Die juristische Presseschau vom 27. – 29. Juli 2013: Wer liest am BGH die Akten? – Zschäpe-Verteidigerin flieht – Rapper prellt Finderlohn

29.07.2013

Weitere Themen – Justiz

BVerfG zu Briefwahl: Das Bundesverfassungsgericht hat eine Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Europawahl 2009 zurückgewiesen. Damals war erstmals die Briefwahl allgemein zugelassen worden, ohne dass die Bürger dafür einen bestimmten Grund geltend machen mussten. Dies sei gerechtfertigt, um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu erreichen, berichten die Samstags-FAZ (Reinhard Müller) und lto.de. Der Spiegel (Martin Schneider) schildert die Kritik des Klägers an der leichten Fälschbarkeit von Briefwahl-Unterlagen. Hilfreich wäre schon, wenn die Unterlagen vor dem Versand an die Wähler zumindest von Hand gestempelt würden.

NSU-Prozess – Zwischenbilanz: Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) kritisiert, dass im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München die Morde nicht chronologisch, sondern durcheinander behandelt werden. Der Vorsitzende Richter Johannes Götzl zeige jedoch fulminante Aktenkenntnis. Die Nebenkläger hätten ein Aufklärungsinteresse, das oft über das strafrechtliche Prozessziel hinausreiche.

NSU-Prozess – Richter Götzl: Die Samstags-FR (Stefan Geiger) beschreibt die Arbeitsweise des Vorsitzenden Richters Johannes Götzl im NSU-Prozess: Er schreibe alles mit, um den Prozess nicht aufzeichnen zu müssen. So erschwere er, dass ihm später Fehler nachgewiesen werden können. Er befrage die Zeugen aber lehrbuchgerecht. Götzl habe den Monsterprozess in halbwegs geordnete Bahnen gebracht. Dies gelinge dem Richter freilich nur, "weil ebenbürtige Kontrahenten im Gerichtssaal fehlen".

NSU-Prozess – Verteidigerin Sturm: Zschäpes liberale Verteidigerin Anja Sturm verlässt ihre Kanzlei, von der sie sich gegen Anfeindungen wegen des Zschäpe-Mandats nicht genügend unterstützt gefühlt hat. Da sie in Berlin auch keine andere Kanzlei fand, zieht sie nun nach Köln und schließt sich der Kanzlei von Wolfgang Heer an, der ebenfalls Zschäpe-Verteidiger ist. Dies berichtete der Sonntags-Tagesspiegel (Frank Jansen). Die Montags-Welt (Hannelore Crolly) ergänzt dies um biographische Angaben zu Sturm.

OLG München zu rechtswidriger Sicherungsverwahrung: Wie der Spiegel berichtet, hat das Oberlandesgericht München erstmals im Fall einer rechtswidrig angeordneten Sicherungsverwahrung die Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig erklärt und so die Geltendmachung von Haftentschädigung ermöglicht.

LG Düsseldorf zu Säure-Anschlag: Das Landgericht Düsseldorf hat einen 23-jährigen Mann zu fünfeinhalb Jahre Freiheitsstrafe wegen besonders schwerer Körperverletzung verurteilt. Der Mann hatte seine Ex-Freundin von einem Mittäter mit Schwefelsäure besprühen lassen, um sie für andere Männer unattraktiv zu machen, berichtet spiegel.de.

LG Hamburg zu Wulff: Ex-Bundespräsident Christian Wulff scheiterte am Landgericht Hamburg mit einer einstweiligen Verfügung gegen das Buch "Die Machtmaschine – Sex, Lügen und Politik" des Journalisten Sascha Adamek. Der Autor beschäftigte sich auch mit den Gerüchten um die Vergangenheit von Wulffs Noch-Gattin Bettina. Adamek müsse nun lediglich einige Sätze ändern, aber erst in der nächsten Auflage, berichtet die Montags-FR (Holger Schmale).

AG Nürnberg zu Steuer-CDs: Das Amtsgericht Nürnberg sprach laut Samstags-FAZ (Joachim Jahn) ein Ehepaar, das auf einer angekauften Steuer-CD verzeichnet war, vom Vorwurf der Steuerhinterziehung frei. Die Angaben auf der CD hätten nicht als Beleg für die Annahme gereicht, dass das Geld zinsträchtig angelegt wurde. In einem separaten Kommentar kritisiert Joachim Jahn (Samstags-FAZ), die Steuer-CDs würden von der Steuerfahndung für einen "Bluff" benutzt. Wer aber keine belastenden Belege bei sich zu Hause aufbewahre und kein Geständnis ablege, habe oft gute Karten, freigesprochen zu werden.

OLG Düsseldorf – Düsseldorfer Zelle und NSA: Im Prozess gegen die islamistische Düsseldorfer Zelle fordert Verteidiger Johannes Pausch, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf Informationen nicht verwertet, die vom US-Geheimdienst NSA stammen. Die Samstags-FAZ (Helene Bubrowski) prüft die Argumentation und hält sie für wenig aussichtsreich.

AG Kassel – Kunstfreiheit: Der Spiegel (Ulrike Knöfel/Marianne Wellershoff) sprach mit dem Verteidiger Pascal Deckers, der am Amtsgericht Kassel den Künstler Jonathan Meese vertritt. Meese ist angeklagt, weil er in der Öffentlichkeit den Hitler-Gruß gezeigt hatte. Anwalt Deckers beruft sich auf den offenen Kunstbegriff des Bundesverfassungsgerichts. Den Rapper Bushido würde er allerdings nicht verteidigen, dieser nutze die Kunstfreiheit nur als Vorwand für Persönlichkeitsverletzungen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. – 29. Juli 2013: Wer liest am BGH die Akten? – Zschäpe-Verteidigerin flieht – Rapper prellt Finderlohn . In: Legal Tribune Online, 29.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9232/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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