Tipps für das Vorstellungsgespräch

Wie man sich von Mit­be­wer­bern abhebt

Gastbeitrag von Dr. Anja SchäferLesedauer: 7 Minuten

Volljuristen haben derzeit sehr gute Karrierechancen – auf das Bewerbungsgespräch vorbereiten muss man sich trotzdem. Anja Schäfer gibt Tipps, wie das mit Personal Branding gelingt und wie man herausfindet, ob die Stelle überhaupt passt.

Mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch in einer Kanzlei oder einem anderen Arbeitgeber haben Sie nicht nur die erste Hürde zum neuen Job genommen. Vielmehr hat Ihre bisherige Präsentation Ihrer Persönlichkeit Ihren potenziellen Arbeitgeber so überzeugt, dass dieser Sie persönlich kennenlernen will.

Allerdings stehen Sie nun vor der Herausforderung, sich selbst und Ihre Expertise im Bewerbungsgespräch – egal ob telefonisch, online oder vor Ort – bestmöglich in kurzer Zeit zu präsentieren und damit aufzuzeigen, dass Sie der oder die ideale Bewerber:in sind. Damit dies gelingt, sollten Sie sich in Vorbereitung auf das Gespräch fokussiert mit Ihrem Personal Branding beschäftigen und – ebenfalls mit Blick auf Ihre Positionierung – das sonstige (Gesprächs-)Umfeld recherchieren.

Eine gute Vorbereitung ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Sie ermöglicht Ihnen nicht nur, fundierter auf die jeweiligen Fragen zu antworten, sondern auch, immer wieder Ihre Persönlichkeit und Expertise ins Gespräch zu bringen und so in Erinnerung zu bleiben. Außerdem zeigen Sie mit den relevanten Informationen, dass Sie wirklich an der jeweiligen Position interessiert sind.

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Recherchieren Sie Ihren zukünftigen Arbeitgeber und wichtige Fachthemen

Recherchieren Sie Ihr potenzielles neues Arbeitsumfeld online, zum Beispiel auf sozialen Plattformen wie LinkedIn, und in Ihrem persönlichen Netzwerk. Sprechen Sie ausgewählte Kontakte an, die Ihnen möglicherweise mit "Insider-Informationen" weiterhelfen können. Verschaffen Sie sich so den notwendigen Überblick, um im Gespräch aussagefähig zu sein und klar formulieren zu können, warum Sie sich gerade für diese Kanzlei interessieren.

Klären Sie zudem, welche Fachfragen derzeit diskutiert werden und damit auch Inhalt Ihres Gesprächs mit Ihren zukünftigen Vorgesetzten oder Kolleg:innen sein könnten. So können Sie im passenden Moment mit Ihrem Detailwissen glänzen. Wenn Sie zu einem bestimmten Fach- bzw. Sachgebiet bereits ausgewiesene:r Expert:in sind, hebt Sie dies von anderen Mitbewerber:innen ohne entsprechende Kenntnisse ab.

Beschäftigen Sie sich vorab mit Ihren Gesprächspartnern

Informieren Sie sich auch über die Personen, die mit Ihnen das Bewerbungsgespräch führen. Nutzen Sie neben dem Internet und Fachpublikationen auch hier die sozialen Kanäle und Ihr persönliches Netzwerk für weitergehende Informationen.

Besonders interessant sind Gemeinsamkeiten mit einzelnen Gesprächspartner:innen, etwa ein Abschluss an der gleichen Universität, ähnliche Promotionsthemen, gemeinsame Interessen oder besondere Fremdsprachenkenntnisse.

Informationen wie die Mitgliedschaft im selben Netzwerk (etwa im Deutschen Juristinnenbund e. V. oder einer Facharbeitsgemeinschaft im Deutschen Anwaltverein) oder ein ähnliches ehrenamtliches Engagement können Anknüpfungspunkte für emotionale Verbundenheit bieten. Situativ vorsichtig eingesetzt, können Sie diese für sich nutzen. Denn Sie können so auf eher ungewöhnliche Weise auf besondere Kenntnisse oder Qualitäten Ihrer Person aufmerksam machen.

Formulieren Sie drei bis fünf Kernaussagen zu Ihrer Person und Expertise

Beim Personal Branding im Vorstellungsgespräch geht es darum, dass Sie genau formulieren können, für welche konkrete Position Sie der oder die perfekte Bewerber:in sind. Bestimmen Sie die drei bis fünf Kernbotschaften zu Ihrer Person und nutzen Sie diese wie einen roten Faden für das gesamte Gespräch.

Klären Sie, welche Ihrer Stärken und/oder praktischen Erfahrungen Sie auf jeden Fall anbringen möchten, um sich von anderen deutlich abzuheben. Dies kann zum Beispiel ein besonderes Netzwerkengagement sein. Publikationen in renommierten Fachmedien oder regelmäßige Vorträge bei bekannten Weiterbildungsanbietern wie der Deutschen Anwaltsakademie oder dem Deutschen Anwaltsinstitut sprechen für Ihre Expertise.

Machen Sie sich bewusst, welche Kompetenzen für die jeweilige Stelle besonders relevant sein können. Dazu gehört bspw. ein im Ausland erworbener LL.M.-Titel, der Ihnen spezifische Rechts- und fachbezogene Sprachkenntnisse bestätigt.

Belegen Sie anhand konkreter praktischer Beispiele – etwa Berichterstattungen über von Ihnen betreute Mandate in einschlägigen Fachmedien – wieso Sie mit Ihrer Expertise in einem bestimmten Fachgebiet genau die richtige Person sind. 

Ihre Schwächen im Vorstellungsgespräch

Die heikelste und für viele Kandidat:innen unbeliebteste Frage ist die nach ihren persönlichen Schwächen. Nutzen Sie deshalb bewusst diese Kategorie, um aufzuzeigen, dass Sie selbstreflektiert und in der Lage sind, Ihr Entwicklungspotential auch im Sinne Ihres Personal Branding zu nutzen. Jede Schwäche kann mit den richtigen Worten zu einer Stärke werden.

Erläutern Sie daher an einem praktischen Beispiel eine auch für Ihren zukünftigen Arbeitgeber relevante Situation, in der Ihnen als Jurist:in diese Schwäche hilfreich war. Wenn Sie zum Beispiel eine eher zurückhaltende Person sind, können Sie diese Schwäche relativieren, indem Sie eine konkrete Situation schildern, in der Ihre introvertierte Art eine deeskalierende Auswirkung auf die Mandantschaft hatte.

Alternativ können Sie darstellen, wie Sie Ihre Introvertiertheit als Ihr persönliches Entwicklungspotential erkannt haben, welches Sie mit Erfolg angegangen sind bzw. aktuell angehen. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung eigener Speaker-Qualitäten – ggfs. auch mit externer Expertise – mit der Folge, dass Sie nunmehr häufiger einen Platz auf der Bühne oder im Podium einnehmen, andere Sie proaktiv ansprechen und Sie weniger selbst aktiv netzwerken müssen.

Wie haben Sie konkrete Herausforderungen Ihres bisherigen Anwaltslebens gemeistert?

Im Laufe Ihrer Tätigkeit als Anwalt oder Anwältin haben Sie sicher schon die ein oder andere herausfordernde (Mandats-)Situation erlebt, die Sie an Ihre fachlichen, persönlichen, mentalen oder körperlichen Grenzen gebracht hat. Schließlich haben Sie diese "Irgendwie" überstanden. Und genau das "Irgendwie" ist für Ihren zukünftigen Arbeitgeber von Interesse.

Zeigen Sie auf, wie Sie das jeweilige Problem erkannt und gelöst sowie die Lösung gemeinsam mit dem/der Mandant:in umgesetzt haben. Für Ihr Gegenüber kann auch das, was Sie aus der jeweiligen Situation für sich gelernt haben, von Interesse sein. So kann zum Beispiel eine unschöne Situation vor Gericht dazu geführt haben, dass Sie Ihre Kommunikationsfähigkeiten mit Fokus auf bestimmte Konfliktsituationen zielgerichtet ausgebaut oder sich vertiefte Kenntnisse im Zivilprozess- und Insolvenzrecht angeeignet haben.

Dabei sollten Sie sich auf Ihre Kompetenzen und weiterführenden Erkenntnisse sowie die Relevanz für die zu besetzende Position konzentrieren, statt die einzelne Situation detailliert zu erläutern.

Mit guten Ideen den Status als Experte verstärken

Wahrscheinlich wird Ihnen im Vorstellungsgespräch die Frage gestellt, wie Sie als Anwält:in in einem bestimmten Mandat vorgehen würden oder sich als neue:r Kolleg:in in das bestehende Kanzleiumfeld einbringen können. Daher hilft es, wenn Sie sich vorab Antworten auf diese Fragen überlegen.

An dieser Stelle können Sie – Fingerspitzengefühl vorausgesetzt – zum einen aufzeigen, dass Sie wirklich an der Stelle interessiert und sich daher bereits intensiv mit Ihrer zukünftigen Tätigkeit, zum Beispiel dem Mandantenumfeld, auseinandergesetzt haben. Zum anderen können Sie Ihre persönlichen Stärken so erneut ins Gespräch bringen, etwa ein strategisches Vorgehen oder spezifisches juristisches oder sonstiges – wie technisches oder fachsprachliches – Knowhow. Auch die Sichtbarkeit Ihrer Expertise in Netzwerken wie LinkedIn oder Unternehmensverbänden können Sie so unterstreichen.

Formulieren Sie klar, welche Werte für Sie im Arbeitsumfeld wichtig sind

Ein Vorstellungsgespräch dient auch dazu, festzustellen, ob eine spätere Zusammenarbeit zustande kommen wird oder nicht. An dieser Stelle sollten Sie daher klären, ob Ihre Werte – ein wichtiger Teil Ihrer Personal Brand – zu dem jeweiligen Unternehmen passen. Machen Sie sich also klar, wie Ihr Arbeitsumfeld sein muss, damit Sie eine gute Arbeitsleistung abliefern.

Bei sich bietender Gelegenheit sollten Sie diesen Punkt im Laufe des Gesprächs unbedingt ansprechen. Sie können zum Beispiel fragen: "Mir ist eine Zusammenarbeit im Team und der fachliche, persönliche Austausch unter Kolleg:innen sehr wichtig. Welche Formen der Zusammenarbeit sind bei Ihnen in der Kanzlei üblich?".

Haben Sie Ihre kurz- und langfristigen Ziele vor Augen

Haben Sie eine Antwort auf die Frage parat, wo Sie sich in drei oder fünf Jahren sehen. Denn im Idealfall führt jede Ihrer beruflichen Tätigkeiten Sie näher an Ihre persönlichen Karriereziele.

Zeigen Sie Ihrem Gegenüber auf, dass Sie einen klaren Plan für Ihre eigene berufliche Entwicklung und damit auch für die Weiterentwicklung Ihrer Personenmarke haben, in dem die zu besetzende Stelle der logische und passende nächste Schritt ist.

Stellen Sie Fragen, mit denen Sie sich klar positionieren

In jedem Bewerbungsgespräch haben Sie spätestens am Ende die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen. Diese Option sollten Sie gut für sich nutzen, um auf diese Weise in den Köpfen der anderen noch einmal das Bild der idealen Besetzung zu bestätigen.

Nutzen Sie daher die Möglichkeit, solche Fragen zu stellen, die Ihren Status als Expert:in belegen oder Ihre Werte, die idealerweise mit denen der Kanzlei oder Ihren Gesprächspartner:innen übereinstimmen, noch einmal in Erinnerung zu bringen. So kann am Schluss die Frage angebracht sein, anhand welcher Kriterien am Ende der Probezeit bewertet wird, ob die Zusammenarbeit mit Ihnen erfolgreich war.

Mit der richtigen Vorbereitung sorgen Sie dafür, dass Sie im Gespräch nicht nur den Eindruck von Ihrer Person und Expertise aus den Bewerbungsunterlagen und ggfs. den sozialen Netzwerken bestätigen, sondern auch die Informationen bekommen, die für Ihre eigene Entscheidung elementar sind, nämlich zu der Frage, ob die Stelle auch wirklich zu Ihnen passt.

Dr. Anja Schäfer ist Anwältin, Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und Mentorin für Juristinnen zu Themen wie Netzwerkaufbau, Selbstmarketing und Sichtbarkeit als Expertin. Sie veranstaltet regelmäßig Networking-Events von, für und mit Juristinnen wie den "Juristinnen netzwerken ... TAG", eine Online-Konferenz, welche am 24. und 25. März 2023 zum dritten Mal stattfindet.  

Mehr Informationen dazu: http://www.juristinnennetzwerkentag.de/

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