Die juristische Presseschau vom 22. September 2015: Zitat­recht bei Exk­lu­siv­be­richten – Straf­f­reie Bei­hilfe zum Lan­des­verrat – letzter Ausch­witz­pro­zess?

22.09.2015

Der BGH wird darüber entscheiden, wie weit das Zitatrecht bei Exklusivberichten reicht. Außerdem in der Presseschau: Anklage gegen SS-Funkerin, mit App zu erfolgreicher Strafjustiz und Beihilfe zum Landesverrat künftig straffrei?

Thema des Tages

BGH – Zitatrecht bei Exklusivberichten: Am morgigen Mittwoch wird der Bundesgerichtshof darüber entscheiden, inwieweit Exklusivberichte zitiert werden dürfen. Geklagt hatte der Sender Sat.1 gegen die Produzenten der Vox-Sendung "Prominent", welche Teile aus einem Exklusivinterview mit der Ex-Frau von Lothar Matthäus, Liliana, sendeten, obwohl Sat.1 dies untersagt hatte. Das Urheberrecht schützt grundsätzlich Exklusivberichte. Es verbietet allerdings nicht, Teile dieser Beiträge "zur Berichterstattung über Tagesereignisse" "in einem durch den Zweck gebotenen Umfang" zu nutzen, so § 50 des Urheberrechtsgesetzes. Die Vorinstanzen hatten der Klage von Sat.1 stattgegeben. Die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet im Ressort Medien und fasst ähnliche Fälle zusammen.

Rechtspolitik

Asylrecht: Die Koalition hat sich am vergangenen Wochenende auf eine Reform des Asylrechts geeinigt und einige Punkte entschärft, so Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). zeit.de stellt kurz den überarbeiteten Entwurf vor. So solle nur noch abgelehnten Asylbewerbern mit definitiver Ausreiseverpflichtung und Flüchtlingen, die nach einem Verteilverfahren in einem anderen EU-Land unterkommen sollen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versagt und lediglich Reisebedarf zugeteilt werden. Das Grundrecht auf Asyl solle nicht geändert werden. Auch die FAZ (Günter Bannas/Jasper von Altenbockum) berichtet.

Flüchtlingspolitik: Am heutigen Dienstag wollen die EU-Innenminister darüber entscheiden, ob 120.000 Flüchtlinge nach einem speziellen Schlüssel auf die EU verteilt werden sollen. Da einige Staaten sich weiterhin dagegen aussprechen, könnte eine Mehrheitsentscheidung in Frage kommen, welche ihrerseits eine politische Krise herbeiführen könnte, schreibt die SZ (Thomas Kirchner). Strittig sind auch die Ausnahmeregelungen eines solchen Verteilungsmechanismus. Laut spiegel.de (Markus Becker) sei nicht anzunehmen, dass sich die Innenminister auf eine Quote einigen werden. Da allerdings auch eine Mehrheitsentscheidung eher unwahrscheinlich sei, werde die Flüchtlingskrise wohl weiter andauern.

Vergaberecht: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Bundesländer dazu angehalten, das Vergaberecht zu lockern und so die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu beschleunigen. Wie das Handelsblatt (Heike Anger) schreibt, sei die Auftragsvergabe derzeit "bürokratisch und langwierig", die Flüchtlinge benötigten allerdings kurzfristig Hilfe. Der Beitrag beschreibt das "Flüchtlingsvergaberecht" verschiedener Bundesländer und mahnt, Beschleunigungen im Vergaberecht könnten Transparenz und Wettbewerb einschränken.

Heike Anger (Handelsblatt) moniert, es sei "über Jahre hinweg versäumt worden, den Beschaffern der Republik ein praktikables Vergaberecht an die Hand zu geben". Ein einheitliches Vergabegesetzbuch wäre ein "echter Fortschritt" – dies würde allerdings regelmäßig durch Auftragnehmer verhindert. Auch das geplante "Vergaberechtsmodernisierungsgesetz" trüge nicht zu einer "Entbürokratisierung" bei.

Prostituiertenschutzgesetz: Verschiedene Verbände üben Kritik an dem geplanten Prostituiertenschutzgesetz – diese reicht von "Warnungen vor einer Stigmatisierung von Prostituierten über hohe Kosten für Kommunen bis zum Vorwurf der Verfassungswidrigkeit". Insbesondere wird die geplante Anmeldepflicht beanstandet. SZ (Constanze von Bullion) und FAZ (Mechthild Küpper) fassen die Kritik zusammen.

"Wer denkt sich solchen Unfug aus?", fragt sich Constanze von Bullion (SZ) angesichts der geplanten Anmeldepflicht und gibt den Verbänden Recht mit ihrer Kritik. Es bestünde die Gefahr, dass kriminelle Zuhälterringe die Prostituierten "brav anmelden", wohingegen Prostituierte, die anonym bleiben wollen, versuchen werden "wegzutauchen".

Straffreie Beihilfe zum Landesverrat: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, die Beihilfe zum Landesverrat künftig nicht mehr unter Strafe zu stellen. Er befürwortet, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen gegen die Betreiber von netzpolitik.org eingestellt hat und setzt sich mit entsprechenden Gesetzesänderungen auseinander, meldet die SZ.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. September 2015: Zitatrecht bei Exklusivberichten – Straffreie Beihilfe zum Landesverrat – letzter Auschwitzprozess? . In: Legal Tribune Online, 22.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16965/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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