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E-Examen läuft – sogar nur mit kleinen Pannen
Seit gut eineinhalb Jahren können Jurastudierende in Nordrhein-Westfalen ihre Examensklausuren elektronisch schreiben. Auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hat die Landesregierung nun eine erste Bilanz vorgelegt und die Zahlen sprechen für sich: Je nach Monat fertigen zwischen 73 und fast 90 Prozent der Kandidaten im ersten Staatsexamen ihre Klausuren digital an, im zweiten Examen sind es konstant über 90 Prozent. Damit hat sich die digitale Variante fest etabliert und entwickelt sich zunehmend zum Standard – ein Schritt, der nicht nur Papierberge reduziert, sondern auch den Prüfungsalltag moderner und praxisnäher gestaltet.
Doch so reibungslos der Ablauf meist ist – kleine technische Stolpersteine gehören auch dazu.
Wenn die Technik stolpert – eine Bilanz der Pannen
Der wohl gravierendste Zwischenfall ereignete sich erst im letzten Prüfungsdurchgang in Düsseldorf: Ein großflächiger Stromausfall, ausgelöst durch defekte Kabel, legte die Prüfungsräume lahm. Die Prüfung musste unterbrochen werden. Für die betroffenen Prüflinge gab es neben einer 60-minütigen Schreibzeitverlängerung auch die Möglichkeit, die Prüfung drei Wochen später zu wiederholen.
Ganz reibungslos verlief es aber auch in anderen Städten nicht. So führten im Juni 2024 in Hamm Verbindungsprobleme zwischen Server und Laptops zu einer achtminütigen Schreibzeitverlängerung. Nur zwei Monate später gab es dort erneut Schwierigkeiten: Das Ende der Bearbeitungszeit wurde auf einigen Laptops fehlerhaft angezeigt, sodass die Prüflinge ihre Klausur manuell beenden mussten. Auch hier reagierte das Prüfungsamt und bot den Betroffenen an, die Prüfung im Folgemonat erneut zu schreiben.
Und selbst kleinere Eingriffe konnten den Ablauf verzögern: Anfang 2025 kam es in Düsseldorf während einer laufenden Prüfung zu einem kurzfristigen Software-Update, das die Taschenrechnerfunktion wiederherstellen sollte. Die Folge war zwar nur eine geringfügige Verzögerung, doch auch hier wurde die Bearbeitungszeit – diesmal um fünf Minuten – verlängert.
Trotz dieser kleinen Pannen musste keine einzige Prüfung komplett abgebrochen werden. Die technischen Störungen wurden pragmatisch gelöst, sodass der Prüfungsbetrieb stabil blieb.
Auch das E-Examen ist kein Sprint
Um den hohen technischen Anforderungen gerecht zu werden, hat das Justizministerium neue Klausurräume angemietet und mit der IQuL GmbH einen spezialisierten Dienstleister beauftragt. Dieser stellt Hardware, Software und Support während der Prüfungen bereit. Das Landesjustizprüfungsamt sorgt zudem für den organisatorischen Ablauf.
Für Dr. Werner Pfeil, den rechtspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, ist die Bilanz eindeutig: Das digitale Examen ist ein Fortschritt für die Jurastudierenden und ein positives Signal für die Digitalisierung der Justiz in NRW. "Damit handelt es sich um einen Lichtblick gegenüber dem Zustand, in dem sich Justiz und Juristenausbildung in Nordrhein-Westfalen insgesamt befinden. Justizminister Limbach konnte beim E-Examen auf die guten Grundlagen aufbauen, die wir Freie Demokraten in der vergangenen Legislaturperiode geschaffen haben und die sich nun auszahlen."
Die kleineren Pannen beim Start bewertet Pfeil nicht als Rückschritt, sondern als Chance, Abläufe zu verfeinern. So ließen sich Fehler vermeiden, Verbesserungsbedarfe früh erkennen und das Prüfungsformat stetig optimieren.
Das E-Examen ist zudem nicht der einzige Modernisierungsschritt. Fast alle Bundesländer haben inzwischen den sogenannten integrierten Bachelor eingeführt oder planen dies – nur Bayern und Baden-Württemberg halten bislang an einem flächendeckenden Verzicht fest. Ob digitales Examen oder integrierter Bachelor: NRW zeigt, dass juristische Ausbildung im 21. Jahrhundert ankommen kann. Aber wie so oft gilt auch hier: Kein Sprint, sondern ein Dauerlauf.
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