Kanzleiberater für besondere Aufgaben

Was machen eigent­lich Of Counsel?

Gastbeitrag von Lena ForbergerLesedauer: 5 Minuten

Kanzleien setzen gern auf den Sachverstand sogenannter Of Counsel – erfahrene Juristen, die als externe Berater arbeiten und gleichzeitig zum Renommee der Kanzlei beitragen. Lena Forberger erklärt, was man sich darunter vorstellen kann.

Das prominenteste Beispiel der letzten Jahre dürfte wohl Ex-BGH-Richter Thomas Fischer sein, der als Of Counsel bei der Kanzlei Gauweiler & Sauter einstieg: Deutschlandweit prunken namhafte Kanzleien mit renommierten Juristen auf der Position des Of Counsel.

Obwohl die Berufsbezeichnung nahezu standardisiert eingeführt ist, herrscht weder Klarheit über die Bedeutung des Begriffs noch über die Ausgestaltung der Tätigkeit. Zwar ist davon auszugehen, dass der Of Counsel die Kanzlei berät und außerhalb der unternehmensinternen Hierarchie steht, trotzdem bestehen von Kanzlei zu Kanzlei signifikante Unterschiede.

Aufsehen erregte ein Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH), der sich im Jahr 2020 erstmals mit der berufsrechtlichen Zulässigkeit der Zusammenarbeit von Kanzlei und Of Counsel beschäftigte. Der zu entscheidende Fall betraf einen Professor für Arbeitsrecht, der bis 2005 Rechtsanwalt war, seitdem aber nicht mehr zugelassen ist. Die Kanzlei hatte den Of Counsel sowohl in ihren Briefkopf aufgenommen als auch auf der Internetseite unter der Rubrik "Unsere Anwälte/Berater" geführt. Der BGH sah darin eine unzulässige gemeinsame Berufsausübung nach § 59a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO).

Viel Raum für allgemeinverbindliche Bemerkungen des BGH gab es wegen zu vieler kanzleispezifischer Besonderheiten nicht. Die vom BGH in Bezug genommene Norm wurde zwar mit der großen BRAO-Reform im Jahr 2022 gestrichen, weshalb sich der Zusammenschluss von Anwälten mit anderen Berufsgruppen künftig nach § 59c Abs. 1 Nr. 4 BRAO richtet. Dennoch sollten Kanzleien auf eine zulässige Werbung achten und eine Täuschung über die Ausgestaltung der Kooperation mit dem Of Counsel vermeiden. Dass die Sensibilität für berufsrechtliche Risiken nach der BRAO-Reform bestehen bleibt, zeigte auch die Recherche zu diesem Artikel: Kein Interviewpartner stimmte einer namentlichen Nennung zu, auffällig viele der insgesamt über dreißig angefragten Of Counsel antworteten überhaupt nicht auf die Informationsanfrage.

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Kein einheitliches Berufsbild

Ursprünglich kommt die Berufsbezeichnung Of Counsel wie auch die des Associates aus dem englischsprachigen Raum. Dort finden sich, beispielsweise in der American Bar Association, Leit- und Richtlinien zu dessen Tätigkeit. Danach soll die Bezeichnung verwendet werden, wenn eine "berufliche Beziehung zwischen den Parteien tatsächlich vorliegt und durch regelmäßigen Kontakt gekennzeichnet ist". Trotz dieser Leit- und Richtlinien zeichnet sich ein einheitliches Berufsbild allerdings nicht ab; es mangelt an konkreten Begriffserklärungen.

Da selbst dort, wo Konkretisierungen existieren, weiterhin Unklarheiten zum Tätigkeitsfeld des Of Counsel bestehen, kann ein Blick auf den Ursprung der Begrifflichkeit keine Abhilfe schaffen. Auch eine wörtliche Übersetzung von Of Counsel, etwa als "von Rat", verschafft keine weitere Klarheit über das Tätigkeitsfeld. Neben dem Versuch, die Berufsbezeichnung durch einen verständlichen, synonymen Begriff zu ersetzen, bleibt ein Blick in die Berufspraxis.

Auftragsvergabe läuft "unkonventionell"

Der Of Counsel wird auf Anfrage der Kanzleien für diese tätig, ohne dabei etwa als Verfasser von Schriftsätzen nach außen in Erscheinung zu treten. Die Auftragsvergabe laufe in seinem Fall eher unkonventionell, berichtet ein Of Counsel, etwa in einem persönlichen Gespräch auf dem Flur oder in der Mittagspause. Eher selten werde auf eine Anfrage per E-Mail zurückgegriffen.

Häufig arbeitet der Of Counsel an Gutachten zu materiellen Rechtsfragen, die ein tiefes Verständnis der Materie und ein breites Wissen erfordern. Aufgrund seiner meist langjährigen Erfahrung kann er die Risiken gut abschätzen. Kanzleien setzen oft auf Of Counsel, wenn sich Rechtsfragen im Wandel befinden und folglich noch nicht per Gesetz geregelt oder (höchst-)richterlich entschieden sind. In solchen Fällen ist auch die wissenschaftliche Sichtweise wichtig. Aus diesem Grund lassen sich auch namhafte Hochschullehrer auf der Position des Of Counsel finden.

Senior-Rechtsanwalt oder interner Berater?

Regelmäßig verfügen Of Counsel über eine hohe fachliche Expertise, die auf jahrzehntelange Berufserfahrung sowie (Teil-)Spezialisierungen zurückzuführen ist. Dementsprechend weisen Rechtsanwälte, die in Deutschland als Of Counsel tätig sind, häufig eine gewisse Seniorität auf. Im Wesentlichen üben sie die Tätigkeiten, die im Anwaltsberuf anfallen, weiterhin – wenn auch in erheblich reduziertem Umfang und ohne Außenauftritt – aus. Es könnte sich daher anbieten, die Berufsbezeichnung sinngemäß mit Senior-Rechtsanwalt zu übersetzen.

Allerdings zeigen neuere Entwicklungen, dass der Begriff Of Counsel auf weitere Konstellationen der Zusammenarbeit ausgeweitet wird. Zum einen wird die Berufsbezeichnung auch für Rechtsanwälte im jüngeren Alter verwendet. Zum anderen setzen nicht nur Anwaltskanzleien auf externe Berater, auch Unternehmen beschäftigen zunehmend Of Counsel. Die beratende Funktion eines Experten ist bereits über den Anwaltsberuf hinaus etabliert. Es zeichnet sich ab: Expertise muss sich nicht aus jahrzehntelanger Berufserfahrung ergeben, weshalb die Seniorität wohl nur ein Abbild des derzeitigen Stands ist.

Derweil haben Kanzleien ein großes Interesse an der Beteiligung von Spezialisten bei der fachlichen Bearbeitung von Mandaten. Die Führung eines Fachanwaltstitels deutet auf Spezialwissen in dem Gebiet hin. Dennoch sind Fachanwälte in den Reihen der Of Counsel derzeit noch eine Rarität. Mit der angesprochenen Seniorität der derzeit tätigen Of Counsel dürfte ein Teil noch ohne die Führung eines Fachanwaltstitels als Rechtsanwalt aktiv gewesen sein. Denn anfangs, beginnend in den 1970er Jahren, gab es nur sehr wenige zugelassene Fachanwaltsbezeichnungen; heute bestehen mehr als zwanzig verschiedene Titel. Mit der Etablierung der verschiedenen Fachanwaltschaften wuchs auch das Bedürfnis, eigene Expertise mit der Führung eines Titels zu kennzeichnen.

Da nicht nur die berufsrechtliche Zulässigkeit ausgeweitet ist und weitere Spezialisierungen möglich sind, sondern auch weitere Konstellationen einer vergleichbaren Zusammenarbeit mit anderen (beratenden) Berufen, könnte die synonyme Bezeichnung des Internen Beraters geeigneter sein, um herauszustellen, welcher Tätigkeit ein Of Counsel tatsächlich nachgeht. Schließlich macht der Begriff deutlich, dass der Of Counsel nicht nach außen in Erscheinung zu tritt.

Kanzleien profitieren vom Netzwerk der Of Counsel

Durch ihre jahrelange Erfahrung verfügen Of Counsel oft über ein großes Netzwerk. Das ist für die Kanzleien auch bei der Mandantenbetreuung und -gewinnung vorteilhaft. So heißt es von Kanzleiseite, regelmäßig würden über die bestehenden Kontakte des Of Counsel neue Mandate akquiriert. Darüber hinaus wirkt der Of Counsel nicht (mehr) unmittelbar an den gesellschaftlichen Geschicken der Kanzlei mit. Keine Seltenheit ist allerdings, dass der Of Counsel zuvor Partner der Kanzlei war und mit dem Positionswechsel dann als Gesellschafter austritt. In diesem Fall ist der Of Counsel bereits mit der Firmenphilosophie, wirtschaftlichen Erwägungen und weiteren Interna vertraut. Diese Einblicke bilden eine wertvolle Grundlage bei der Erstellung von Handlungsempfehlungen.

Und auch für den Of Counsel eröffnen sich Vorteile: Diese Tätigkeit stelle eine beliebte Gestaltungsmöglichkeit für einen langsamen Übergang zum Ruhestand dar, berichten Of Counsel. Das gelte nicht zuletzt, weil eine freie und flexible Arbeitszeitgestaltung möglich sei. Die Arbeitszeit richte sich zwar nach dem Bedarf der Kanzlei, das Arbeitsvolumen begrenze sich jedoch im Durchschnitt auf wenige Wochenstunden. Neben der flexibleren Arbeitsweise spielen aber auch persönliche Motive eine Rolle, wie ein Of Counsel berichtete. Ihm bereite die Tätigkeit große Freude, "nicht zuletzt auch deshalb, weil die noch weniger erfahrenen Anwältinnen und Anwälte häufig und nach meinem Eindruck auch gerne um Rat fragen".

Auch wenn sich im Ergebnis kein einheitliches Berufsbild abzeichnet, haben die Positionen gemein, dass die Erfahrung und Expertise der Of Counsel genutzt und weitergeben werden soll. Mit Blick auf die Zukunft ist daher zu erwarten, dass sich diese Experten weiterhin mit Kanzleien sowie zunehmend auch mit Unternehmen zusammenschließen. Obwohl dieser Artikel versucht, einen synonymen Begriff zur Erläuterung des Tätigkeitsfelds zu finden, ist davon auszugehen, dass die Zusammenarbeit unter dem Label Of Counsel fortgeführt wird.

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