BGH präzisiert Voraussetzungen: WEG darf auch lang­fris­tige Kre­dite auf­nehmen

25.09.2015

Eine WEG darf grundsätzlich langfristige Kredite aufnehmen, um ihr Gebäude zu sanieren. Doch zuvor müssen die Eigentümer alle Risiken und Möglichkeiten erörtern und das auch dokumentieren.

Gemeinschaften von Wohnungseigentümern (WEG) dürfen einen langfristigen Kredit für die Sanierung ihres Hauses aufnehmen, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen beachtet werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag entschieden (Urt. v. 25.09.2015, Az. V ZR 244/14). Im konkreten Fall hat der Senat die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über die Kreditaufnahme jedoch verneint.

Eine Frau aus Pforzheim hatte dagegen geklagt, dass ihre aus 201 Einheiten bestehende Eigentümergemeinschaft einen damals zinslosen KfW-Förderkredit bei der Landesbank Baden-Württemberg Darlehen in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro für die Wärmedämmung der Fassade aufnehmen wollte. Der Kredit sollte eine Laufzeit von zehn Jahren haben.

Die Karlsruher Richter befanden zunächst, dass das Wohnungseigentumsgesetz keine Anhaltspunkte enthalte, wonach eine Kreditaufnahme durch die WEG nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen erlaubt sei.

Hohes Haftungsrisiko erfordert Einzelfallabwägung

Allerdings sei angesichts des Haftungsrisikos bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten.

Gebe es Zahlungsausfälle bei Wohnungseigentümern, müssten die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Wohnungseigentümer oder durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden. Bei einem Darlehen lasse sich das Risiko des Ausfalls einzelner Wohnungseigentümer aber nur sehr begrenzt abschätzen.

Zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich. Darüber hinaus muss stets damit gerechnet werden, dass es während dieser Zeit zu Eigentümerwechseln kommt.

Ob die Aufnahme eines Darlehens ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, lasse sich nur nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer feststellen.

Dabei sei insbesondere der Zweck des Darlehens von Bedeutung. Je dringlicher eine Maßnahme ist, desto eher träten Nachteile einer Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück. Für ein Darlehen spreche auch, wenn es eine Instandhaltungsrücklage gebe.

Darüber hinaus müsse man abwägen, ob es besser sei, die Mittel im Wege einer Sonderumlage oder eines Darlehens aufzubringen. Eine Darlehensfinanzierung werde insbesondere in Betracht kommen, wenn die Erhebung einer Sonderumlage die einzelnen Wohnungseigentümer finanziell stark belastete oder gar die Leistungsfähigkeit einkommensschwächerer Wohnungseigentümer überfordere. Relevant seien schließlich die Höhe des Darlehensbetrages im Verhältnis zu der Anzahl der Wohnungseigentümer, die Kreditkonditionen, die Laufzeit des Darlehens und die Rückzahlungsbedingungen.

Keine Nachschusspflicht: Beschluss nicht ordnungsgemäß

Auch die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens müsse gewissen Anforderungen genügen, also Angaben über die zu finanzierende Maßnahme ebenso enthalten wie zur Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, der Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist.

Ferner müssten die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht erörtern, da man ja das Risiko eingehe, dass einzelne Eigentümer in Zukunft zahlungsunfähig würden. Dies sei in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren. In diesem Punkt habe der angegriffene Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen. Dem Protokoll der Eigentümerversammlung lasse sich nicht entnehmen, dass über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden sei.

ahe/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH präzisiert Voraussetzungen: WEG darf auch langfristige Kredite aufnehmen . In: Legal Tribune Online, 25.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17016/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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