Donald Trump legt sich mit Großkanzleien an: Wider­stand statt Füg­sam­keit – der Fall Per­kins Coie

Gastkommentar von Prof. Niko Härting

13.03.2025

Nach Attacken auf Richter und einen Anwaltsverband nimmt Donald Trump auch Kanzleien ins Visier. Es ist Zeit für klare Worte und Solidarität, meint Niko Härting

Eine "Executive Order" von US-Präsident Trump, die sich gegen die internationale Wirtschaftskanzlei Perkins Coie und andere "large law firms" richtet, sorgt weltweit für Empörung. Es handelt sich um einen massiven Angriff auf die freie Advokatur im Zeichen des Kampfes der US-Administration gegen "Vielfalt, Gerechtigkeit, Inklusion". Anwaltskanzleien in aller Welt sollten sich solidarisch an die Seite ihrer US-Kollegen stellen. Fügsamkeit und Leisetreterei sind fehl am Platz.

In einer am 6. März erlassenen Verordnung wirft Trump der US-Kanzlei Perkins Coie unter anderem vor, gegen das Antidiskriminierungsrecht zu verstoßen, indem sie Quoten für die Einstellung und Beförderung von Mitarbeitern auf der Grundlage von ethnischer Herkunft und Geschlecht festlegt. Wie in zahlreichen anderen amerikanischen Kanzleien gibt es bei Perkins Coie ein "Diversity, Equity, Inclusion (DEI)"-Programm. Ein solches Programm soll für Vielfalt und Chancengleichheit sorgen. Die Trump-Regierung dreht den Spieß einfach um: Was gestern noch als gerecht und fair angesehen wurde, gilt heute als Diskriminierung heterosexueller weißer Männer.

Der Furor und die Rachsucht, mit der der US-Präsident gegen Perkins Cole vorgeht, ist atemberaubend. Perkins Coie werden "unehrliche und gefährliche Aktivitäten" im Zusammenhang mit einem angeblichen Mandat für die Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im Jahre 2016 vorgeworfen. Bundesbehörden werden angewiesen, der Kanzlei schnellstmöglich alle Mandate zu entziehen und Verträge mit der Kanzlei zu kündigen. Alle Sicherheitsfreigaben, die Perkins-Coie-Anwälten Zugang zu Geheiminformationen eröffnen, müssen überprüft und, wenn nötig, widerrufen werden.

Schon mehrere Klienten verloren

Trump begnügt sich nicht mit der Anweisung, Perkins Coie alle Mandate zu entziehen. Viel ärger noch werden alle Bundesbehörden angewiesen, ihre Dienstleister zur Offenlegung von Geschäftsbeziehungen mit Perkins Coie aufzufordern, soweit diese Geschäftsbeziehungen mit den erbrachten Dienstleistungen in Zusammenhang stehen, mit dem Ziel, diese Geschäftsbeziehungen zu beenden.

Nachdem Perkins Coie durch die Verordnung in den vergangenen Tagen bereits mehrere Klienten verlor, geht sie gegen die sehr weitreichenden Beschränkungen gerichtlich vor. Hierbei lässt sie sich von der renommierten Kanzlei Williams & Connolly vertreten. Ein Beistand, der angesichts der Gefahr, ebenfalls ins Fadenkreuz der Trump-Administration zu geraten, nicht selbstverständlich ist. Einen ersten Erfolg gab es am Mittwoch, als eine Bundesrichterin den Vollzug der Executive Order per einstweiliger Verfügung teilweise untersagte.

Perkins Coie ist allerdings keineswegs die einzige Zielscheibe der neuen Trump-Verordnung. Im Kampf gegen DEI-Programme hat der US-Präsident den Vorsitzenden "Equal Employment Opportunity Commission" (EEOC) angewiesen, eine Untersuchung vorzunehmen, ob "large law firms" gegen Antidiskriminierungsrecht verstoßen, indem sie heterosexuelle weiße Männer benachteiligen. Die Untersuchung soll sich ausdrücklich auch auf die Vergabe von Praktikumsplätzen ("summer associate spots"), auf Beförderungen, Zugang zu Mandanten, auf die Teilnahme an Veranstaltungen, Fortbildungskurse und Reisen erstrecken. Damit auch noch nicht genug: Justizministerin Pat Bondi wird angewiesen, entsprechende Untersuchungen bei allen "large law firms" vorzunehmen, die für Bundesbehörden tätig sind.

Anwaltschaft muss zusammenstehen

Etliche US-Unternehmen haben unter dem Druck der Trump-Regierung ihre DEI-Programme bereits eingestellt. Wie US-Kanzleien auf die neue Situation reagieren, bleibt abzuwarten. Freshfields, die jüngst in Boston ihr viertes US-Büro eröffnet haben, setzte indes bereits ein höchst fragwürdiges Zeichen – hoffentlich aufgrund von Gedankenlosigkeit. In einem FAZ-Artikel (Paywall) raten die Freshfields-Partner Thomas Müller-Bonanni und Christoph H. Seibt deutschen Unternehmen zur "Vorsicht" und zu einer "Risikobewertung" durch die Geschäftsleitung. Auf den Druck, den die Trump-Regierung auf Unternehmen ausübt, die an DEI-Programmen festhalten, antworten die Freshfields-Kollegen mit sanften Compliance-Ratschlägen. Kritik an der Politik der US-Regierung oder auch an dem massiven Vorgehen gegen große Wirtschaftskanzleien lassen die Kollegen in ihrem Beitrag nicht durchklingen.

Wenn eine Regierung Anwaltskanzleien ins Visier nimmt und drangsaliert, sind Anwältinnen und Anwälte in aller Welt zur Verteidigung der freien Advokatur aufgerufen. Leisetreterei, vorauseilender Gehorsam oder gar die Hoffnung auf Beratungsmandate im Zusammenhang mit den neuen US-Bestimmungen sind fehl am Platz. Anwaltsorganisationen aus aller Welt werden daher den Angriffen der US-Regierung auf amerikanische Kanzleien entschieden entgegentreten. Fügsamkeit (ein deutsches Wort für "Compliance") darf es nicht geben. Denn wenn die neue US-Administration schon im zweiten Monat ihrer Amtszeit "large law firms" ersichtlich als zu bekämpfenden Gegner sieht, darf man sicher sein, dass dies nur der Anfang eines langen Kampfes der US-Anwaltschaft um ihre Freiheit und Unabhängigkeit und gegen eine schrittweise Erosion des Rechtsstaats ist.

 Niko HärtingProf. Niko Härting ist Rechtsanwalt und Partner bei Härting Rechtsanwälte in Berlin. Er ist außerdem Honorarprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin) und Mitglied des DAV-Vorstands.

Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Internet-, Datenschutz- und Fernabsatzrecht.

Zitiervorschlag

Donald Trump legt sich mit Großkanzleien an: . In: Legal Tribune Online, 13.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56785 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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