Die juristische Presseschau vom 22. September 2015: Zitat­recht bei Exk­lu­siv­be­richten – Straf­f­reie Bei­hilfe zum Lan­des­verrat – letzter Ausch­witz­pro­zess?

22.09.2015

Justiz

BVerfG zu Fraktionsfinanzierung: "Die Angst der Richter vor der Macht" nennt Hans Herbert von Arnim seine Streitschrift gegen den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten "verdeckten Parteienfinanzierung". Die Organklage von ÖDP und von Arnim hatten die Karlsruher Richter als unzulässig abgelehnt. Die SZ (Wolfgang Janisch) greift dessen Kritik auf und erklärt, warum es in eine "verfassungsrechtliche Grauzone" führe, wenn Abgeordnetenmitarbeiter in Wahlkreisen auch Parteipolitiker beim Wahlkampf unterstützen. Das BVerfG hätte sich auch dazu entschließen können, die Klage zuzulassen – fraglich sei allerdings, ob sie auch Erfolg gehabt hätte.

GenStA Schleswig-Holstein – SS-Funkerin: Die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein hat eine ehemalige SS-Frau wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 260.000 Fällen angeklagt, meldet zeit.de. Sie soll als Funkerin in Auschwitz bei der systematischen Ermordung der Juden Hilfe geleistet haben – dies könnte der letzte Auschwitz-Prozess sein. Der Beitrag weist zudem darauf hin, dass im Fall Gröning letztlich eine Entscheidung über die Haftfähigkeit aussteht, vorausgesetzt der Bundesgerichtshof bestätigt die Freiheitsstrafe im Revisionsverfahren.

LG Lüneburg – Auschwitzprozess: Wie ndr.de informiert, hat das Landgericht Lüneburg die schriftliche Begründung seines Urteils gegen den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning veröffentlicht. Nebenklagevertreter und Verteidigung haben nun einen Monat Zeit, um ihre Revisionsgründe auszuführen – fünf Anwälte der Nebenklage sowie die Verteidigung hatten Revision gegen die Entscheidung eingelegt.

Wenn der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Lüneburg bestätigt, wäre dies ein Zeichen für ein "Umdenken in der Rechtspraxis", konstatiert zeit.de (Werner Renz), denn dann würden auch Hilfsbedienstete in Auschwitz behandelt, wie Gehilfen in "reinen Vernichtungslagern", etwa Sobibór. Auch die "vermeintlichen kleinen Rädchen in der Vernichtungsmaschinerie der Nazis" müssten sich dann wegen Beihilfe zum Mord verantworten.

LG Hamburg – Mutter vergiftet Sohn: Vor dem Landgericht Hamburg hat der Strafprozess gegen eine Mutter begonnen, die ihrem Sohn im Jahr 2013 mehrfach verschiedene Stoffe zugeführt haben soll, in der Absicht, ihn krank zu machen. Gemäß § 171a des Gerichtsverfassungsgesetzes wird das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, da in auch in Frage steht, ob die Angeklagte in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden soll, so spiegel.de.

LG Bamberg – Missbrauch durch Chefarzt: Ein ehemaliger Chefarzt des Klinikums Bamberg soll zwölf Frauen betäubt und sexuell missbraucht haben. In dem Strafprozess vor dem Landgericht Bamberg sagte nun die Hauptbelastungszeugin aus. Sie gab an, dem Angebot des Angeklagten, bei einer Studie teilzunehmen, nachgekommen zu sein – bei dem Termin, sei sie durch das von ihm verabreichte Mittel bewusstlos geworden und könne sich nicht mehr an den weiteren Verlauf erinnern. Eine Blutprobe solle ergeben haben, dass sich ein Hypnotikum in ihrem Blutkreislauf befand. Die SZ (Annette Ramelsberger) resümiert die Aussage.

StA Zweibrücken – Tod durch US-Drohne: Ein somalischer Kamelhüter starb im Februar 2012 durch einen US-Drohnenangriff. Die Open Society Justice Initiative wird in den kommenden Tagen im Namen seines Sohnes Strafanzeige gegen amerikanisches und deutsches Personal der Militärstützpunkte Ramstein und Stuttgart bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken stellen. Sie wirft den Verantwortlichen gemeinschaftlich begangenen Mord und eine gemeinschaftliche begangene Sprengstoffexplosion vor, teilt die SZ (Hans Leyendecker/John Goetz erweiterte sz.de-Fassung) mit. Zudem werde die Initiative eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Bundesrepublik einreichen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. September 2015: Zitatrecht bei Exklusivberichten – Straffreie Beihilfe zum Landesverrat – letzter Auschwitzprozess? . In: Legal Tribune Online, 22.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16965/ (abgerufen am: 18.05.2024 )

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