Die juristische Presseschau vom 26. - 28. Oktober 2013: Untersuchungsausschuss soll zurückspähen – Revisionsrecht jetzt verbraucherfreundlich – Computer prüfen Gesetze

28.10.2013

Das Parlament wird wohl zu seinem schärfsten Schwert greifen und einen NSA-Untersuchungsausschuss einrichten – vielleicht wird sogar Edward Snowden als Zeuge gehört. Außerdem in der Presseschau: geändertes Revisionsrecht erleichtert Grundsatzurteile, EuGH zur Besteuerung von Glücksspielautomaten, Computer sollen Gesetze verbessern und innovativer Benzindiebstahl.

Thema des Tages

Spionage-Affäre: Nach Grünen und Linken will nun auch die SPD einen Untersuchungsausschuss zur NSA-Abhöraffäre einrichten. Themen sollen laut Montags-SZ (Hans Leyendecker) der "Lauschangriff" auf die Bundeskanzlerin, das massenhafte Ausspähen der Daten deutscher Bürger durch den US-amerikanischen und britischen Geheimdienst sowie die deutsche Spionageabwehr sein.

Die Einleitung eines Prüfvorgangs durch die Bundesanwaltschaft kommentiert Christian Rath (taz.de) als "geschickt." Die Sammlung von Informationen wirke zupackend ohne dass hierdurch gleich "diplomatisches Porzellan" zerschlagen werde. Gleichzeitig trage sie zur Delegitimierung der mutmaßlichen Täter bei und zwinge die Bundesregierung, auf politischer Ebene "konsequent und entschlossen" aufzutreten.

Über den Vorschlag prominenter Politiker, den US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden angesichts der neuesten Erkenntnisse in der Abhöraffäre in der Bundesrepublik als Zeuge zu befragen und anschließend in ein Zeugenschutzprogramm zu übernehmen, schreibt die Samstags-taz (Anna Lehmann/Ines Pohl). Heribert Prantl (Montags-SZ) fordert "Schutz und freies Geleit" für Snowden; seine Vorladung als Zeuge sei "eine Frage des Rechts", genau wie die Entscheidung über einen potentiellen Asylantrag des Whistleblowers. Der wiederum könnte gegenüber den USA "Mittel sein zur Wiederherstellung der gröblichst verletzten deutschen Souveränität". Die mühsamen und in der Regel erfolglosen Versuche deutscher Behörden, US-amerikanische Spione juristisch zu belangen, zeichnet die Samstags-SZ (Hans Leyendecker) nach.

Im Interview mit dem Handelsblatt (Daniel Delhaes) fordert der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar vor dem Hintergrund der Affäre ein starkes europäisches Datenschutzrecht und ein Ende der diesbezüglichen Blockade der Bundesregierung.

Rechtspolitik

Scheidende Bundesjustizministerin im Interview: Der Deutschlandfunk (Gugula Geuther) führt sein "Interview der Woche" mit der scheidenden Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Mittelpunkt des Gesprächs ist die Spionageaffäre; die Ministerin fordert erweiterte Kompetenzen für das Parlamentarische Kontrollgremium, verbindliche Absprachen innerhalb der EU und mit den USA über Geheimdienst-Befugnisse und eine Verlagerung der Datenschutz-Zuständigkeit vom Innen- ins Justizministerium. Privat wolle sie auch nach ihrem Ausscheiden aus der Bundesregierung den Bürgerrechten verpflichtet bleiben.

Revisionsrecht: Ab 2014 können Revisionen nicht mehr einseitig zurückgenommen werden. Diese "verbraucherfreundliche" Änderung der Zivilprozessordnung stellt der Focus (Matthias Kowalski) vor; sie sei eine Reaktion der Politik auf die Tendenz vor allem von Banken und Versicherungen bei sich abzeichnenden Negativ-Urteilen die Revision zurückzuziehen und so Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs zu verhindern.

Bildungskooperation: Ein "Ende der Kleinstaaterei" auf dem Gebiet der Bildungspolitik fordert in einem Gastbeitrag der Samstags-SZ der ehemalige Außenminister Klaus Kinkel (FDP). Das in den Artikeln 104a und 104b Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot des Bundes und der Länder im Bildungsbereich müsse "verschwinden." Die sich abzeichnende Große Koalition biete große Chancen für eine Grundgesetzänderung, die keineswegs die Kulturhoheit der Länder beseitigen, dem Bund aber erlauben soll, sich an großen Vorhaben zu beteiligen.

Oppositionsrechte: In einem Gastbeitrag plädiert Thomas Strobl (Samstags-FAZ), Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg und Vorsitzender des Geschäftsordnungsausschusses des Bundestags dafür, die Rechte der voraussichtlichen Oppositionsparteien zu stärken. Hierzu bedürfe es keiner ohnehin nur schwer wieder rückgängig zu machender Verfassungsänderungen. In Strobls Heimatland hätten sich Bestimmungen, nach denen in bestimmten Konstellationen Untersuchungsausschüsse auch von zwei Fraktionen, unabhängig von deren Abgeordnetenanzahl, einberufen werden könnten, bewährt, eine vergleichbare Ergänzung der Geschäftsordnung des Bundestages sei wünschenswert.

Bayerischer Justizminister: Die Samstags-SZ (Mike Szymanski) interviewt in ihrem Bayern-Teil (Zusammenfassung hier) den neuen Justizminister des Freistaates, Winfried Bausback (CSU). Der Rechtsprofessor äußert sich zum "erschütterten" Vertrauen der Bevölkerung in das Justizsystem nach dem Fall Mollath, seinen Reformvorstellungen zum § 63 Strafgesetzbuch und meint, dass die Justiz auch öffentliche Kritik ertragen muss.

Flüchtlingspolitik: Heribert Prantl (Samstags-SZ) kommentiert die Erklärungen des EU-Gipfels zur europäischen Flüchtlingspolitik als "Abwehr und Wischiwaschi." Man hätte gut daran getan, sich mit einem soeben vorgelegten Programm des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius (SPD) auseinanderzusetzen, das u.a. eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen in Europa und gemeinsame Kriterien für deren Aufnahme, Anerkennung und Integration vorsehe.

Werkverträge: Pläne der designierten Großen Koalition zur strengeren Regulierung von Werkverträgen stoßen auf Kritik der Wirtschaft. Die FAS (Lisa Nienhaus) zitiert einen Vertreter, der eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, mit der Betriebsräten eine Mitsprache bei derartigen Verträgen eingeräumt werden soll, für "schlicht verfassungswidrig" hält.

Parlamentsvorbehalt bei Bundeswehreinsätzen: Die Unionsparteien wollen die Mitwirkungsrechte des Bundestags bei Bundeswehreinsätzen einschränken. Eine entsprechende Forderung erhob nach einer Meldung des Spiegel (Vorabmeldung auf spiegel.de) Bundesverteidigungsminister de Maiziere bei den Koalitionsgesprächen mit der SPD. Dabei sollten "Einsätze im EU-Rahmen" von der Zustimmungspflicht ausgenommen, ein Rückholrecht des Parlaments aber erhalten werden.

Doppelte Staatsbürgerschaft: Über die Auseinandersetzungen innerhalb der Unionsparteien um die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft berichtet der Spiegel (Peter Müller). Insbesondere Innenminister Hans-Peter Friedrich gehöre zu den Gegnern einer solchen Reform.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. - 28. Oktober 2013: Untersuchungsausschuss soll zurückspähen – Revisionsrecht jetzt verbraucherfreundlich – Computer prüfen Gesetze . In: Legal Tribune Online, 28.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9907/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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