Die juristische Presseschau vom 26. - 28. Oktober 2013: Untersuchungsausschuss soll zurückspähen – Revisionsrecht jetzt verbraucherfreundlich – Computer prüfen Gesetze

28.10.2013

Justiz

EuGH zu Glücksspielen: Länder und Gemeinden dürfen auf den Betrieb von Glücksspielautomaten zusätzlich zur Umsatzsteuer eine Vergnügungssteuer erheben. Dies entschied der Europäische Gerichtshof auf Vorlage des Finanzgerichts Hamburg, meldet die Samstags-FAZ (Joachim Jahn).

BGH zu nachbarrechtlichem Ausgleichsanspruch: Der verschuldensunabhängige Ausgleichsanspruch zwischen Grundstücksnachbarn gilt in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 BGB auch im Verhältnis von Wohnungseigentümern oder ihren Mietern. Dies entschied der Bundesgerichtshof, Notar Herbert Grziwotz stellt auf lto.de Entscheidung und Rechtslage vor.

BAG zu Sozialauswahl: Das Bundesarbeitsgericht hat Arbeitgebern und Betriebsräten einen "gewissen Spielraum" bei der Sozialauswahl im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen eröffnet. Von dem "überraschend arbeitnehmerunfreundlichen" Urteil berichtet die Montags-Welt.

BVerfG – Gauck und die Kleinparteien: Vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerungen von Joachim Gauck über die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) beschäftigt sich der Spiegel (Melanie Amann/Dietmar Hipp) mit der Neutralitätspflicht des Bundespräsidenten und dem beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren zu Gaucks Äußerungen über die NPD. Einen Eilantrag habe das Gericht zwar abgelehnt, nun aber im Hauptverfahren die obersten Bundesorgane zur Stellungnahme aufgefordert. Das Magazin rechnet mit einer mündlichen Verhandlung Anfang nächsten Jahres. Die AfD erwäge dagegen momentan keine rechtlichen Schritte.

LG Bonn – Kundus-Bombardement: Die Montags-taz (Christian Rath) meint, dass der seit März vor dem Landgericht Bonn verhandelte Schadensersatzprozess der Opfer des Kundus-Bombardements gegen die Bundesregierung am Mittwoch "in seine entscheidende Phase" gehe – denn dann starte die Beweisaufnahme. Der Artikel schildert den bisherigen Prozessverlauf und den Knackpunkt des Falles: Ob der kommandierende Offizier fahrlässig gehandelt habe.

OLG Stuttgart – FDLR: Das Oberlandesgericht Stuttgart hat im Kriegsverbrecher-Prozess gegen zwei politische Führer der ruandischen Hutu-Miliz FDLR das Verfahren in drei von 16 Anklagepunkten vorläufig eingestellt. Auf Antrag der Bundesanwaltschaft werde unter anderem der Vorwurf der Rekrutierung von Kindersoldaten zunächst nicht weiter verfolgt, berichtet die Montags-taz (Dominic Johnson).

OLG Köln zu Rechtsmittelverzicht: Über einen kuriosen Fall einer nach Beschluss des Oberlandesgerichts Köln unwirksamen Rechtsmittelrücknahme schreibt Carsten Krumm (blog.beck.de).

VG Aachen zu Zwangsgeld: Detlef Burhoff (strafrecht.jurion.de) schreibt über einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen, durch den Nordrhein-Westfalen ein Zwangsgeld für den Fall der Nichtbefolgung eines vorherigen Beschlusses zur Einstellung eines Polizei-Bewerbers angedroht wird und fragt, wer im Falle der Nichtbefolgung des jetzigen Beschlusses die dann anstehende Beugehaft antreten wird: Der Polizeichef, der Innenminister oder gar die Ministerpräsidentin?

LG Aschaffenburg zu Chefarzt-Betrug: Vor dem Landgericht Aschaffenburg ist das Verfahren gegen einen Chefarzt wegen gewerbsmäßigen Betrugs ist gegen Zahlung von 150.000 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Organisation eingestellt worden. Wie die Samstags-Welt (Tim Röhn) schreibt, wurde dem Frauenarzt vorgeworfen, Patientinnen über die Identität des behandelnden Arztes getäuscht zu haben, um Kosten für Eingriffe selbst in Rechnung stellen zu können. Die hierfür angewandte Praxis mehrerer Vertreter eines Chefarztes sei jedoch nach Feststellung des Gerichts an vielen Kliniken üblich, die Rechtslage zudem ungeklärt.

AG Tübingen zu Sammler-Dieb: Über einen außergewöhnlichen Dieb hatte das Amtsgericht Tübingen zu urteilen: Der schließlich zu einer Bewährungsstrafe unter Auflage der Fortführung seiner Therapie verurteilte Mann hatte Frauen verschiedene Accessoires gestohlen und bei sich zuhause gehortet. Um sie dafür zu bestrafen, dass er sich nicht traute, sie anzusprechen, wie er laut Spiegel (Beate Lakotta) vor Gericht eingestand.

StA Nürnberg-Fürth – Mollaths Ex-Frau: Nach einem Bericht der Samstags-SZ (Olaf Przybilla) ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen des Verdachts des Prozessbetrugs und der Unterschlagung gegen die Ex-Frau Gustl Mollaths. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit möglicherweise unwahren Behauptungen der Frau zum Verbleib der persönlichen Habe Mollaths während seiner Unterbringung.

Hypo Alpe Adria: Die Samstags-FAZ (Henning Peitsmeier/Michaela Seiser) erzählt ein "Lehrstück für Größenwahn" über die österreichische Hypo Alpe Adria-Bank, wegen deren Kauf sich sieben ehemalige BayernLB-Vorstände voraussichtlich ab Januar vor Gericht wegen des Vorwurfs der Untreue und Bestechung verantworten müssen. Über die wirtschaftsstrafrechtliche Dimension hinaus habe der Fall längst auch eine hochpolitische erreicht: Österreich werfe Bayern vor, sie beim 2009 erfolgten Rückkauf der Bank über Risiken und Altlasten getäuscht zu haben und erwäge die Anfechtung, was weitere Verfahren nach sich ziehen würde.

Das Handelsblatt (S. Afhüppe/F.M. Drost/P. Köhler) widmet sich dem Hauptangeklagten Michel Kemmer und den Auswirkungen der Anklage auf den Bundesverband deutscher Banken, dessen Hauptgeschäftsführer er ist. Michael Maisch führt für das Handelsblatt ein Interview mit dem Angeklagten, der sich zum Vorwurf selbst aber nicht äußern will. In einem weiteren Artikel widmet sich Hans-Peter Siebenhaar der juristischen Aufarbeitung der Affäre in Österreich.

Hausbesetzung: Die Samstags-taz-Nord (Kai von Appen) schreibt über den Versuch einer jungen Hamburgerin, ein Grundsatzurteil zur Strafbarkeit einer Hausbesetzung bei Leerstand zu erreichen. Die Frau wurde im vergangenen Jahr wegen Hausfriedensbruches verwarnt, eine Geldstrafe damit zur Bewährung ausgesetzt. Ihre Anwälte argumentieren, dass der § 123 Strafgesetzbuch dann nicht einschlägig sei, wenn das Hausrecht "rein negativ", d.h. durch jahrelangen Leerstand ausgeübt werde, auch sei der Eingriff in das grundgesetzlich garantierte Eigentumsrecht durch Bestimmungen des Wohnraumschutzgesetzes Hamburgs gerechtfertigt.

EuGH zu VW-Gesetz: Nach der am Dienstag erfolgten Billigung des VW-Gesetzes durch den Europäischen Gerichtshof erklärt ein "Crashkurs" der Samstags-taz (Richard Rother) in Frage-und-Antwort-Form Inhalt der Vorwürfe der EU-Kommission gegen das Gesetz und Reaktionen auf die Entscheidung.

NPD-Verbot: Die Bundesländer wollen noch in diesem Jahr ihren NPD-Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Bis dahin werde die vom Karlsruher Gericht geforderte "Quellenfreiheit der Beweismittel" durch die Sicherheitsbehörden geprüft, als Prozessbevollmächtigte seien die Berliner Rechtswissenschaftler Christian Waldhoff und Christoph Möllers benannt worden, schreibt die Samstags-FAZ (Rüdiger Soldt). Wie die Montags-Welt (Manuel Bewarder/Jochen Gaugele/Karsten Kammholz) berichtet, erhoffen sich die Länder als Ergebnis der Koalitionsverhandlungen auch eine Unterstützung durch den Bund.

Reinhard Müller (Samstags-FAZ) kommentiert, dass offenbar nichts schwieriger sei, "als einen Irrweg zu verlassen, in den man schon so viel investiert hat."

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. - 28. Oktober 2013: Untersuchungsausschuss soll zurückspähen – Revisionsrecht jetzt verbraucherfreundlich – Computer prüfen Gesetze . In: Legal Tribune Online, 28.10.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9907/ (abgerufen am: 18.05.2024 )

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