Small Talk mit BRAK-Pressesprecherin Stephanie Beyrich

"Wenn nicht ich als Anwältin laut werde, wer denn dann?"

Interview von Vanessa Meilin RolkeLesedauer: 6 Minuten

Im Small Talk fragen wir Juristinnen und Juristen, was sie denn so machen. Heute: Stephanie Beyrich, BRAK-Pressesprecherin und Podcasterin, über ihre klare Haltung gegen Angriffe auf den Rechtsstaat und ihren Ausgleich zum Job.

LTO: Frau Beyrich, Sie waren zunächst als Strafverteidigerin tätig und dann bei der Hamburger Anwaltskammer. Seit knapp neun Jahren sind Sie jetzt Geschäftsführerin und Pressesprecherin der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Wie sind Sie zu den Kammern gekommen?

Stephanie Beyrich: Sollen wir uns nicht einfach duzen?

Natürlich. Also dann: Wie bist Du bei den Anwaltskammern gelandet?

Über Umwege. Ich las als selbständige Anwältin natürlich immer den Kammerreport, der viele nützliche Infos enthielt. Dort habe ich mit einem Auge eine Stellenausschreibung gesehen, das Magazin aber nach dem Durchstöbern der übrigen Themen entsorgt. Komischerweise haben mir dann unabhängig voneinander mehrere Kollegen genau diese Ausschreibung geschickt. Ich habe jedes Mal entgegnet, was ich denn bei so einem "Behörden-Job" solle. Die Antwort fiel immer ähnlich aus. Ob ich nicht auch denken würde, dass man da jemanden wie mich gut brauchen könnte? Ich habe erstmal recherchiert, was eine Kammer so macht, denn so ganz genau wusste ich das gar nicht. Ich habe mir dann gedacht, dass das kein Zufall sein kann und ich mich vielleicht doch bewerben sollte. Erstmal ging es auch nur um einen Teilzeitjob. Das war dann wohl mein Einstieg in die Kammerwelt. Und ich bereue es nicht. 

Und irgendwann ging es dann weiter zur BRAK.

Ja. Schon während meiner Zeit bei der Hamburger Anwaltskammer hatte ich viel Kontakt zur BRAK. Durch die Hauptversammlungen oder Geschäftsführerkonferenzen kannte ich also die Kollegen, auch meine Vorgängerin. Ich habe irgendwann mitbekommen, dass sie sich beruflich verändert hat und mich initiativ beworben.  

Bist Du noch als Rechtsanwältin tätig?

Während ich in der Kammer Hamburg war, habe ich nebenher noch Mandate betreut. Das lässt meine Zeit jetzt nicht mehr zu. Manchmal ist etwas brandeilig und du musst sofort mit einer Presseerklärung reagieren. Ich empfinde es als unseriös, eine Rechtsberatung anzubieten, wenn ich nicht garantieren kann, jederzeit für meine Mandantinnen und Mandanten voll verfügbar zu sein. Die Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, aber sie war absolut richtig.

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"Ich mache Pressearbeit, betreue aber auch den Podcast"

Welche Aufgaben hast Du als Pressesprecherin und Geschäftsführerin bei der BRAK?

Ich bin zum Glück nicht die einzige Geschäftsführerin. Jedes der über 20 Referate hat einen eigenen Geschäftsführer und ist für ein bestimmtes Gebiet zuständig. Ich bin zuständig für einen Teil der Öffentlichkeitsarbeit. Ich gebe Pressestatements ab, verantworte die Website, beantworte Presseanfragen und organisiere mehrere Veranstaltungen. Ich schreibe aber auch Reden. Und ich halte auch oft Vorträge für die BRAK, so etwa beim Young Lawyers Camp. Zu meiner Aufgabe gehört es auch, zu netzwerken und für Sichtbarkeit zu sorgen.

Und die BRAK hat einen Podcast, in dem Du der Host bist.

Ja genau. "(R)ECHT INTERESSANT!" gibt es seit vier Jahren. Wir entwickeln den Podcast immer weiter. Der Podcast hat verschiedene Unterformate, ich bin immer der Host. Und ich betreue die Social-Media-Kanäle. Jedes Format ist etwas andersEinige Epiosen widmen sich einer Person und ihrem Werdegang. Relativ neu habe ich vor der Bundestagswahl das Format "Menschen im Rechtsstaat" ins Leben gerufen. Durch Kommentare und Beiträge, die ich auf Social Media sehe, habe ich das Gefühl, dass wir ein Vertrauensproblem gegenüber Richtern, gegenüber unserem Justizsystem und dem Rechtssystem im Allgemeinen haben. Da dachte ich, dass das spannend sein kann. Auf der Homepage der BRAK steht ja auch, dass die Sicherung des Rechtsstaates eine unserer Kernkompetenzen ist 

“Pressesprecher sind immer auf Experten mit 'Spezialwissen' angewiesen”

Das sind ja ganz schön viele Aufgaben, welche macht Dir am meisten Spaß?

Mir macht vieles Spaß. Mein Baby ist natürlich der Podcast. Es bereitet mir sehr viel Freude, so viele Menschen kennenlernen zu dürfen, noch dazu relativ persönlich. Es sind keine Fachgespräche, sondern sehr persönliche Gespräche. Und ich schreibe auch gern Reden und Kolumnen.

Und ich finde es spannend, auf aktuelle Ereignisse schnell mit einer Presseerklärung zu reagieren. Manchmal bekommt man morgens um 10 Uhr eine Mail, und die Frist ist um 14 Uhr. In vielen aktuellen Themen kenne ich mich gut aus und übernehme die Anfrage selbst. Ansonsten gebe ich das Thema an eines unserer Referate mit über 30 Fachausschüssen ab. Da werde ich dann von Expertinnen und Experten mit allem versorgt, was ich brauche. Auf diese Experten mit "Spezialwissen" sind wir Pressesprecher angewiesen. Ich kann ja nicht in jedem Thema bis zum letzten Detail auf Stand sein.

Und was machst Du nicht so gern?

Die "klassische Orga". Wenn ich Veranstaltungen vorbereite, muss ich Dienstleister anschreiben, Briefings und Verteiler erstellen usw. Aber auch das gehört dazu.

"Krisen oder große Themen halten sich nicht an den Kalender"

Wie sind Deine Arbeitszeiten?

Als geregelt kann man meine Arbeitszeiten nicht bezeichnen, aber das liegt natürlich in der Natur der Arbeit als Pressesprecher. Krisen oder große Themen halten sich nicht an den Kalender. Gerade im Moment passiert viel, etwa in der Türkei oder in den USA. Unter anderem die Executive Orders gegen Großkanzleien, die Sicherheitsfreigaben aussetzen sollen, und deren Zugang zur Regierung eingeschränkt wird. Das muss ich dann sofort bearbeiten. Wenn es gerade rechtspolitisch ruhiger ist, kann ich mich dafür anderen Themen widmen.

Was war das bisher Spannendste an deiner Arbeit?

Ich war ganz neu bei der BRAK, als es ein paar beA-Probleme gab. Da fand ich es anspruchsvoll, die Probleme erstmal zu verstehen. Ich bin ja kein Techniker, musste aber technische Infos verständlich aufbereiten. Das war eine stressige Zeit und im ersten Moment auch absolut nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.

Auch der Ampel-Crash hat eine neue spannende Phase eingeläutet. Wir sind in die ganzen Gesetzgebungsverfahren eingebunden und haben Stellungnahmen abgegeben. Wenn man jetzt aber in die Papiere guckt, merkt man, dass Manches leider in die Diskontinuität geht. Und wo bitte ist in den Koalitionsverhandlungen die Dokumentation der Hauptverhandlung geblieben?

Stephanie Beyrich …

… ist Pressesprecherin der BRAK 

… lernt gern Menschen kennen 

… positioniert sich klar gegen Angriffe auf den Rechtsstaat 

… hasst Orga-Aufgaben 

… fährt gern Motorrad 

"Bei Angriffen auf den Rechtsstaat kann ich nicht ruhig bleiben"

Du bist auch sehr meinungsstark und politisch. So positionierst Du Dich öffentlich gegen die AfD oder kritisiert den Koalitionsvertrag. Wie politisch darfst Du in Deiner Tätigkeit bei der BRAK sein?

Ich halte mich nicht für über die Maße politisch, schon gar nicht für parteipolitisch. Ich bin rechtspolitisch. Bei Angriffen auf die Verfassung und den Rechtsstaat kann ich nicht ruhig bleiben. Ich glaube nicht, dass es mir verboten ist, mich als Mensch, als Anwältin zu äußern, nur weil ich auch Pressesprecherin einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bin. Mein LinkedIn-Profil ist mein persönlicher, privater Account. Dort äußere ich meine Meinung und gebe kein Statement für die BRAK ab. Warum sollte ich privat weniger Rechte haben, als jeder andere, nur weil ich für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts arbeite?

Eine mutige Einstellung.

Ich finde das nicht mutig. Für mich ist das eine Frage der persönlichen Einstellung. Ich nehme Dinge wahr und besitze nicht die Fähigkeit, sie unkommentiert stehen zu lassen. Ich bin ein Organ der Rechtspflege, ich bin Teil dieses Rechtsstaats. Wenn nicht ich als Anwältin laut werde, wer denn dann? Das ist mir wichtig.

Diese Haltung kommt aber nicht bei allen gut an.

Ja. Es ist völlig klar, dass das nicht jeder gut findet. Das kriege ich auch zu spüren. Darüber, wie man bestimmte Themen rechtlich ausgestalten kann, kann man sachlich streiten. Das finde ich gut. Aber teilweise geht das deutlich über die Meinungsfreiheit hinaus. Mir wird regelmäßig die Erfahrung einer Gruppenvergewaltigung durch Migranten gewünscht, oder dass meine Drogen gepantscht werden und ich daran "krepiere". Das berührt mich weniger, da ich keine Drogen konsumiere. Aber die Grundbotschaft ist natürlich krass. Ein bisschen mehr Sachlichkeit täte uns allen gut. 

"Helm auf, Welt aus"

Was machst Du als Ausgleich neben der Arbeit?

Motorrad fahren. Bei keiner anderen Tätigkeit kann ich so gut abschalten. Ich schiebe die Maschine raus und denke: Helm auf, Welt aus. Meistens habe ich noch ein bisschen Musik auf dem Ohr. Auch wenn ich noch keinen Meter gefahren bin, bin ich direkt entspannt.

Wie oft schaffst du das?

Dieses Jahr ehrlich gesagt noch nicht so häufig. Aber eigentlich fahre ich jede Woche mindestens einmal. Wenn das Wetter passt, mache ich am Wochenende immer eine Tour. Im Frühsommer, wenn ich Urlaub habe, fahre ich dann auch drei Wochen am Stück. Mein Motorrad ist mein Happy Place.

Vielen Dank für das Gespräch!

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