Die juristische Presseschau vom 28.-30. November 2015: Gene­ral­staats­an­wälte unter Ver­dacht / kein Robenzwang / BRAK ver­tagt E-Post­fach

30.11.2015

Recht in der Welt

Russland/Türkei – Flugzeugabschuss: Mit lto.de (Anne-Christine Herr) spricht der Völkerrechtsprofessor Hans-Joachim Heintze über die fehlende völkerrechtliche Legitimation für den Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei in der vergangen Woche und welche Reaktionen rechtlich zulässig sind.

Griechenland – Siemens: Im Strafprozess in Athen gegen ehemalige Siemens-Mitarbeiter häufen sich die Probleme, schreiben die Samstags-taz (Jannis Papadimitriou) und spiegel.de (Giorgos Christides). Außerdem überprüfe der Verwaltungsgerichtshof Athen derzeit die Vereinbarung mit der griechischen Regierung, durch welche Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen ausgeschlossen wurden.

Polen – Gefahr für Demokratie: Über das Vorgehen der neuen polnischen Regierung unter anderem gegen das Verfassungsgericht berichtet die Montags-FAZ (Konrad Schuller). Christian Bommarius (BerlZ) erkennt ungarische Verhältnisse wieder und sieht darin eine größere Gefahr für die Werte Europas, als der Angriff auf diese Werte durch den Terror des IS bieten könne.

Schweiz – Swissleaks: Der Wistleblower Hervé Falciani, der die Machenschaften der Großbank HSBC in der Schweiz öffentlich machte, ist in Abwesenheit in der Schweiz zu fünf Jahren Haft wegen Wirtschaftsspionage verurteilt worden. Das schreibt die Samstags-SZ (Charlotte Theile) und weist auf das für 37 Millionen Euro eingestellte Verfahren gegen die Schweizer HSBC-Tochter hin, welches fast nicht zustande gekommen war.

Rumänien – "Regierungskrise": Die rumänische Rechtsprofessorin Bianca Selejan Gutan schreibt auf verfassungsblog.de in englischer Sprache über die aktuellen Ereignisse in Rumänien, die zum Sturz der alten Regierung und Bildung einer neuen führten: "As of November 2015, Romania faces its most important social, political and constitutional crisis in the last quarter-century."

Juristische Ausbildung

"Briefe an junge Juristen": Aus dem unter dem Titel "Briefe an junge Juristen" erschienen Buch drucken Samstags-FAZ und FAS im Beruf und Chancen-Teil Auszüge. "Alte Hasen" geben darin Ratschläge, schreiben über das "Juristsein" und liefern Einblicke in das juristische Berufsleben.

Sonstiges

E-Postfach: Die Bundesrechtsanwaltskammer hat bekannt gegeben, dass die zum 1. Januar 2016 geplante Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) verschoben wird. Als Grund wird die nicht zufriedenstellende Nutzerfreundlichkeit angegeben, schreibt die Samstags-FAZ (Joachim Jahn). Ab 2020 dürfen Kanzleien nur noch auf diesem Weg mit Zivil-, Arbeits-, Sozial-, Finanz- und Verwaltungsgerichten kommunizieren.

Bundeswehr gegen IS: Am morgigen Dienstag will die Bundesregierung ein Mandat für den Bundeswehreinsatz gegen den IS verfassen und der Bundestag soll noch in dieser Woche darüber abstimmen. Das schreiben Samstags-SZ (Stefan Kornelius) und Samstags-FAZ (Majid Sattar). Die rechtlichen Grundlagen, die einer Verfassungsklage stand halten und im Mandat noch konkretisiert werden sollen, fasste Regierungssprecher Steffen Seibert zusammen: Nothilfe für Frankreich nach Artikel 51 UN-Charta und Beistandpflicht nach der UN-Resolution 2249 sowie nach Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), ist in einem Gastbeitrag in der Samstags-FAZ der Ansicht, das Selbstverteidigungsrecht biete international und verfassungsrechtlich die richtige Grundlage. Andreas Zumach (Samstags-taz) meint, ein Mandat des UN-Sicherheitsrats und eine UNO-Truppe seien militärisch die einzig sinnvolle Variante. Auch lto.de (Anne-Christine Herr) und spiegel.de (Severin Weiland) befassen sich mit möglichen Rechtsgrundlagen.

Recht auf Vergessenwerden: Von 348.085 europäischen Anträgen auf Löschung durch Google kamen 60.198 aus Deutschland. Von insgesamt 1,23 Millionen betroffenen Internetadressen löschte Google 441.032 seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mai 2014. Das meldet die Samstags-FAZ.

Inkassounternehmen: Die Samstags-SZ (Kristiana Ludwig) schreibt über das Geschäftsgebaren unseriöser Inkassofirmen, ihre überhöhten Gebühren und die hohe Zahl unberechtigter Forderungen. Das vor zwei Jahren geschaffene Gesetz, dass diesen Geschäftspraktiken begegnen sollte, wirke nicht. Bundesjustizminister Heiko Maas habe eine Überprüfung angekündigt. Auch die Samstags-Welt schreibt zum Thema.

Maas im Interview: Mit der WamS (Stefan Aust u.a.) spricht Bundesjustizminister Heiko Maas über Grenzsicherung, die sinnvoll nur an Europas Außengrenzen erfolgen könne, über einen gemeinsamen europäischen Umgang mit der Flüchtlingskrise, die freie Gesellschaft, die sich nur selbst gefährlich werden könne und Terrorismus, dem der Rechtsstaat ausreichende Mittel entgegenzusetzen habe.

Straflegitimation: Mit Reinhard Merkel, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie, spricht die Montags-taz (Jana Sauer) über die Legitimation von Strafe.

Schirach zu Terrorismus: Aufgeklärte Demokratien dürfen "auch Terroristen, auch den Menschen, die unsere Gesellschaft zerstören wollen, ausschließlich mit den Mitteln des Rechts begegnen", schreibt Ferdinand von Schirach im Spiegel. Dazu ist das Plädoyer der Staatsanwältin aus seinem Stück "Terror" abgedruckt, das auf die Verfassung als zwingend zu achtende Wertentscheidung verweist: "Nur wenn wir sie, wenn wie ihre Prinzipien, wenn wie die Würde des Menschen immer und überall achten, werden wir in den Zeiten des Terrors als freie Gesellschaft überleben können."

Rechtsgeschichte in Geschichten: Das Buch "Margarethe und der Mönch. Rechtsgeschichte in Geschichten." von Michael Stolleis rezensiert Patrick Bahners (Samstags-FAZ). Die "gesammelten Gelegenheitsarbeiten" mit "mehr oder weniger zeitlosen rechtssoziologischen Beobachtungen" laufen "nicht auf Pointen hinaus" sondern folgen dem "anekdotischen Prinzip".

Das Letzte zum Schluss

Ironie? Nie gehört!: Als ihn ein Anwohner wegen seines nicht angeleinten Hundes anherrschte, leinte Bernhard Korell ihn an und quittierte den Tonfall mit zusammengeschlagenen Hacken und einem "Jawoll, heil Hitler!". Dafür wurde er nun vom Amtsgericht Bad Salzungen wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen zu einer Geldstrafe verurteilt, berichtet der Spiegel (Dietmar Hipp u.a.). Das sei nun mal ein "verbotener Ausdruck", ließ der Richter verlauten.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/krü

(Hinweis für Journalisten) 

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28.-30. November 2015: Generalstaatsanwälte unter Verdacht / kein Robenzwang / BRAK vertagt E-Postfach . In: Legal Tribune Online, 30.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17703/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen