Schlecht geführte Arbeitsgemeinschaften, immer noch kein E-Examen
Das Referendariat ist nicht nur während der Corona-Pandemie sehr belastend. Auch langfristig gibt es Einiges, was sich ändern sollte. Das haben Umfragen unter den Referendarinnen und Referendaren am Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf sowie am Oberlandesgericht (OLG) Köln ergeben, die LTO vorliegen. Durchgeführt haben diese die jeweiligen Bezirkspersonalräte. Sie setzen sich aus Vertreter:innen der örtlichen Personalräte an den Landgerichten zusammen, welche einmal jährlich von den Referendar:innen der jeweiligen Stammdienststellen gewählt werden.
Dass den Umfrageergebnissen entsprechend gehandelt wird, ist jedenfalls nicht ausgeschlossen: Vertreterinnen und Vertreter der Bezirkspersonalräte vom OLG Köln und OLG Düsseldorf berichten LTO, dass im Sommer ein Treffen mit dem Justizministerium samt Minister Peter Biesenbach (CDU) stattgefunden hat. Eine Pressesprecherin des Justizministeriums bestätigt das Treffen, über das sich die Personalräte gegenüber LTO sehr erfreut zeigten.
Zum Inhalt des diesjährigen Gesprächs haben die Bezirkspersonalräte hauptsächlich die Punkte gemacht, die auch die aktuellen Umfragen als Problemschwerpunkte aufgedeckt haben: Die Qualitätssicherung in den Arbeitsgemeinschaften, die Digitalisierung im Vorbereitungsdienst sowie der Umfang der Aufsichtsarbeiten im zweiten Examen.
AG-Leitende didaktisch schulen
Gegenüber LTO bemängeln Vertreterinnen und Vertreter der Personalräte zunächst, dass die meisten Referendar:innen in ihrer Ausbildung in Kontakt mit AG-Leitenden kämen, die "weder didaktisch noch fachlich eine angemessene Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen gewährleisten können". So fehle es an einem strukturierten "Lehrplan", der den Referendar:innen die Abschätzung ermöglicht, was in den Klausuren von ihnen gefordert wird und welcher Vorbereitung es bedarf.
Natürlich gebe es auch gute und engagierte AG-Leitende, wissen die Personalräte. Da aber keine Qualitätskontrolle abgesehen von Evaluationsbögen nach Abschluss einer Arbeitsgemeinschaft (AG) vorgesehen sei, würden die AG nicht selten mit veralteten Fällen und Klausuren gestaltet und keine oder nur schlechte Materialien ausgegeben.
Dass sich diese Problematik in der Pandemie noch deutlich verschärft habe, zeigen die Umfragen ebenfalls: Eine Vielzahl der Befragten kritisierte den erschwerten fachlichen Austausch mit den AG-Leitenden und deren teils mangelnde technischen Kenntnisse. Außerdem seien kaum Anpassungen des Lehrkonzepts an das Online-Format vorgenommen worden, sodass Referendar:innen auch virtuell reinem Frontalunterricht ausgesetzt gewesen seien, so die Bezirkspersonalräte.
Im Gespräch mit Biesenbach sei über entsprechende Lösungsmöglichkeiten gesprochen worden. So bestätigt das Justizministerium gegenüber LTO, dass die Schaffung von drei Stellen für hauptamtliche AG-Leitungen – also eine je OLG-Bezirk - geplant sei. Ein entsprechender Antrag der Regierungsfraktionen sei gestellt, aber noch nicht vom Parlament verabschiedet.
Diese Pläne begrüßen die Bezirkspersonalräte gegenüber der LTO zwar, das sei zur Verbesserung der Situation aber nicht ausreichend. Erforderlich sei darüber hinaus, dass die AG-Leitenden insbesondere didaktisch geschult und (womöglich finanzielle) Anreize für sie geschaffen werden, um die AG auch gut vor- und nachzubereiten. Auch sei ein einheitliches Unterrichtskonzept, das den Examensstoff ausreichend abdeckt, wünschenswert.
E-Examen in NRW in Planung
Dass es in Sachen Digitalisierung des Referendariats schneller gehen sollte, finden die Personalräte ebenso wie die Befragten auch unabhängig von der Pandemie höchst relevant. Ein digitales "E- Examen", das am PC oder Laptop geschrieben wird, gibt es in NRW noch nicht. Dem Ministerium der Justiz zufolge werde an der Einführung gearbeitet, allerdings bestünden praktische Schwierigkeiten bei der Umsetzung.
Wann das E-Examen nun kommen soll, kann das Justizministerium noch nicht definitiv mitteilen, wie eine Pressesprecherin gegenüber LTO erläuterte. Sie bestätigte jedoch, dass es Überlegungen gibt, auch nach Beendigung der Corona-Pandemie digitalen Unterricht für die Referendarinnen und Referendare anzubieten. Hierzu sollen Ausbildungskonzepte erarbeitet werden. Was genau diese beinhalten sollen, sei noch nicht festgelegt.
Examensklausuren zu umfangreich?
Des Weiteren kritisieren die Bezirkspersonalräte, dass die Belastung im Referendariat in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen sei. So sei es die Wahrnehmung eines Großteils der Referendar:innen wie auch von manchem AG-Leitenden, dass die Komplexität der Examensklausuren stetig ansteigt. Damit habe sich die nicht nur psychische Belastung ebenfalls deutlich spürbar erhöht. Viele seien mangels hinreichender Vorbereitung durch die verpflichtenden AG gezwungen, eines oder gleich mehrere kommerzielle Repetitorien in Anspruch zu nehmen.
Insgesamt verschiebe sich so der Fokus des Referendariats, schließlich sollte nach Auffassung der Personalräte das Erlernen von Fähigkeiten für den Berufsalltag im Vordergrund stehen. Durch die immer ausufernderen Aufsichtsarbeiten seien die Referendarinnen und Referendare allerdings dazu gezwungen, ihren Fokus darauf zu legen, obwohl die Klausuren "die juristischen Fähigkeiten und Eignung für ein juristisches Berufsbild nur unzureichend widerspiegeln können", wie sie sagen.
Das Landesjustizprüfungsamt (LJPA) ist auf LTO-Anfrage nicht der Auffassung, dass die inhaltlichen Anforderungen gestiegen seien. Lediglich die Gestaltung der Prüfervermerke habe sich verändert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LJPA hätten die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen stets im Blick, wie die Sprecherin gegenüber LTO mitteilt.
Die Bezirkspersonalräte und das Justizministerium bleiben weiterhin in Kontakt, wie beide übereinstimmend berichten. So sei seitens des Justizministeriums Bereitschaft signalisiert worden, vor Ort mit den Bezirkspersonalräten die Situation nochmals zu erörtern.
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2021 M09 25
Referendariat
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