Die juristische Presseschau vom 3. Juni 2016: Straf­recht als ultima ratio / WLAN für Alle / BVerfG zu Hartz IV

03.06.2016

Der Anwaltstag diskutiert über die ultima ratio-Funktion des Strafrechts. Außerdem in der Presseschau: Bundestag lockert WLAN-Störerhaftung und BVerfG verwirft Vorlage zu Hartz IV.

Thema des Tages

DAT zum Strafrecht: Der diesjährige Deutsche Anwaltstag widmet sich dem Strafrecht. Laut lto.de (Pia Lorenz) beschrieb Bundesjustizminister Maas in seiner Eröffnungsrede die Kriminalpolitik als "Gemütsmesser für die Gemütsverfassung der Nation". In Zeiten von Angst stehe die Freiheit nicht hoch im Kurs. Der Minister antwortete auch auf einen Vorwurf des Vorsitzenden des Anwaltsvereins Ulrich Schellenberg zum Strafrecht als Steuerungsmittel in der Wirtschaftspolitik. Dieser hatte gemahnt, dass das Strafrecht kein Allheilmittel sein dürfe. Maas verteidigte dagegen das Wirtschaftsstrafrecht, so die FAZ (Hendrik Wieduwilt) und HBl (Heike Anger). Dass das Wirtschaftsstrafrecht wachse, sei "Kehrseite einer verhängnisvollen ökonomischen Ideologie, die sich in den letzten Jahrzehnten Bahn gebrochen hat", sagte der Minister.

Reinhard Müller (FAZ) stellt fest, dass das Strafrecht seine Funktion als ultima ratio längst verloren hat. Die Politiker seien "Getriebene"; über Wahlerfolge entscheide auch die Griffigkeit von Parolen. Als Justizminister müsse man dann eben neue Gesetze vorweisen, so Müller. Anders als Justizminister Maas sieht Müller jedoch, auch wenn das Strafrecht nicht mehr das letzte Mittel ist, nicht die Gefahr des Abgleitens in autoritäre Strukturen. Polizei und Justiz müssten sich dann allerdings mit allen möglichen Dingen beschäftigen, und nicht mit den wesentlichen.

Rechtspolitik

Störerhaftung: Der Bundestag hat das Zweite Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes verabschiedet, das unter anderem die Verbreitung frei zugänglicher WLAN-Netze fördern soll. Dazu soll die so genannte Störerhaftung, die die Betreiber eines WLAN-Netzes bisher für die widerrechtliche Nutzung durch Andere haften lässt, gelockert werden. Den Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen und Die Linke ging der Gesetzentwurf nicht weit genug, sie forderten eine deutlichere Abschaffung der Haftung, berichtet spiegel.de. Die Bundestagsdebatte hat netzpolitik. org (Ingo Dachwitz) verfolgt. Er fasst auch die Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums und die Debatte im Netz zum jetzt verabschiedeten Gesetz zusammen. tagesschau.de fasst die wichtigsten Fragen und Antworten zur Neuregelung zusammen.

Markus Beckedahl (netzpolitik org) befürchtet, dass die Situation für Hotspot-Betreiber auch mit dem neuen Gesetz unsicher bleibt und wirft dem Gesetzgeber vor, die wesentliche Änderung lediglich in die Gesetzesbegründung, nicht aber in den Gesetzestext geschrieben zu haben.

Ersatzfreiheitsstrafe: Die Justizminister befassen sich auf ihrer Frühjahrstagung mit der Frage der Ersatzfreiheitsstrafe. zeit.de (Frida Thurm) zitiert aus einem Beschlusspapier, nach dem "eine etwaige Neugestaltung der Ersatzfreiheitsstrafe einer eingehenden und vertieften Prüfung bedarf". Die Bundesländer wollen, so heißt es in dem Beitrag weiter, deshalb eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einrichten, die unter anderem "weitere Verbesserungen des bestehenden Instrumentariums zur Haftvermeidung" prüfen soll, darunter "auch neue Vorschläge sowohl zur Anordnung als auch zur Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen".

Erbschaftsteuer: Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes müsste eigentlich bis Ende Juni ein neues Gesetz zur Erbschaftsteuer verabschiedet sein. Bisher aber können sich die Koalitionsfraktionen hier nicht einigen, berichtet die taz (Tanja Tricarico). Es geht um die Frage, wie Firmenerben besteuert werden, ohne dass damit Arbeitsplätze beziehungsweise der Fortbestand der Firma gefährdet wird. Um zu einer Einigung zu kommen, soll jetzt laut SZ (Cerstin Gammelin) Finanzminister Wolfgang Schäuble als Schlichter fungieren.

Prostituierendenschutzgesetz: Parallel zur Ersten Lesung des Gesetzentwurfes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tatigen Personen im Bundestag haben sich verschiedene Verbände erneut gegen die geplante Neuregelung ausgesprochen, so die taz (Simone Schmollack).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. Juni 2016: Strafrecht als ultima ratio / WLAN für Alle / BVerfG zu Hartz IV . In: Legal Tribune Online, 03.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19541/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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