Die juristische Presseschau vom 9. Dezember 2015: Zschäpes Aus­sage erwartet / euro­päi­sche Vor­rats­da­ten­spei­che­rung? / EuGH zu Stö­rer­haf­tung

09.12.2015

Justiz

BVerfG – NPD-Verbotsverfahren: zeit.de (Tilman Steffen) befasst sich ausführlich mit dem NPD-Verbotsverfahren und stellt die Argumente des NPD-Anwalts Peter Richter sowie der Juristen Christoph Möllers und Christian Waldhoff vor, die die Bundesländer vertreten. Bislang seien die Länder nicht "sehr geschickt" vorgegangen, so seien immer wieder Zweifel daran aufgetaucht, dass ihre V-Leute keinen Einfluss mehr auf die Partei ausübten. Gegenüber der FAZ (Reinhard Müller) stellt Bundestagspräsident Norbert Lammert klar, er erachte es nicht für notwendig, dass Bundestag und Bundesregierung sich dem NPD-Verbotsverfahren anschließen. Der Beitrag resümiert auch die Kritik an dem Verfahren. Letztlich sei es nicht entscheidend, wie es ausgehe, sondern dass das Bundesverfassungsgericht akzeptiert werde. Der Tsp (Frank Jansen/Jost Müller-Neuhof) verschafft einen Überblick über den derzeitigen Zustand der NPD und klärt über die Kriterien eines Verbotsverfahrens auf.

"Das Verbot ist auch vorbeugender Opferschutz", meint Heribert Prantl (SZ). Aus diesem Grund sei es auch notwendig, obwohl Bundesrepublik und Demokratie stabil und gefestigt genug seien. Falls das Bundesverfassungsgericht feststelle, dass die "aktiv kämpferische, aggressive Haltung" der NPD rechte Gewalttaten begünstigt, müsse der Staat der Partei "den Mantel des Parteienprivilegs" entziehen. Das Verfahrenshindernis, so Prantl, scheine ausgeräumt zu sein. Christina Hebel (spiegel.de) betont, das Verfahren gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht setze "das richtige Signal", könne allerdings "nur ein Element einer Null-Toleranz-Strategie gegen Rechtsextremismus" darstellen. Ein konsequentes Vorgehen des Staats sei hier gefragt. Thorsten Jungholt (Die Welt) wirft kritische Fragen zum NPD-Verbot und zu den Erfolgsaussichten des Verfahrens auf. Ein Verbot wäre zwar ein "juristischer Donnerschlag", aber eine "Scheinlösung". Rechtsextreme zu erreichen sei "eine politische und gesellschaftliche Sisyphusaufgabe".

EuGH – Störerhaftung: Haftet der Besitzer eines WLAN-Anschlusses für Rechtsverstöße, die andere Nutzer über seinen Anschluss tätigen? Der Europäische Gerichtshof verhandelt ab dem heutigen Mittwoch zu dieser Frage in einem Vorabentscheidungsverfahren im Fall Tobias Mc Fadden. Ein Dritter hatte über sein unverschlüsseltes WLAN-Netz illegalerweise Lieder auf eine Tauschbörse geladen. Sony Music Entertainment Germany mahnte daraufhin McFadden ab, welcher vor dem Landgericht München I dagegen klagte. Er ist der Ansicht, die deutsche Störerhaftung verstoße gegen die E-Commerce-Richtlinie, berichtet die taz (Svenja Bergt).

In einem separaten Kommentar betont Svenja Bergt (taz), Besitzer von WLAN-Anschlüssen bräuchten dahingehend Rechtssicherheit, dass sie von der Haftung für fremde Rechtsverstöße über ihr Netz ausgenommen sind. Es sei eine "überflüssige Ungleichbehandlung", wenn "große Zugangsprovider" nicht hafteten, "die Kleinen" hingegen schon.

LG Hannover – Schuss auf Einbrecher: Weil er einen tödlichen Schuss auf einen Einbrecher abgegeben hat, muss sich ein 41-Jähriger nun vor dem Landgericht Hannover verantworten. Das Verfahren begann mit dem Geständnis des Angeklagten – er entschuldigte sich zudem bei den Angehörigen; er habe nicht schießen wollen. spiegel.de meldet den Prozessauftakt. Die Verteidigung argumentiert, ihr Mandant habe in Notwehr gehandelt. Dahingegen ist die Staatsanwaltschaft der Ansicht, der Angeklagte sei des Totschlags schuldig. Ein weiterer Beitrag auf spiegel.de (Ansgar Siemens) bringt eine ausführlichere Darstellung des Falls.

LG Potsdam – Zigarettenschmuggler: Vor dem Landgericht Potsdam hat der Prozess gegen sechs Männer wegen Steuerhinterziehung in 30 Fällen begonnen. Sie sollen Zigaretten geschmuggelt und damit einen Steuerschaden in Höhe von 60 Millionen Euro verursacht haben. Die Welt (Jens-Christian Kesdorff) gibt den verdeckten Ermittler Ulrich K. wieder, der das mutmaßliche Vorgehen der Angeklagten beschreibt.

Strafrechtsjustiz und Terror: Wie geht die deutsche Strafrechtspflege mit juristischen und tatsächlichen Fragen um Terrorismus um? Dies beleuchtet der Richter Eike Fesefeldt auf lto.de. Die Justiz müsse dazu beitragen, den Terrorismus zu bewältigen – so gründeten Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern bereits neue Staatsschutzsenate. Vor dem Stuttgarter Senat begann am gestrigen Dienstag das erste Verfahren.

Urheberrechtstreitigkeiten in BaWü: Wie internet-law.de (Thomas Stadler) meldet, werden ab dem 1. Januar 2016 die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden Urheberrechtsstreitsachen für den Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe dem Amtsgericht Mannheim zugewiesen. Für entsprechende Streitsachen für den Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart ist künftig das Amtsgericht Stuttgart zuständig. Baden-Württemberg macht damit von seiner Befugnis nach § 105 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes Gebrauch.

BGH zu Tauschbörse: internet-law.de (Thomas Stadler) setzt sich ausführlich mit der Entscheidung Tauschbörse III vom Juni diesen Jahres auseinander, deren Volltext der Bundesgerichtshof nun veröffentlicht hat. Der Beitrag beleuchtet kritisch, dass das Gericht den Anschlussinhaber als Täter vermutet, wenn kein Dritter den Internetanschluss verwenden konnte. Den Inhaber treffe dahingehend eine sekundäre Darlegungslast, die "bis zur Grenze der Beweislastumkehr reichen" könne, was zu einer "nicht akzeptablen Schieflage" führe.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. Dezember 2015: Zschäpes Aussage erwartet / europäische Vorratsdatenspeicherung? / EuGH zu Störerhaftung . In: Legal Tribune Online, 09.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17796/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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