Die juristische Presseschau vom 31. Oktober 2013: Flatrate-Drosselung unwirksam – Freiheit in Amerika und Europa – Kundus-Bombardierung vor Gericht

31.10.2013

Keine Drosselung bei Flatrates, Telekom-Klauseln sind nach LG-Urteil unwirksam. Außerdem in der Presseschau: Edward Snowden in Deutschland, Freiheitsbegriff in Europa und den USA, Coffeeshop in Kreuzberg, BSG zu Leistungskürzungen für Asylbewerber, LG Bonn zu Kundus und Sex auf der Dienstreise.

Thema des Tages

LG Köln zu Drosselklauseln: Die Deutsche Telekom wirbt mit Flatrates für den Internetzugang aus dem Festnetz, verwendet aber seit Mai Klauseln, nach denen die Surfgeschwindigkeit eingeschränkt ist. Auf eine Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hin hat das Landgericht Köln dieser Praxis nun ein Ende gesetzt und die Klauseln für unwirksam erklärt.

Der Durchschnittskunde verbinde mit dem Flatrate-Begriff einen Festpreis für eine bestimmte Surfgeschwindigkeit und rechne nicht mit Einschränkungen, zitiert die FAZ (Joachim Jahn) das Gericht. Die Klausel sei überraschend und unwirksam, erklärt Thomas Stadler (internet-law.de). Nach dem Bericht des Handelsblatts (Christoph Schlautmann) wird die Telekom "voraussichtlich" Berufung einlegen. Varinia Bernau (SZ) begrüßt die Entscheidung als "Sieg für den Verbraucher."

Markus Beckedahl (netzpolitik.org) verbindet seinen Bericht mit einem Aufruf zur gesetzlichen Festschreibung der sogenannten Netzneutralität.

Rechtspolitik

PKW-Maut: Nach Darstellung der SZ (Daniela Kuhr/Michael Bauchmüller) steht die EU-Kommission einer PKW-Maut nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. In einem der Zeitung vorliegenden Schreiben des EU-Verkehrskommissars Siim Kallas sei ausgeführt, dass eine Senkung der KfZ-Steuer "bei gleichzeitiger Erhebung angemessener Nutzungsgebühren für alle Nutzer" keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstelle. Auch spiegel.de (Peter Müller) berichtet.

Asyl für Snowden: Die Möglichkeiten, dem Whistleblower Edward Snowden in der Bundesrepublik Asyl zu gewähren, lotet lto.de (Constantin van Lijnden) aus. Experten sähen entgegen bisherigen Stellungnahmen der Bundesregierung durchaus Chancen etwa für eine Aufenthaltserlaubnis, auch ein etwaiger Auslieferungsantrag der USA müsse dem nicht entgegen stehen: Das Bundesamt für Justiz besitze die Möglichkeit, sich über eine gerichtliche Auslieferungsentscheidung hinwegzusetzen. Hierzu bedürfe es aber – bislang noch nicht erwiesenen – politischen Mutes.

In einem Kommentar zur Ladung Snowdens als Zeuge eines Untersuchungsausschusses meint Jasper von Altenbockum (FAZ), dass der angemessene Ort für Aufklärung der von ihm enthüllten Affäre das Parlamentarische Kontrollgremium sei. Die designierten Koalitionsparteien wüssten dies, fürchteten aber, dass Linke und Grüne vor das Bundesverfassungsgericht ziehen würden, um "Minderheitsrechte einzuklagen."

Datenüberwachung: Nach Stefan Ulrich (SZ) bestätigt die Überwachungsaffäre den "derben Pragmatismus", mit dem die USA seit Jahren "vermeintlich beste Freunde brutal vor den Kopf stoßen." Beim Streit über die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs oder dem im Gefangenenlager Guantanamo eingerichteten "Unrechtsregime" - gegen die ein abgehörtes Kanzler-Handy wie eine "Petitesse" erschienen – habe sich erwiesen, dass die Vereinigten Staaten einen anderen Freiheitsbegriff als Europa pflegten. Von der Maxime eines Sicherheitsstaates lasse sich das Land auch nicht durch die aktuelle, internationale Empörung abbringen.

Diesen Befund stützt ein Interview, das Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) mit dem US-amerikanischen Rechtsprofessor Russel Miller führt. In den USA zögerten die Gerichte, staatliche Sicherheitsmaßnahmen für justiziabel zu halten. Dies stehe im eigentümlichen Widerspruch zur dort etablierten verfassungsgerichtlichen Kontrolle von Gesetzen.

Bernd Pickert (taz) kommentiert, dass auch in Europa über die bei Eingriffen in Grundrechte erforderliche Abwägung zwischen Sicherheitsinteressen und bürgerlichen Freiheitsrechten nicht in einer offenen Debatte entschieden werde. Regierungen übernähmen diese Aufgabe "im Geheimen."

Vorratsdatenspeicherung: Die NSA-Affäre behindert nach Darstellung der taz (Christian Rath) auch die geplante Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. In Umsetzung des Bundesverfassungsurteils aus dem Jahr 2010 werde von der neuen Regierung eine Beschränkung der Datenspeicherung nur zum Schutz "überragend wichtiger Rechtsgüter" erwartet, zudem eine Verkürzung der Speicherdauer auf drei Monate.

Coffeeshop: Voraussichtlich im kommenden Monat wird die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg über einen Antrag zur Einrichtung eines Coffeeshops am Görlitzer Park abstimmen. Nach Beratungen mit Anwohnern und Experten könnte dann im nächsten Jahr ein Antrag auf eine bislang noch nie erteilte Ausnahmegenehmigung beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte eingereicht werden, schreibt die taz-Berlin (S. Heiser/A. Lang-Lendorff) und fasst die Argumente Pro (Konrad Litschko) und Contra (Bert Schulz) einer öffentlichen Einrichtung zum Verkauf von Marihuana zusammen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 31. Oktober 2013: Flatrate-Drosselung unwirksam – Freiheit in Amerika und Europa – Kundus-Bombardierung vor Gericht . In: Legal Tribune Online, 31.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9930/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

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