Die juristische Presseschau vom 26. – 28. September 2015: Welt­recht in Stutt­gart – Grup­pen­klagen – Kriegs­ver­b­re­chen an Welt­kul­tur­erbe

28.09.2015

Justiz

EuGH – Facebook: Der Kläger im Verfahren "Schrems gegen Facebook" verfalle nicht in zu große Hoffnung aufgrund der Schlussanträge des Generalanwalts. Facebook verblieben auch ohne das "Safe Harbor"-Abkommen genügend Wege Daten in die USA zu verbringen. Für europäische Firmen könnte sich indes die Frage stellen, ob US-Clouddienste weiter genutzt werden können, was einen Boom europäischer Dienste zur Folge haben könnte, berichtet der Spiegel (Martin U. Müller).

BVerfG zu Bundeswehr und Parlamentsvorbehalt: Rechtswissenschaftlerin Paulina Starski setzt sich auf verfassungsblog.de vor dem Hintergrund bisheriger Rechtsprechung ausführlich mit dem "Libyen-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts auseinander. Die Entscheidung sei weitgehend zu begrüßen, mit Ausnahme der Ablehnung einer konstitutiven Zustimmung nach Abschluss des Einsatzes. Entgegen der Argumentation des BVerfG gehe es gerade nicht um (nachträgliche) Rechtmäßigkeitskontrolle sondern die politische Opportunität des Einsatzes, deren Einschätzung auch im Nachhinein (verbindlich) dem Parlament obliegen sollte.

BGH zu WEG: Auch die Aufnahme eines hohen, langfristigen Darlehens durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen – etwa zur Finanzierung von Sanierungen. Das entschied der Bundesgerichtshof am Freitag. Umfassende Information sei jedoch erforderlich, weshalb die Klage gegen die Entscheidung der Eigentümerversammlung im konkreten Fall dennoch Erfolg hatte: sie war ohne (dokumentierte) Information über mögliche zukünftige Zuschusspflichten gefällt worden. Es berichten Samstags-FAZ (Joachim Jahn), lto.de und Tsp (Ursula Knapp).

OLG München – Deutsche Bank: Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) verfolgt nach, wie es zu dem Prozess gegen (ehemalige) Manager der Deutschen Bank wegen Prozessbetrugs kam. Dass es gelinge die seinerzeit im Zivilprozess aufgetretenen Vorwürfe so zu beweisen, wie es für ein Strafurteil erforderlich ist, sei kaum noch zu erwarten.

OLG Oldenburg zu Nacktphotomontage: Mit Bildmanipulation einen Kopf auf nackte Körper in pornografischen Posen zu montieren und die Bilder im Internet zu verbreiten, ist eine besonders schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts und rechtfertigt ein hohes Schmerzensgeld. Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte insofern das Urteil der Vorinstanz am 11. August, unter Reduktion des Schmerzensgelds von 22.000 auf 15.000 Euro. Das meldet internet-law.de (Thomas Stadler).

LG Hamburg zu verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen: Das Zitieren von Chat-Protokollen aus den Gerichtsakten im Fall Yagmur war tatbestandlich eine verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen und auch rechtswidrig. Das Landgericht Hamburg sprach die beiden Journalisten dennoch frei: weil ihnen der Justiziar den Artikel absegnete, lag ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vor und sie handelten nicht schuldhaft. Das berichtet lto.de.

LG Düsseldorf zu Achenbach: Das Landgericht Düsseldorf hat den ehemaligen Kunsthändler Helge Achenbach erneut zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt: 1,2 Millionen Euro an den Unternehmer Bernd Viehof wegen überhöhter Rechnungen und nicht vereinbarter Provisionen. Das meldet die Montags-FAZ (Andreas Rossmann).

LG Hamburg – Totschlag an Ehefrau: Vor dem Landgericht Hamburg ist ein zweifacher Vater angeklagt, der seine Ehefrau erschlug. Nachdem er jahrelang die verbalen Schikanen ertragen hatte, ohrfeigte ihn seine Frau und er erschlug sie mit einem Hammer, der gerade da lag. Der Spiegel (Julia Jüttner) zeichnet die "Geschichte eines alltäglichen Totschlags" nach.

GenStA Frankfurt – Cum-Ex-Geschäfte: Wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte gegen elf (ehemalige) Manager und Mitarbeiter der in Frankfurt vertretenen kanadischen Maple-Bank wurden in einer Großaktion bundesweit Durchsuchungen durchgeführt. Die Samstags-FAZ (Joachim Jahn) weist darauf hin, dass der Bundesfinanzhof noch nicht entschieden hat, ob Cum-Ex-Geschäfte auch vor 2012 bereits illegal waren – seinerzeit wurde eine zuvor bestehende Gesetzeslücke geschlossen.

GBA – Peter Frank: Einstimmig hat der Bundesrat der Ernennung Peter Franks – derzeit Generalstaatsanwalt in München – zum Generalbundesanwalt zugestimmt. Am 5. Oktober soll Frank die Ernennungsurkunde vom Bundespräsidenten überreicht bekommen. Das berichten die Samstags-SZ (Heribert Prantl) und lto.de.

EuGH zu Hartz IV für Ausländer: Der Spiegel (Dietmar Hipp) fasst zwei Positionen zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs über die Befristung der Sozialhilfeleistung an Ausländer zusammen. Rechtsprofessor Frank Schorkopf hält die Entscheidung für folgerichtig, weil notwendig zur Aufrechterhaltung nationaler sozialer Sicherungssysteme. Rechtsprofessorin Constanze Janda hält es für inkonsequent arbeitssuchende Menschen, die bleiben dürfen wenn ihre Suche nicht aussichtslos ist, ohne Mittel zum Lebensunterhalt dastehen zu lassen. Das mache Bewegungsfreiheit in Europa zu einem "Recht der Wohlhabenden".

BVerfG – EZB: Die WamS (Sebastian Jost) schreibt über den Kampf deutscher Juristen gegen die Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank. Das Bundesverfassungsgericht sei nach seinen Bedenken gegen das OMT-Programm ihre größte Hoffnung gewesen. Nun warte man wie es nach der Vorlageentscheidung des Europäischen Gerichtshofs entscheide. Eine andere Verfassungsbeschwerde gegen das Konstrukt der Bankenunion warte seit einem Jahr auf eine Entscheidung über die Annahme, vielleicht weil das Gericht sich scheue, "dieses nächste heiße Eisen überhaupt anzufassen."

"Scala-Verträge"/Bausparverträge: Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart zu den sogenannten Scala-Verträgen könnte nach Informationen des Handelsblatts (Elisabeth Atzler) auf Rechtsstreitigkeiten zu Bausparverträge übertragbar sein, die durch Bausparkassen gekündigt wurden. Die Bausparkassen sind dabei Darlehensnehmer und berufen sich auf § 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der dem Darlehensnehmer nach zehn Jahren ein Kündigungsrecht einräumt. Das OLG hatte entschieden, dass das eine verbraucherschützende Norm sei, die nicht für Sparkassen gelte.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. – 28. September 2015: Weltrecht in Stuttgart – Gruppenklagen – Kriegsverbrechen an Weltkulturerbe . In: Legal Tribune Online, 28.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17020/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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