Die juristische Presseschau vom 21. Juli 2015: Ver­tei­di­g­er­zwist im NSU-Pro­zess – BVerfG zu Be­treu­ungs­geld – Tri­bu­nal gegen Ex-Dik­ta­tor

21.07.2015

Die Anwälte Sturm, Heer und Stahl müssen Beate Zschäpe weiterhin verteidigen. Außerdem in der Presseschau: Sexualstrafrechtsreform, BVerfG verkündet Betreuungsgeld-Urteil und Schadensersatzklagen gegen KPMG und BDO.

Thema des Tages

OLG München – NSU: Beate Zschäpes ursprüngliches Pflichtverteidiger-Trio ist mit dem Entpflichtungsantrag vor dem Oberlandesgericht München gescheitert. Unter anderem die FAZ (Helene Bubrowski/Karin Truscheit), die SZ (Annette Ramelsberger/Tanjev Schultz), spiegel.de (Gisela Friederichsen) und zeit.de (Tom Sundermann) stellen die Auseinandersetzung vor Gericht und die Begründung des Entbindungsantrags dar. Die Anwälte haben sich lediglich auf schwerwiegende Gründe berufen und die Nennung konkreter Angaben vemieden. Der Vorsitzende Manfred Götzel hat die Anträge deshalb mangels Substantiierung abgelehnt.

Im Leitartikel konstatiert Per Hinrichts (Welt), Manfred Götzel sei gezwungen, das Verfahren weiterzuführen, sonst geriete es zum "kafkaesken Schauspiel ohne Sinn und Ziel". Reinhard Müller (FAZ) kommentiert, das Verhältnis zwischen dem Verteidiger-Team und der Angeklagten sei zwar gestört, der Rechtsstaat schulde den Opfern jedoch die Aufklärung der ungeheuerlichen Morde. Konrad Litschko (taz) moniert, dass die inhaltlichen Fragen des Prozesses mit dem "Gezänk" in den Hintergrund geraten.

Die SZ (Heribert Prantl) beschreibt die Voraussetzungen der Entbindung von Pflichtverteidigern als voraussetzungsvoll. "Für Pflichtverteidiger gilt: Nomen est omen." Strafverteidiger Michael Rosenthal erklärt im Interview mit der Badischen Zeitung (Christian Rath), dass eine Entpflichtung nicht zwangsläufig zum Neubeginn des Verfahrens führen müsse. Zudem könne das Gericht bei wiederholten Anträgen einzelne Verteidiger entbinden.

Rechtspolitik

Kulturschutzgesetz: Rechtsanwalt Sebastian Graf von Wallwitz erläutert auf lto.de die geplante Novelle zum Kulturschutzgesetz, mit der das Lizenzverfahren für Kunstwerke auch auf Ausfuhren in das EU-Ausland ausgeweitet werden soll. Das Gesetz soll dazu dienen, den Zugang zum internationalen Kunstmarkt abzuschneiden und den Ankauf durch die öffentliche Hand zu einem günstigeren Preis zu ermöglichen.

Sexualstrafrecht: Die taz (Christian Rath) führt ein Interview mit der Rechtsprofessorin Tatjana Hörnle zur geplanten Verschärfung des Sexualstrafrechts. Die Strafrechtswissenschaftlerin begrüßt zwar, dass die Novelle einige Verbesserungen mit sich bringt und bisher straflose Handlungen ahndet. Sie kritisiert jedoch, dass das Gesetz weiterhin Widerstand des Opfers als Grundregel fordert. Strafbar müsse vielmehr unabhängig von der Konstellation sein, dass sich der Täter über den erkennbaren Willen des Opfers hinwegsetzt. Die SZ (Robert Rossmann) beschreibt die geplante Änderung.

Ehe für alle: Christian Bommarius argumentiert in der Berliner Zeitung für die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Die Einführung einer Ehe für alle würde dem Wandel des Ehe-Begriffs und der Ernsthaftigkeit des Eheversprechens entsprechen. Er zitiert aus der Entscheidung des Supreme Courts zur gleichgeschlechtlichen Ehe: "Anzunehmen, dass diese Männer und Frauen die Idee der Ehe nicht respektieren, würde ihnen nicht gerecht. Sie respektieren sie, sie respektieren sie so sehr, dass sie diese Erfüllung für sich selbst wünschen."

Urteilsveröffentlichungen: Wie die FAZ (Jochen Zenthöfer) berichtet, planen mehrere Landesjustizministerien die Regelungen zur Veröffentlichung von Gerichtsurteilen zu überarbeiten. Dem vorausgegangen waren einige Fälle, in denen die Justiz die Veröffentlichung verzögerte, wie etwa im Fall von Uli Hoeneß. In Bayern sei geplant, die Veröffentlichung erst mit Eintreten der Rechtskraft zu erlauben und die Nennung von Richtern und Staatsanwälten im Internet einzuschränken.

Cannabis-Legalisierung: Jugendrichter Andreas Müller begrüßt im Interview mit der SZ (Elena Adam) den Vorstoß von Bremens Oberbürgermeister Carsten Sieling (SPD) den Cannabiskonsum zu legalisieren: "Ein freier und ehrlicher Umgang mit der Droge Cannabis würde dazu führen, dass man früher problematische Konsumenten entdeckt und ihnen helfen könnte."

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. Juli 2015: Verteidigerzwist im NSU-Prozess – BVerfG zu Betreuungsgeld – Tribunal gegen Ex-Diktator . In: Legal Tribune Online, 21.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16301/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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