Die juristische Presseschau vom 31. Oktober bis 2. November: Di Fabio will für Bayern klagen / Keine Helmut-Sch­midt-Partys / 100 Euro für 80 Euro

02.11.2015

Sollte Bayern wegen der Flüchtlingspolitik gegen den Bund klagen, würde Ex-Verfassungsrichter Udo Di Fabio das Land vertreten. Außerdem in der Presseschau: OLG Hamm gegen Helmut-Schmidt-Raucherpartys, "Partei" spielt mit Parteienfinanzierung.

Thema des Tages

Transitzonen: Union und SPD konnten sich am Wochenende nicht auf die Einführung von Transitzonen für Asyl-Schnellverfahren an der Grenze einigen. Die Montags-SZ (Daniela Kuhr) schildert die Verhandlungen. Die Samstags-BadZ (Christian Rath) erklärt, worum es beim Streit um die Transitzonen geht. Im Interview mit dem Spiegel (Dietmar Hipp) befürwortet Rechtsprofessor Daniel Thym die Einrichtung von Transitzonen und Einreisezentren, um das Asylverfahren zu beschleunigen. Zudem könne man den Familiennachzug begrenzen und weitere Leistungskürzungen in Betracht ziehen: "Da ist noch Luft nach unten."

Einreiseverweigerung und Rückschiebung: Der Akademische Rat Roman Lehner erläutert auf verfassungsblog.de die Voraussetzungen des Dublin-Verfahrens im Zusammenhang mit der aktuell diskutierten Einreiseverweigerung gegenüber Flüchtlingen. Es sei zumindest eine "Kurz-Prüfung" vorzunehmen, um festzustellen, welcher Staat für das Asylverfahren zuständig ist. An diesen Staat müsse der Flüchtling dann im vorgesehenen Verfahren überstellt werden, wozu das Einverständnis des jeweiligen Staates erforderlich ist. Rechtsprofessor Daniel Thym schildert auf verfassungsblog.de, welche (derzeit eher symbolischen) Möglichkeiten es gebe, abgelehnte Asylbewerber aufgrund alter Rückübernahmeabkommen zum Beispiel nach Österreich zu überstellen oder Anträge von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen abzulehnen, die sich längere Zeit in der Türkei aufgehalten haben. Deutschland müsse aber EU-Recht einhalten, um ein Vorbild für andere Staaten zu sein. Der emeritierte Rechtsprofessor Kay Hailbronner hält es in der Montags-Welt dagegen für möglich, dass Deutschland EU-Recht ignoriert, solange andere EU-Staaten ihre Dublin-Verpflichtungen nicht erfüllen. Deutschland sei durch Unionsrecht "nicht gehindert, die Kontrolle über irreguläre Masseneinwanderung an seinen Grenzen als unverzichtbaren Teil seiner Souveränität auch durch Einreiseverweigerungen an den Binnengrenzen wiederherzustellen."

Bayerische Klage gegen den Bund: Der Spiegel (Melanie Amann u.a. - spiegel.de-Meldung) erwähnt in einem längeren innenpolitischen Bericht, dass Ex-Verfassungsrichter Udo Di Fabio bereit wäre, die bayerische Verfassungsklage gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu vertreten.

Rechtspolitik

Suizidhilfe: Am Freitag dieser Woche wird der Bundestag über die Regelung der Suizidhilfe entscheiden. Der Spiegel (Cornelia Schmergal - spiegel.de-Zusammenfassung), Focus (Daniel Goffart/Kurt-Martin Mayer) und die WamS (Matthias Kamann) erläutern umfassend die Rechtslage rund um Sterbe- und Suizidhilfe und stellen die vier zur Abstimmung stehenden Gesetzentwürfe dar. Den größten Zuspruch unter den Parlamentariern genieße derzeit der Entwurf zur Einführung einer Strafbarkeit der "geschäftsmäßigen" Suizidhilfe. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ihre Zustimmung hierzu signalisiert.

Die Ethikrat-Vorsitzende Christiane Woopen sieht im Focus-Interview (Kurt-Martin Mayer - focus.de-Zusammenfassung) derzeit keinen dringenden Rebelungsbedarf bei der Suizidhilfe und empfiehlt stattdessen ein Gesetz zur umfassenden Prävention.

Der Arzt Stephan Sahm begründet auf der "Gegenwart"-Seite der Montags-FAZ, warum es unethisch wäre, wenn Ärzte Patienten beim Suizid unterstützen. "Das Angebot selbst macht die Handlung unfrei, denn sie signalisiert ein Gutheißen." Ein Teil des Textes wurde im Feuilleton der Montags-FAZ ein weiteres Mal abgedruckt. Dort geht es um eine statistische Untersuchung, derzufolge in Oregon die Suizide zunahmen, nachdem die Beihilfe zum Suizid liberalisiert wurde.

Kopftuch: Jost Müller-Neuhof (Sonntags-Tsp) kritisiert den Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU), der trotz des jüngsten Verfassungsgerichts-Urteils an pauschalen Kopftuchverboten für Beamtinnen festhalten will. "Mit dieser Haltung sind die Henkels in Berlin dem anatolischen Patriarchen näher als den Frauen und Töchtern, die er angeblich unterdrückt."

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 31. Oktober bis 2. November: Di Fabio will für Bayern klagen / Keine Helmut-Schmidt-Partys / 100 Euro für 80 Euro . In: Legal Tribune Online, 02.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17398/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

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