die Ereignisse und Reaktionen ausführlich zusammenfasst, übte der Bund Deutscher Kriminalbeamte Kritik an der Kölner Justiz: Zwar gebe es Verbesserungen, noch immer stehe die Stadt aber nicht in Verdacht, mit "atemberaubend hohen Strafen" abschreckend auf Straftäter einzuwirken. In Köln wird laut FR (Claudia Hauser u.a.) über intensive Videoüberwachung, verstärkte Polizeipräsenz und Aufenthaltsverbote für die kommenden Karnevalstage nachgedacht.

Heribert Prantl (sueddeutsche.de) sieht die klare Antwort auf die vielen offenen Fragen im Gesetz: im Strafgesetzbuch, im Aufenthaltsgesetz und im Asylgesetz. Sollten die Täter Flüchtlinge gewesen sein, sei das "Asylrecht nicht blind", es stimme einfach nicht, dass kriminelles Verhalten keinen Einfluss auf Asylverfahren hätte; dies stelle auch keine nationale Schärfe dar, vielmehr sehe dies bereits die Genfer Flüchtlingskonvention vor. Gemäß dem Art. 33 Abs. 2 könne derjenige Flüchtling sich auf die Vergünstigungen der Konvention nicht berufen, "der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde".

Mit Deutschlands "bekanntestem Jugendrichter" Andreas Müller spricht focus.de (Julian Rohrer) über die Vorfälle. Dass der Rechtsstaat funktioniere, müsse sich darin zeigen, dass "Verdächtige nach Antrag der Staatsanwaltschaft schnell in Untersuchungshaft landen und dass Anklagen so schnell wie möglich erhoben werden". Weiter erläutert focus.de unter Berufung auf den Anwalt und Lehrbeauftragten für Strafrecht Jesko Baumhöfener die derzeit in Frage kommenden Delikte: Raub und sexuelle Nötigung. Baumhöfener rechne indes nicht damit, dass jemandem ein konkreter Tatnachweis belegbar sei.

Rechtspolitik

Gesetzesänderungen 2016: lto.de (Marcel Schneider) stellt wichtige Gesetzesänderungen für das Jahr 2016 vor: Geschlechterquote für Führungspositionen, allgemeiner Rechtsanspruch auf Eröffnung eines einfachen Girokontos, verpflichtende Einführung der sog. IBAN, Einschränkungen der Möglichkeit für vertragliche Befristungen in der Wissenschaft, Pflegereformen und Anhebung von Hartz-IV- und BaföG-Sätzen.

Vorratsdaten und Verfassungsschutz: Nachdem im Dezember vergangenen Jahres bekannt geworden war, dass Bayern beabsichtigt, die gesammelten Vorratsdaten auch dem Landesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung zu stellen, hatte der Bundestagsabgeordnete Jan Korte (Die Linke) eine diesbezügliche Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. netzpolitik.org (Tomas Rudl) informiert über die Antwort aus dem Justizministerium: Danach liege eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Datenweitergabe an den Verfassungsschutz als Gefahrenabwehrbehörde in § 113c Abs. 1 Nr. 2 des Telekommunikationsgesetzes, auch wolle man sich nicht in Ländersachen einmischen.

Residenzpflicht für Asylbewerber: Wie die Welt (Sabine Menkens) meldet, schlägt der Hauptgeschäftsführer des deutschen Städte- und Gemeindebundes eine Residenzpflicht für "anerkannte" Asylbewerber vor, "um sie dort anzusiedeln, wo wir sie dann auch haben wollen"; diese solle dann mit einer entsprechenden Beschäftigungsförderung einhergehen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. Januar 2016: Köln und Rechtsstaat / Pflicht- und Sicherungsverteidigung / Vorsicht bei Zettel-Testament . In: Legal Tribune Online, 06.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18029/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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