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Nur einer von fünf hält die Klausurbewertung für objektiv
Laut den Ergebnissen der mittlerweile sechsten bundesweiten Absolventenbefragung des Bundesverbands rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) steht fest: Nur einer von fünf Jura-Absolventen hält die Klausurbewertung für objektiv. Außerdem wünschen sich die Befragten, dass das Studium von Anfang an viel mehr auf die Examensklausuren fokussiert und das Leitbild vom "Einheitsjuristen" hinterfragt wird. Stabil bleibt zudem der Trend, dass nur jeder Dritte das Jurastudium in seiner jetzigen Form weiterempfehlen würde.
Der BRF möchte als einer von vielen Stakeholdern das Jurastudium reformieren. Um dafür Argumente zu sammeln, fragt er in regelmäßigen Abständen frisch gebackene Jura-Absolventen, was sie im Nachhinein am Jurastudium ändern würden. Mitmachen bei der aktuellen Umfrage von Februar bis September 2024 durften alle, die seit dem 1. Januar 2022 mindestens ihre schriftlichen Examensklausuren geschrieben haben. So möchte der BRF sicherstellen, dass nur die Bewertungen von solchen Kandidaten einfließen, die dem Ende des Studiums nah und deren Eindrücke noch frisch sind. Die Ergebnisse, die LTO vorab vorliegen, wird der BRF zeitnah auf seiner Webseite veröffentlichen. Insgesamt haben 1.835 Personen teilgenommen.
Verdeckte Zweitkorrektur soll Bewertungsfrust abschwächen
Dieses Mal besonders deutlich kritisierten die Befragten die Klausurbewertung im Studium. Satte 81,63 Prozent halten diese nämlich für subjektiv, intransparent und teilweise sogar für willkürlich. Auch die Zweitkorrektur kann den Frust darüber nicht verhindern, weil die Absolventen den Eindruck haben, dass sich der Zweitprüfer in den meisten Fällen ohnehin dem Erstprüfer anschließt. Der BRF folgert daraus: Es braucht endlich die verdeckte Zweitkorrektur, die auch schon Dr. Carl-Wendelin Neubert in seinem Gastbeitrag für die LTO gefordert hat.
Außerdem sind sich drei Viertel der Befragten einig, dass das Jurastudium von Anfang an viel mehr auf das Examen und insbesondere dessen Klausuren ausgerichtet werden müsse. Es vermittle nämlich kaum Systemverständnis, dieses hätten die meisten der Befragten erst so richtig vom Repetitor gelernt. Rund 55 Prozent fordern sogar, das Jurastudium wesentlich klausurlastiger zu gestalten und dafür gegebenenfalls auf Hausarbeiten zu verzichten, bei deren Bearbeitung ohnehin immer mehr Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.
Zweistufige Juristenausbildung ja, Einheitsjurist nein
Der BRF hat die diesjährige Befragung nach seinen Erkenntnissen aus den vorherigen Befragungen noch etwas feiner justiert und zum Beispiel auch danach gefragt, was die Absolventen vom Leitbild des Einheitsjuristen halten. Hierzu sind die Zahlen besonders spannend: Während knapp drei Viertel aller Befragten dieses Ausbildungsziel bis zur Zwischenprüfung (in der Regel im vierten Semester) für sinnvoll erachten, sind es nur noch 47,3 Prozent der Umfrageteilnehmer, wenn es um das Referendariat und den Weg zum zweiten Staatsexamen geht.
Immerhin: Die zweistufige Juristenausbildung aus Jurastudium und anschließendem Vorbereitungsdienst hält die Mehrheit für eine gute Idee. Weniger rosig in Zeiten des Fachkräftemangels liest sich aber folgende Zahl: Nur 52,92 Prozent der Befragten streben an, direkt nach dem Jurastudium ins Referendariat gehen zu wollen. Als Alternativen beliebt sind demnach die Arbeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kanzlei (16,84 Prozent), ein Master-Abschluss (8,83 Prozent) sowie eine Promotion (8,82 Prozent).
Niveau in Examensklausuren akzeptabel, aber zu wenig Zeit
Den aktuellen BRF-Zahlen zufolge hält eine äußerst knappe Mehrheit (50,57 Prozent) der Befragten das fachliche Niveau der Examensprüfungen für angemessen. Problematisch sei aber die Zeit (üblicherweise fünf Stunden pro Klausur), die zur Bearbeitung der Aufsichtsarbeiten vorgesehen ist, finden 53 Prozent der Befragten. Dabei kritisiert ein Viertel von ihnen, dass das Niveau der Examensklausuren zwischen den Bundesländern zu unterschiedlich sei.
Die Absolventen würden den Pflichtfachstoffkatalog gerne entschlacken und haben ein klares Bild davon, was ihrer Einschätzung nach weg könnte: Römische Rechtsgeschichte (rund 51 Prozent), Internationales Privatrecht (rund 42 Prozent) und Staatshaftungsrecht (rund 35 Prozent) sind Top-Kandidaten für mögliche Streichungen. Fächer mit historischem oder spezialisiertem Charakter flögen also zuerst raus, wenn es nach den Umfrageteilnehmern ginge, obwohl knapp über 60 Prozent von ihnen diese eigentlich für essenziell halten.
Weitere detaillierte Zahlen zu diesen und vielen anderen spannenden Aspekten finden sich in der 120 Seiten starken BRF-Auswertung, auf die wir nach deren Veröffentlichung hier verlinken werden.
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